Verführung über den Wolken
nicht ausgedruckt. Sie müssen sie auf dem Laptop lesen.“
„Macht nichts.“ Er stellte seinen Aktenkoffer auf den Boden und sah sich nach einem Stuhl um.
Ganz offensichtlich war Lauren nicht wohl bei dem Gedanken, mit ihm allein in ihrem Zimmer zu sein. Doch dann ging sie doch auf den Schreibtisch zu und stellte den Laptop an. „Dauert nur eine Sekunde“, sagte sie und setzte sich auf den einzigen Stuhl. „Was haben Sie übrigens heute in der Firma erreichen wollen?“
Laurens Frage holte Gage wieder in die Gegenwart zurück. Er saß auf der Bettkante, nur einen Meter von Lauren entfernt. Im Schlafzimmer einer Frau dachte er normalerweise nicht an Arbeit. „Ich wollte herausfinden, wie man die Firma effektiver und profitabler führen kann. Deshalb muss man als Erstes eine Art Bestandsaufnahme machen, um herauszufinden, welche Arbeitsgänge überflüssig sind.“
„Okay. Und dann?“
Überrascht sah er sie an. Ihr Interesse schien echt zu sein. „Anhand der Ergebnisse der Analyse überlege ich dann zusammen mit meinem Team, wie die Situation des Betriebes zu verbessern ist.“
Lauren drehte sich zu ihrem Laptop um und öffnete das Dokument. Gage starrte auf ihren Nacken. Unter dem Haaransatz hatte sie das gleiche kleine Muttermal wie Trent. Er zog den Bleistift, mit dem sie ihr Haar hochgesteckt hatte, heraus, sodass ihr die Locken auf die Schultern fielen. Ihr über den Kopf zu streichen war ein sehr verführerischer Gedanke, aber Gage beherrschte sich.
Bei der Berührung war Lauren kurz zusammengezuckt, entspannte sich dann aber wieder. „Auweia, jetzt habe ich doch einen Bleistift mitgehen lassen. Das ist Diebstahl, oder? Wollen Sie mich verhaften lassen?“ Sie wandte sich halb um und sah ihn amüsiert lächelnd an.
Flirtete sie etwa mit ihm? Er räusperte sich. „Den können Sie morgen zurückbringen.“
„Aber morgen ist Sonntag.“
„Auch ein Arbeitstag.“
„Seien Sie mir nicht böse, Gage, aber ich war noch nie in San Francisco und würde gern etwas von der Stadt sehen.“
Konnte er das zulassen? Wenn er sie allein ließ, dann ging sie sicher wieder in das Internet-Café und nahm Kontakt mit ihrer Mutter auf. „Wie wäre es, wenn wir morgen früh noch kurz in die Firma gehen und dann gemeinsam durch die Stadt bummeln? Abends können wir dann zusammen in einem Restaurant am Wasser essen. Allerdings müssten wir dann Montagvormittag noch arbeiten und könnten erst nach dem Mittag nach Hause fliegen.“
„Wir? Wieso sollten wir uns gemeinsam die Stadt ansehen?“, fragte sie und schaute ihn aus ihren türkisblauen Augen abwartend an.
„Ich bin schon ein paar Mal in San Francisco gewesen und könnte Ihnen einiges zeigen. Das heißt, wenn Sie mir wieder ein wenig bei der Arbeit helfen.“
Lauren zögerte. „Okay“, sagte sie dann und betätigte ein paar Tasten. „Hier ist meine Arbeit. Am besten setzen Sie sich hier auf den Stuhl.“ Sie machte Anstalten von ihrem Platz aufzustehen.
Doch Gage legte ihr die Hand auf die Schulter und drückte sie sanft wieder auf den Stuhl zurück. Was für kräftige Mus keln sie hat . „Nein, bleiben Sie sitzen. Ich kann Ihnen über die Schulter gucken. Auf diese Weise können Sie gleich reagieren, wenn ich Fragen habe.“
„Wenn Sie meinen.“
Gage stellte seinen Drink auf den Schreibtisch und stützte sich mit einer Hand auf der polierten Schreibtischplatte und mit der anderen auf der Rücklehne von Laurens Stuhl ab. Von Laurens Haar stieg ein leichter frischer Duft auf, und Gage musste sich zusammenreißen, um sich auf den Text zu konzentrieren. Doch bald war er von dem Geschriebenen wie gefesselt.
Immer wenn er an Lauren vorbeigriff, um die Taste zu drücken, mit der er die nächste Seite aufrief, durchzuckte es ihn kurz, weil er ihren Unterarm dabei berührte. Aber was er las, war so interessant, dass er sich nicht allzu sehr von den Reaktionen seines Körpers ablenken ließ. Nachdem er auch die letzte Seite gelesen hatte, richtete Gage sich auf und nickte. „Gut gemacht. War das Thema Ihre Idee, oder hat Ihr Professor es vorgeschlagen?“
„Nein, ich bin von selbst drauf gekommen. Mir war aufgefallen, dass das Filialnetz mancher Unternehmen zu eng ist und die einzelnen Zweigstellen sich dadurch gegenseitig Konkurrenz machen. Wenigstens bin ich zu dem Schluss gekommen.“ Unsicher sah sie ihn an.
Das war neu. Sie war doch sonst immer in allem, was sie tat und behauptete, so sicher. Offenbar hatte auch sie eine verletzliche Seite.
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