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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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sich zu uns um. »Falls euch die Fliege über den Weg läuft«, sagte er mit ernster Miene, »übt bitte Rache, ja?«
    Lucy nickte geistesabwesend, vermutlich sagte er solche Sachen öfter. Als Elliot schließlich draußen und die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, wandte Lucy sich mit eisiger Miene und verschränkten Armen mir zu. »So«, sagte sie nach einem Moment. Sie lehnte sich an den Tresen und musterte mich schweigend. »Du bist also wieder da.«
    »Ja, genau«, bestätigte ich mit leicht brüchiger Stimme. Ich fühlte mich ziemlich unsicher, denn langsam ging mir auf, dass – ganz gleich, wie ich mich äußerlich verändert hatte – manches noch genauso war wie früher. Ich konnte Auseinandersetzungen nach wie vor nicht ausstehen. Und Lucy lebte dabei förmlich auf. »Seit … Kurzem.«
    »Hab’s schon gehört«, sagte sie spitz. Ich blinzelte und wollte fragen, von wem, aber irgendwas an ihrer Miene hielt mich davon ab. Als Quelle kamen mehrere Personen infrage, Jillian eingeschlossen. Lake Phoenix war ein winziges Kaff, in dem Neuigkeiten blitzschnell die Runde machten. »Ich hatte nur nicht erwartet, dich zu treffen«, fuhr sie fort und zog eine Augenbraue hoch. Das war eine Geste, die sie schon ewig draufhatte und die ich einfach nicht hinbekam. Es machte mich wahnsinnig neidisch, weil ich dabei immer nur aussah, als ob mir irgendwas wehtat. »Und hier erst recht nicht.«
    Ich schob die Hände in die Hosentaschen meiner Shorts und starrte auf den ausgetretenen Holzfußboden. Ich spürte die Unruhe in meinen Beinen, mit der mein Körper mir üblicherweise nahelegte, mich zu verdrücken, und warf einen prüfenden Blick zur Tür. Schließlich sagte ich: »Wenn du ein Problem damit hast, kann ich gern verschwinden. Ich finde bestimmt auch woanders was.«
    Ich musterte Lucy. Für einen Moment wirkte sie beleidigt, doch der gleichgültige Gesichtsausdruck war sofort wieder zurück. Dann zuckte sie mit den Schultern und vertiefte sich in die Betrachtung ihrer Fingernägel, die sie dunkelviolett lackiert hatte, wie mir aufgefallen war. Ich fragte mich, ob sie die Farbe passend zu ihrem Shirt ausgesucht hatte. Die Lucy, die ich mal gekannt hatte, hätte es jedenfalls so gemacht. »Wegen mir bestimmt nicht«, antwortete sie in gleichgültigem Ton. »Mir ist das doch piepegal.«
    »Gut«, sagte ich leise. Dann holte ich tief Luft und machte mich daran, das zu sagen, was ich wahrscheinlich gleich am Anfang hätte sagen sollen – und was ich wohl auch zu Henry besser als Allererstes gesagt hätte. »Lucy«, setzte ich an. »Lucy, es tut mir …«
    »Kann ich Ihnen helfen?« Lucy rutschte vom Tresen herunter, und ich drehte mich hastig um. Vor dem Verkaufsfenster stand eine Kundin – eine gestresst wirkende Mutter mit einem Kleinkind auf der Hüfte. Der Kopf des Kindes ragte nur knapp über den Holztresen und seine Augen waren auf das Glas mit den einzeln eingewickelten Fruchtkaubonbons geheftet.
    »Also«, sagte sie, »ich hätte gern zwei Wasser, eine Portion Pommes und eine Sprite ohne Eis.«
    Lucy tippte alles in die Kasse und warf mir einen Blick zu. Unsicher ging ich zu den Trinkbechern, ließ meine Hand über ihnen schweben, hatte aber keinen Schimmer, was ich tun sollte. »Hol Elliot«, befahl Lucy kopfschüttelnd. »Du hast ja echt keinen Schimmer.« Sie wandte sich wieder der Kundin zu und schob geschickt das Bonbonglas außer Reichweite, als das Kind das Ärmchen danach ausstreckte. »Das macht dann 9,29«, sagte sie.
    Ich drückte die Tür auf und schloss sie schnell wieder hinter mir, als ich draußen stand. Der ganze Wortwechsel hatte mich total mitgenommen. Ich fühlte mich den Tränen nahe, sodass ich heilfroh über die kurze Auszeit war. Ich wusste, dass Elliots Kurs in zehn Minuten anfing und ich mich daher beeilen musste, ihn zu finden. Zunächst versuchte ich, ihn irgendwo im Gebäude aufzutreiben – doch ich fand nur einen Lagerraum, in dem sich neben einem Vorratsschrank mit Tellern, Bechern und Sirupbeuteln für den Getränkeautomaten nur allerlei Schwimmwesten und Bojen stapelten. An Freds Tür klebte ein Zettel, auf dem BIN ANGELN stand – also auch keine Hilfe von dort. Ich wollte gerade panisch werden, da ich wusste, dass Lucy mit jeder Minute wütender auf mich sein würde, als ich Elliot auf der Wiese neben den Fahrradständern sitzen sah – neben einem blond gelockten, Gitarre spielenden Typen. Im Gras lagen zehn Rettungswesten im Kreis, von den Kindern war noch keine Spur

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