Vergangene Schatten
hatte, und dann auch noch diesen Craig, mit dem sich Dani regelmäßig traf. Sie alle standen um die Tür herum, einige drinnen, die anderen noch draußen auf dem Bürgersteig, wo immer noch Festbesucher vorüberströmten. Und alle starrten sie ihn mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund an.
Scheiße.
Carly spürte offenbar, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, denn sie spannte sich plötzlich an und löste sich von seinen Lippen, ehe er sich rasch mit ihr aufrichtete und den Kopf hob. Sein erster Impuls war, sie zu schützen und vor den neugierigen Blicken zu verbergen, doch dafür war es bereits zu spät. In dem hell erleuchteten Büro war klar zu erkennen, was sich hier abspielte.
»Entschuldige«, sagte Erin schließlich, als Matt aus dem Augenwinkel wahrnahm, dass noch zwei weitere Zuseher die Szene verfolgten. Anson saß aufrecht auf seiner Pritsche und beobachtete ihn mit staunenden Augen. Und auch Sandra verfolgte die Szene sichtlich verblüfft.
Matt konnte sich nicht erinnern, wann ihm zum letzten Mal etwas so richtig peinlich gewesen war. Es war so lange her, dass es aus seinem Gedächtnis verschwunden war. Doch dabei erwischt zu werden, wie er eine Frau küsste, während ihm Limonade aus den Haaren tropfte, rief ihm wieder in Erinnerung, wie sich absolute Peinlichkeit anfühlte.
Carly bemerkte die Zuseher an der Tür ebenfalls. »Oh, hallo«, sagte sie bewundernswert gefasst. Natürlich war es bei ihr mit ihrer hellen Haut deutlicher zu erkennen als bei ihm, wie peinlich ihr das Ganze war. Ihr Gesicht nahm nach und nach die Farbe ihres tiefroten T-Shirts an. Sie löste ihre Arme von seinem Hals und drückte mit den Händen gegen seine Brust, um ihn möglichst diskret aufzufordern, sie loszulassen.
Das hätte er auch wirklich gerne getan. Er fand genauso wie sie, dass es das Richtige gewesen wäre, sich voneinander zu lösen. Leider hatte er ein kleines Problem. Das helle Licht im Raum hätte gnadenlos aufgezeigt, wie erregt er war. Und dies wiederum hätte die Peinlichkeit der Situation für ihn noch um einiges verstärkt.
»Lasst ihr uns bitte einen Augenblick allein?«, fragte Matt so beiläufig, wie er es zustande brachte.
»Ah, ja, wir kommen dann später wieder«, sagte Erin. Matt war seiner Schwester außerordentlich dankbar, dass sie es fertig brachte, die anderen zum Hinausgehen zu bewegen. Natürlich waren da immer noch Anson und Sandra als interessierte Zuseher - doch das ließ sich nun einmal nicht ändern, so dass Matt beschloss, sie zu ignorieren.
»Curls, hör mal«, begann er, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, und blickte auf die Frau hinunter, die er immer noch in den Armen hielt. Etwas überrascht sah er, dass sie ihn wütend anstarrte, obwohl sie seinen Kuss eben noch mit aller Leidenschaft erwidert hatte.
»Idiot«, sagte sie und trat ihn gegen das Schienbein. Dann befreite sie sich aus seinen Armen und stürmte wütend zur Tür.
»Au!«, stieß er hervor. Der Tritt tat wirklich weh. Matt sprang zurück und hielt sich das schmerzende Bein. Im nächsten Augenblick eilte er hinter ihr her. »Carly, was hast du vor?«
»Ich will dich nie wiedersehen, so lange ich lebe. Komm ja nicht mehr in meine Nähe, hast du mich verstanden?«, rief sie mit bitterböser Miene.
»Was?«
Im nächsten Augenblick war sie draußen, und er war zu langsam, um sie noch einzuholen. Er erinnerte sich an das Publikum, das wahrscheinlich noch draußen vor der Tür versammelt war - und nachdem er sich nicht noch mehr zum Narren machen wollte, als er es ohnehin schon getan hatte, blieb er vor der Tür stehen, die vor seiner Nase ins Schloss fiel.
»Verdammt!«, stieß er hervor und humpelte zu seinem Schreibtisch zurück. Sein Bein schmerzte ebenso wie seine verletzte Selbstachtung, außerdem fühlte er sich nass und klebrig und merkte plötzlich, wie kalt es hier drin durch die Klimaanlage war. Er trat versehentlich auf die halbe Zitrone, die am Boden lag, glitt aus und konnte gerade noch einen Sturz vermeiden. Mit einem wütenden Fußtritt beförderte er die Zitrone quer durchs Zimmer. Sie prallte von der Wand ab und wurde auf seinen Schreibtisch zurückgeschleudert, wo sie auf einem Stapel überaus wichtiger Papiere landete. Matt sah ein, dass an diesem gottverdammten Abend einfach alles schief ging, und stieß eine Serie von Flüchen aus, wie er sie seit Jahren nicht mehr von sich gegeben hatte.
»Danke, dass ich die Toilette benutzen durfte«, sagte Sandra. Verdammt, er hatte ganz
Weitere Kostenlose Bücher