Verfuehrung in bester Gesellschaft
erledigte die täglichen Arbeiten des Geschäfts hervorragend und so konnte er in Ruhe nach neuen Geschäftsmöglichkeiten suchen, in die sie investieren wollten.
Als er sich vom Schreibtisch erhob, erinnerte er sich an jenen Nachmittag, als er sie direkt hier auf dem Schreibtisch geliebt hatte – es bestand immerhin die Möglichkeit, dass es wieder geschah.
Rule räusperte sich. Er zwang sich, an den Grund zu denken, aus dem er Violet zu sich gerufen hatte. „Es sind zwei neue Angebote hereingekommen. Eines stammt von Burton Stanfield. Du erinnerst dich vielleicht an ihn.“
„Ja. Ich erinnere mich aber auch daran, dass du ihn für skrupellos hältst.“
„Das tue ich, ja.“
„Was ist mit dem anderen Angebot?“
„Das stammt von einem Mann namens Montgomery. Er ist gerade hierher unterwegs.“ Er reichte Violet das Angebot, und sie las es gründlich.
„Das ist ein bisschen weniger als das von Whitney.“
„Das stimmt, aber Montgomery würde vielleicht auch mehr zahlen. Warum warten wir nicht ab und sehen, was er uns zu sagen hat?“
Eine Viertelstunde später traf Montgomery ein. Rule schickte nach Violet, die wieder in ihrer Schreibstube saß, die Rule am Ende des Ganges für sie hatte herrichten lassen. Kurz darauf erschien sie hinter dem potentiellen Käufer.
„J. P. Montgomery“, sagte der stämmige Mann und reichte Rule seine Hand, der sie ergriff.
„Rule Dewar. Dies ist meine Frau Violet.“
„Madam.“ Er nickte ihr zu. „Was halten Sie von meinem Angebot?“
Rule warf Violet einen Blick zu. Ihr war der Südstaatenakzent des Mannes nicht entgangen. „Kommt das Angebot direkt von Ihnen, oder kaufen Sie mit einem Partner zusammen?“
„Ich bin der Verantwortliche. Natürlich habe ich Investoren im Rücken, aber ich bin der Interessent.“
„Ich verstehe.“ Rule bot ihm einen Platz am Konferenztisch an und Montgomery wirkte etwas überrascht, als Violet mit ihnen kam.
„Ihr gehört die Hälfte der Firma“, erklärte Rule. „Sie hat dasselbe Recht, eine Entscheidung zu treffen, wie ich.“
„Das stört mich nicht“, sagte Montgomery, aber er wirkte etwas verunsichert. Rule fragte sich, ob es daran lag, dass sie eine Frau war, oder ob es einen anderen Grund dafür gab.
Während der nächsten Minuten gingen sie das Angebot Zeile für Zeile durch. Rule erklärte sich bereit, die Bücher zu besorgen und Montgomery die Fabrik zu zeigen, sollten sie das Angebot annehmen wollen.
Als die Besprechung zu Ende war, verabschiedete sich der Amerikaner und verließ das Kontor.
Rule wandte sich an Violet, die während des Gesprächs kaum etwas gesagt hatte, was Rule überraschte. Wenn es um Geschäfte ging, war Violet nicht schüchtern.
„Was denkst du?“, fragte er.
„Der Preis ist niedriger, aber die Bedingungen sind besser.“
„Montgomery bietet Barzahlung an. Besser geht es nicht.“
Violet wandte sich ab. „Ich weiß, aber …“
Er runzelte die Stirn. „Aber was?“
„Aber der Mann … Montgomery ist offensichtlich ein Südstaatler.“ Sie sah ihn an aus diesen betörenden grünen Augen. „Ich kann die Sklaverei nicht ertragen, Rule. Ich habe das nicht direkt ausgesprochen, aber ich kann das nicht.“
Rule seufzte und lehnte sich dann zurück. „So etwas Ähnliches habe ich mir gedacht.“
„Mr Whitney ist Engländer. Die Engländer haben die Sklaverei vor fast neunzig Jahren aufgegeben. Wenn er verspricht, keine Waffen an die Südstaaten zu verkaufen, dann sollten wir meiner Meinung nach ihm den Zuschlag geben.“
„Warum hast du das nicht vorher erwähnt?“
„Um ehrlich zu sein, kam mir gar nicht der Gedanke, dass ein Südstaatler Griffin kaufen könnte, bevor Montgomery hier eintraf,“
„Da du aus Boston stammst, scheint es mir nur natürlich zu sein, dass deine Sympathien bei den Nordstaaten liegen.“
„Das ist es nicht allein. Es ist die Sklaverei an sich. Es ist nicht richtig, wenn Menschen anderen Menschen gehören. Ich hoffe immer noch, dass es dem Norden gelingt, den Krieg zu verhindern.“
„Das ist möglich, denke ich.“
„Würdest du wenigstens darüber nachdenken? Du hast selbst gesagt, dass Whitneys Angebot gut ist.“
„Das habe ich, ja.“
Sie verließen Griffin gemeinsam, ohne dass das Thema geklärt war – obwohl Rule das starke Gefühl hatte, dass dies eine weitere Gelegenheit war, bei der er seiner hübschen kleinen Frau genau das geben würde, was sie wollte.
Rule dachte an das, was er ihr an diesem Tag sonst noch
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