Verfuehrung in Gold
sie erschreckend klug ist.« Er sah in Lady Denmores weit aufgerissene Augen. »Wie Sie.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Werden Sie bei Moulters Landgesellschaft sein?«
»Nein.«
»Natürlich werden Sie. Drei Tage mit sehr betuchten Adligen, von denen die Hälfte ein gutes Blatt nicht mal erkennt, wenn es sich ihnen vorstellt. Ich glaube, ich nehme Moulters Einladung an.«
Ihr Mund wollte ihr anscheinend nicht gehorchen, denn hatten sich die Winkel eben noch zu einem spöttischen Grinsen verziehen wollen, pressten sich nun die Lippen fest zusammen. »Ich werde nicht Ihre Geliebte.«
»Hm.«
»Tun Sie, was Sie wollen. Es wird vergebens sein.«
»Ich weiß Ihre Warnung zu schätzen, Lady Denmore.«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schmollte, was Somerhart unsagbar gut gefiel. Sie war versucht, sehr versucht, und das ohne jede Ermutigung seinerseits. Er war unverschämt gewesen, nachgerade empörend, und dennoch war sie versucht . Die letzten Überreste von Harts dauerhafter Langeweile verflüchtigten sich wie Rauchschwaden.
Als die Kutsche um eine Ecke bog, stützte Hart eine Hand mit gespreizten Fingern auf den Sitz und dachte erneut an Lady Denmores Schenkel. Ein dunkler Schatten riss ihn jäh aus seinen angenehmen Gedanken, und er beugte sich näher zu dem Fensterglas. Dort stand ein Mann an der Straßenecke, dick verhüllt gegen die Kälte. Einzig seine Augen waren über dem grauen Mantel zu erkennen, und die folgten den Kutschenlichtern aufmerksam.
Ein Dieb , dachte Hart, ohne sonderlich besorgt zu sein. Sowohl sein Kutscher als auch der Diener hinten auf dem Wagen waren gegen die finsteren Gestalten dieser Stadt gewappnet. Indes hob die Angst ihr hässliches Haupt, als sie nur wenige Dutzend Meter hinter der Ecke anhielten.
»Ich danke Ihnen, oder sollte es gewiss tun«, murmelte Lady Denmore und bestätigte damit, dass sie hier wohnte. Der Riegel klickte, und Harts Diener öffnete die Tür. Hart wartete nicht, bis die Treppe ausgeklappt war. Er sprang direkt aus der Kutsche: eine Unhöflichkeit, die seinen Diener erschreckte und Lady Denmore zweifelsohne freute. Belohnt wurde sie immerhin damit, dass sich der Mann an der Ecke rasch in den Schatten zurückzog. Hart starrte ihm nach, wollte ihn jagen und wusste, dass er es nicht durfte.
»Was tun Sie?«, fragte sie leise.
»Ein Dieb. Er war gleich an der Ecke.«
»Woher wissen Sie, dass es ein Dieb war? Wahrscheinlich war es bloß der Schuhputzer, der hier lebt. Er treibt sich zu jeder Tages- und Nachtzeit hier herum.«
»Ist er gut einen Meter neunzig groß?«
»Oh. Trotzdem …«
»Er stand gleich hier, kein Dutzend Meter von Ihrem Haus entfernt. Sie müssen auf der Hut sein. Wahrscheinlich hat er schon bemerkt, dass Sie allein reisen.«
»Ja, ich …« Sie blickte sich um, suchte alle Nischen und Winkel ab. Plötzlich wurde Hart wütend. Sie sollte hier nicht wohnen, in einer Gegend, die vortäuschte, angesehen zu sein. Sie müsste wenigstens mit einem Diener reisen und nicht zu nächtlicher Stunde allein nach Hause kommen.
»Sie …«, begann er, aber sie machte auf dem Absatz kehrt und eilte zu der schmalen Treppe.
»Schon gut, Durchlaucht. Ich höre Ihren Tadel bereits aus dem einen Wort. Ich bin nicht wohlhabend und nicht verheiratet, also was immer Sie sagen wollten, ist nicht von Bedeutung. Dies ist die Gegend, die ich mir leisten kann, das Leben, das ich mir leisten kann. Guten Abend.«
Sie angelte einen Schlüssel aus ihren Röcken, noch während sie die Treppe hinaufging, und öffnete sich tatsächlich selbst die Tür. Kein Diener war in Sicht. Hart beobachtete sprachlos, wie sie die graue Tür öffnete und hinter sich schloss. Dann war Lady Denmore fort.
Hart war nicht sicher, wie lange er stirnrunzelnd dort gestanden hatte, aber irgendwann räusperte sich sein Kutscher.
»Ja, richtig«, murmelte Hart und zwang sich, in die Kutsche zu steigen, »fahren Sie einige Male um den Block, Lark. Und halten Sie die Augen offen. Ich möchte sicher sein, dass wir den Schurken verscheucht haben.«
Er und Lady Denmore würden sich ausführlich über ihre Lage unterhalten, wenn sie sich auf dem Moulter-Anwesen wiedersahen. Nachdem er sie mit seinem Charme aus ihren Unterhöschen gelockt hatte.
Kapitel 4
D ie Nachricht leuchtete hell auf dem dunkel polierten Holz des Wohnzimmertisches. Emma wusste nicht, was sie von ihr halten sollte, aber sie war froh, ihre Gedanken auf etwas anderes lenken zu können. Eine Ausfahrt durch den
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