Verfuehrung
für sein Verbrechen bezahlen.«
»Das ist absoluter Unsinn, Mylord«, sagte Sophy mit eisiger Stimme. »Elizabeths Tod war ein Unfall. Ihr dürft keine solchen Anschuldigungen machen. Vor mir nicht und auch nicht vor anderen Leuten. Ihr wißt genausogut wie ich, daß solche Äußerungen viel Ärger machen können.«
Waycott schüttelte den Kopf, als müsse er dicke Nebelschwaden vertreiben. Seine Augen glänzten nicht mehr ganz so fiebrig. Er strich sich durch sein blasses Haar. »Hört mich an. Ich bin ein Narr, daß ich Euch damit belaste.«
Sophy blutete das Herz, als sie merkte, was hinter diesen ungereimten Anschuldigungen steckte. »Ihr müßt sie sehr geliebt haben, Mylord.«
»Zu sehr. Mehr als das Leben selbst.« Waycott klang jetzt sehr erschöpft.
»Es tut mir leid, Mylord. Ich kann gar nicht sagen, wie leid.«
Der Viscount rang sich ein mühsames Lächeln ab. »Ihr seid so gut, Sophy. Zu gütig vielleicht. Ich glaube allmählich, daß Ihr es tatsächlich versteht. Ich habe Eure Güte nicht verdient.«
»Nein, Waycott, ganz sicherlich nicht.« Julians Stimme durchtrennte die Finsternis wie eine scharfe Klinge, als er aus der Dunkelheit trat. Er griff Sophys Hand und nahm sie vom Ärmel des anderen Mannes. Das Diamantarmband funkelte an ihrem Handgelenk, als er es besitzergreifend unter seinen Arm steckte.
»Julian, bitte«, sagte Sophy. Seine Stimmung machte ihr angst. Er ignorierte sie und wandte sich an den Viscount. »Meine Frau hat eine Schwäche für diejenigen, die ihrer Meinung nach leiden. Ich werde nicht dulden, daß irgend jemand diese Schwäche ausnützt. Und ganz besonders nicht Ihr, Waycott. Hab ich mich klar genug ausgedrückt?«
»Vollkommen klar. Gute Nacht, Madame. Und danke.«
Waycott verbeugte sich elegant vor Sophy und verschwand in die Dunkelheit des Gartens.
»Wirklich, Julian. Es war doch nicht nötig, eine Szene zu machen.«
Julian führte sie leise fluchend rasch zurück zum Haus. »Nein? Sophy, du scheinst nicht zu begreifen, daß ich mich heute abend wegen dir beinahe vergessen hätte. Ich habe doch wohl klar und deutlich gesagt, daß du unter keinen Umständen Umgang mit Waycott haben sollst.«
»Er ist mir in den Garten gefolgt. Was sollte ich denn machen?«
»Warum, zum Teufel, bist du überhaupt allein in den Garten gegangen?« konterte Julian.
Das ließ sie erstarren. Sie konnte ihm nicht erzählen, daß sie versuchen wollte, Informationen von Utteridge zu bekommen. »Es war sehr warm im Ballsaal«, sagte sie vorsichtig. Sie wollte so nah wie möglich an der Wahrheit bleiben.
»Du solltest wirklich wissen, daß man einen Ballsaal nicht alleine verläßt. Wo bleibt dein gesunder Menschenverstand, Sophy?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, Mylord, aber allmählich hab ich den Verdacht, daß die Ehe diese spezielle Fähigkeit sehr strapaziert.«
»Wir sind hier nicht in Hampshire, wo du ungefährdet alleine herumstreifen kannst.«
»Ja, Julian.«
Er stöhnte. »Immer, wenn du diesen Ton anschlägst, weiß ich, daß ich dich langweile. Sophy, mir ist klar, daß ich sehr viel Zeit damit verbringe, dir Vorträge zu halten, aber ich schwöre dir, du hast dir jedes Wort nur selbst zuzuschreiben. Warum mußt du dich immer wieder in solche Situationen bringen? Machst du das nur, um uns beiden zu beweisen, daß ich keine Kontrolle über meine eigene Frau habe?«
»Es ist nicht nötig, mich unter Kontrolle zu haben«, sagte Sophy. »Aber allmählich glaube ich, daß du das nie verstehen wirst. Du hältst es zweifellos für nötig, nach dem, was mit deiner ersten Frau passiert ist. Aber ich kann dir versichern, auch deine ganze Kontrolle hätte nicht gereicht, um sie davor zu bewahren, sich selbst zu zerstören. Sie war nicht zu kontrollieren, von dir nicht und auch nicht von einem anderen. Sie war, wie ich glaube, jenseits menschlicher Hilfe. Du darfst dir keinen Vorwurf machen, daß du sie nicht retten konntest.«
Julians Hand lege sich schwer über die ihre auf seinem Arm. »Verdammt, ich habe dir gesagt, daß ich nicht über Elizabeth rede. Soviel will ich sagen: Gott weiß, daß ich nicht fähig war, sie vor dem zu schützen, was immer sie in diese Wildheit getrieben hat, und vielleicht hast du recht. Vielleicht hätte kein Mann ihre Art Wahnsinn unter Kontrolle bringen können. Aber du kannst versichert sein, daß ich dich beschützen werde, Sophy.«
»Aber ich bin nicht Elizabeth«, zischte Sophy. »Und ich kann dir versprechen, daß ich keine Kandidatin
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