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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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selben Licht betrachten können.
    Er hatte getan, was er tun musste. Es mochte nicht die Reaktion sein, die den meisten Menschen verständlich war, aber schließlich war er nicht wie die meisten Menschen. Er war Jacko Vance und damit etwas Besonderes, eine Ausnahmepersönlichkeit jenseits der kleinlichen Regeln, an die sich der Rest der Menschen halten musste. Sie brauchten die Regeln. Sie konnten ohne sie nicht funktionieren. Aber er schon. Und das tat er auch.
    Vance sah sich die Bilder nacheinander an, beobachtete alles genau, und wo es ging, zoomte er näher heran. Es war ihm bald klar, welche Schutzvorkehrungen man getroffen hatte. Die Polizei überwachte die Straße zur Farm in beiden Richtungen. Die Einfahrt war immer noch durch einen Pferdeanhänger blockiert. Ein Landrover der Polizei, in dem drei Männer zu erkennen waren, stand am Eingang der rückwärtigen Zufahrt. Zwei Zweiergruppen von Beamten mit Feldmützen, was hieß, dass sie mit Schusswaffen ausgestattet waren, patrouillierten mit ihren automatischen Heckler & Koch im Anschlag in der unmittelbaren Umgebung des Hauses.
    Es sah aus, als werde der Hof von den Pferdeburschen bewacht, einer Gruppe von Männern, denen man ihre ländliche Herkunft ansehen konnte. Zwei von ihnen hatten Schrotflinten über dem Arm hängen. Interessant fand Vance, dass sie mit leichten Abwandlungen alle das gleiche Outfit trugen. Flache Mützen, Wachs- oder Steppjacken, Jeans und Reitstiefel. Die Polizisten kümmerten sich nicht darum, wenn einer der Männer aus dem Haus kam und auf die Ställe zuging. Oder umgekehrt.
    Was wissenswert gewesen wäre, wenn er es darauf abgesehen gehabt hätte, ins Haus zu kommen. Aber seine Pläne gingen in eine ganz andere Richtung. Und so wie die Situation aussah, war es äußerst wahrscheinlich, dass er Erfolg haben würde. Vance duschte, zog sich an und ging mit einer halben Stunde extra Zeit aus dem Haus. Es gab nichts, was die Aufmerksamkeit auf ihn hätte ziehen können.
    Er ließ den Wagen in einer Seitenstraße nicht weit von dem Autoverleih stehen, wo Patrick Gordon schon das Fahrzeug für heute bestellt hatte, einen Geländewagen, der perfekt zur ländlichen Umgebung passte und, wie verlangt, eine Anhängerkupplung hatte. Er fuhr zu seinem vorigen Wagen zurück, holte seine Benzinkanister, den Laptop und Reisetaschen aus dem Kofferraum und machte sich auf nach Herefordshire. Unterwegs musste er einen Zwischenstopp einlegen, aber er hatte jede Menge Zeit. Ein schöner Tag, so bemerkte er, als er Worcester hinter sich ließ.
    Es war Zeit, das Beste aus ihm herauszuholen.

    Wie gewöhnlich, wenn er nachdachte, war die Zeit vergangen, ohne dass es Tony bewusst geworden war. Er hatte erst gemerkt, wie spät es war, als sein Magen knurrte, weil er Frühstück und Mittagessen ausgelassen hatte. In der Bordküche fanden sich verschiedene Dosen und Päckchen, aber sogar in seinen besten Zeiten hatte er keine Lust zu kochen, und heute waren wirklich nicht seine besten Zeiten. Also schloss er ab und ging an Land. Er überlegte, ob er in den Pub gehen sollte, verwarf die Idee aber. Er war nicht aufgelegt, Leute zu treffen, nicht einmal Unbekannte.
    Ein paar Straßen mit roten Backsteinhäusern weiter fand er die perfekte Lösung in einem Imbissstand an der Ecke. Mit einer duftenden Portion Kabeljau und Pommes frites so heiß, dass sie ihm die Fingerspitzen verbrannten, eilte er zur Steeler zurück. Die Aussicht auf etwas Gutes zu essen brachte ihn auf positivere Gedanken.
    Er bog auf den Steg ein, wo sein Boot lag, und blieb wie angewurzelt stehen. Eine vertraute Gestalt stand auf der Steeler, mit verschränkten Armen an die Kajüte gelehnt, während der Wind durch das dichte blonde Haar fuhr. Einen Moment hob sich seine Stimmung, weil er sich an die Möglichkeit einer Versöhnung klammerte. Aber nach einem gründlichen Studium ihrer Körpersprache musste er akzeptieren, dass Carol nicht hier war, um das Kriegsbeil zu begraben und zu sondieren, wie sie am besten gemeinsam gegen Vance vorgehen könnten.
    Deshalb musste er sich fragen, was sie hier wollte. Dazustehen und sie anzustarren war keine Antwort. Vorsichtig, als fürchte er einen körperlichen Angriff, ging Tony den Steg bis zum Boot hinunter. »Das hier ist wahrscheinlich genug für zwei«, sagte er.
    Carol nahm den Olivenzweig und brach ihn entzwei. »Ich habe nicht vor, so lange zu bleiben, dass wir zusammen essen können«, sagte sie.
    Durch Versöhnlichkeit hatte er bei Carol noch

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