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Verfuehrung in Gold

Verfuehrung in Gold

Titel: Verfuehrung in Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Dahl
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würde. Männer wollten jungen Frauen helfen, die in Not geraten waren. Emma war vielen solchen Frauen im Haus ihres Vaters begegnet.
    Und wie leicht konnte sie sich vorstellen, Somerharts Geliebte zu sein, von ihm in einem schönen Haus ausgehalten zu werden. Sie könnte ein herrliches, verruchtes Leben führen, voller Lachen und skandalöser Nächte. All die dunklen Sorgen wären fort, und sie würde wie eine ehrbare Frau leben.
    Aber eine Geliebte war keine Ehefrau, und mit den Jahren müsste sie sich einen neuen Beschützer suchen, dann noch einen und danach vielleicht eine Hand voll nicht ganz so vermögender Herren. Es würde nicht lange dauern, bis sie älter und weniger begehrenswert war: eine Dirne, die man zu Gesellschaften auf dem Land kutschierte, wo sie sich mit jedem Gast einließ, der sich die Mühe machte, sie über einen Stuhl zu beugen.
    Nein, sie machte sich keine Illusionen, was die Aussichten für eine verarmte junge Dame betraf, ob Hure oder Ehefrau, und sie wollte verdammt sein, wenn sie ihrer Mutter nacheiferte. Hure oder Ehefrau. Emma entschied, nichts von beidem zu werden.
    Sie blies die Lampe aus und schlug die Bettdecke zurück.
    Somerhart wollte sie verführen, und er war fürwahr gut. Besser sogar, als sie ihm zugetraut hätte. Aber sein Charme war fragil, und Emma würde ihn zerbrechen wie Glas, um zuzusehen, wie die Scherben zu Boden fielen.
    In dieser Nacht gab es keine Träume vom Duke of Somerhart. Stattdessen träumte sie von ihrem Bruder Will. Sie träumte von seinen warmen Händen, die stets schmutzverkrustet waren, von seinem ansteckenden glucksenden Lachen, seinem trotzig vorgeschobenen Kinn. Sie träumte davon, dass er sich fest an sie drückte, seine kleinen Beine um ihre Taille geschlungen, während er sich an ihren Hals klammerte. Sogar dann noch, als er zu groß für solche Umklammerung war, hatte er sich nach einem bösen Traum auf diese Weise an ihr festgehalten.
    O Gott … seine wirren braunen Locken und die leuchtenden haselnussbraunen Augen. Sein wütendes Schmollen.
    Sie konnte es nicht begreifen; würde es wohl nie. Sein kleiner Körper, der immerzu heiß und schmutzig vom Laufen, Springen und Klettern war, immerfort rastlos; wie konnte er so kalt werden? Wie konnten seine rosigen Wangen so wächsern blass werden? Wie konnten die süßen, klebrigen Finger so steif sein?
    Ihr war es vorgekommen, als hätte dieser Körper nichts mit Will zu tun. Und, bei Gott, sie war so sicher gewesen, dass es ein Irrtum war, dass er es nicht war – nicht Will.
    Doch er war es.
    Emma wachte auf und stellte fest, dass sie tiefrote Abdrücke in ihren Handflächen hatte. Ihr Kissenbezug war steif von salzigen Tränen, doch ihre Kehle brannte vor Wut und neuer Entschlossenheit.
    Sie war nicht so schwach, dass sie gerettet werden musste. Sie würde sich selbst retten.

Kapitel 6
    U nglaublich. Er hatte den ganzen Vormittag nach der Frau gesucht, und nun das.
    Den Abend zuvor hatte er sich von seiner besten Seite gezeigt, sich nach Kräften bemüht, ihr die Anspannung zu nehmen, und erstaunlicherweise hatte es ihm Spaß gemacht. Er hatte es genossen, wie das Misstrauen aus ihren Augen schwand und ihre Wangen glühten. Und er fand die Vorstellung amüsant, dass sie sich fragte, warum er sein Werben aufgegeben hatte. Allerdings hatte er die Nacht mit Gedanken an ihren Körper verbracht. Und jetzt das.
    Sie hatte gestern Abend nur wenig gegessen, weshalb Hart erwartete, dass sie sich heute Morgen ein üppiges Frühstück gönnen würde und er sie während des Essens necken könnte. Er war schon seit einer Stunde im Frühstückssalon und ließ sich absichtlich Zeit, doch sie war nicht erschienen. Ein Hausmädchen, das er zu ihrem Zimmer geschickt hatte, kehrte zurück und schüttelte diskret den Kopf. Dort war sie also auch nicht. Und es war zu kalt, als dass sie ausgeritten sein konnte.
    Das Rätselraten hatte bald ein Ende, denn Hart entdeckte Lady Denmore, wo er sie gleich hätte suchen sollen: in einem der Spielsalons. Für einen Moment hatte er vergessen, dass sie keine anständige junge Witwe war. Daran wurde er nun erinnert, und ihm wurde klar, dass sie nicht plante, einen Unglücklichen um sein Vermögen zu bringen … sie wollte möglichst vielen Herren ihr Geld abnehmen.
    »Ho!«, riefen mehrere junge Männer im Chor. »Noch einen Drink!«
    »Lady Denmore«, sagte ein Gentleman kichernd, als die fragliche Dame eine Weinflasche an ihre Lippen hob, »Sie sind ein ungezogenes Kind.«

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