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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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Kartoffelstäbchen wie erstarrt auf halber Höhe zwischen Teller und Mund. »Nein«, sagte ich ehrlich.
    »Siehst du?«, nickte mein Vater und zwinkerte mir verschmitzt zu, wodurch ich mir mit meinem Plan gleich noch viel schäbiger vorkam. Aber dann musste ich wieder an Lucys Blick denken, als sie erfahren hatte, dass ich jetzt auch dort arbeite, und wie einsam es war, ganz alleine Mittag essen zu müssen.
    »Also«, sagte ich, weil ich in dem Moment begriff, dass das vielleicht die beste Gelegenheit war, mich aus einer Situation zu retten, die im Laufe des Sommers nur noch schlechter werden konnte – da war ich mir ganz sicher. »Es ist ja nicht so, dass ich nicht arbeiten will. Der Imbiss ist nur halt nicht so ganz … ähm … was ich erwartete hatte.« Meine Mutter sah mich an, und an ihrem Gesicht konnte ich ablesen, dass sie genau wusste, worauf ich hinauswollte. Ohne ihren Blick zu erwidern, redete ich weiter. »Und angesichts dessen, was im nächsten Schuljahr alles auf mich zukommt, denke ich, ich sollte den Sommer lieber nutzen, um …«
    »Das interessiert mich doch alles gar nicht«, maulte Gelsey und klang, als würde sie gleich losheulen. »Ich hab halt keinen Bock auf Tennisspielen, und ihr könnt mich nicht dazu zwingen. Das ist doch … total ungerecht!«
    Warren verdrehte die Augen in meine Richtung und ich schüttelte nur den Kopf. So lief eben der Hase, wenn man das Küken in der Familie war. Da musste man noch Jahre nach der offiziellen Trotzphase ständig ausflippen und Wutanfälle kriegen. Gelsey fing an, in ihre Serviette zu schluchzen, und ich musste einsehen, dass der einzige Moment, meine Familie von meinen Kündigungsabsichten in Kenntnis zu setzen, gerade heillos verpufft war.
    Also durchlitt ich zwei weitere Dienste am Strandimbiss, vor allem damit ich trotz meiner geplanten Kündigung vor meinem Vater einigermaßen mein Gesicht wahren konnte. Elliot und Lucy benahmen sich kaum anders als am ersten Tag. Lucy redete kaum ein Wort mit mir, und ich verbrachte den Arbeitstag mehr oder weniger damit, die Minuten zu zählen, bis ich nach Hause konnte, und war von Stunde zu Stunde mehr davon überzeugt, dass nichts davon den mickrigen Stundenlohn wert war. Ich hatte mir vorgenommen, an meinem freien Tag runter ins Vereinshaus zu gehen, Jillian zu informieren, Fred (der höchstwahrscheinlich angeln war) eine Nachricht zu hinterlassen und dann meineFamilie vor vollendete Tatsachen zu stellen. Doch am Nachmittag, als Dad seine Arbeit unterbrach und sich fertigmachte für seinen Arzttermin in Stroudsburg, rief Mom mich raus auf die Veranda.
    Sie saß auf der obersten Stufe und kämmte meiner Schwester gerade die Haare. Gelsey hockte eine Stufe unter ihr, hatte ein Handtuch um die Schultern gelegt und den Kopf leicht nach hinten geneigt, während meine Mutter einen grobzinkigen Kamm durch ihre feuchten, kastanienbraunen Locken zog. Das war so ein Ritual der beiden, wenn meine Schwester einen schlechten Tag hatte oder von irgendwas besonders mitgenommen war. Als ich ihnen so beim einträchtigen Haarekämmen zusah, fragte ich mich, ob das nun mit ihrem traumatischen Tennistraining zu tun hatte (das sie nicht abbrechen durfte) oder ob es noch einen anderen Grund gab. Vor Jahren, als ich noch viel jünger war, hatte ich mal meine Mutter gebeten, mit mir das Gleiche zu machen, aber irgendwie musste ich einsehen, dass es das nicht wirklich brachte. Mom und Gelsey hatten beide lange und kräftige kastanienbraune Locken. Ich hingegen hatte total dünne Haare, glatt wie Schnittlauch, die nie verfilzten und eigentlich nie richtig gekämmt werden mussten. Aber trotzdem.
    »Ja, was ist?«, fragte ich. Gelsey schnitt mir eine Grimasse, aber bevor ich angemessen antworten konnte, drehte ihr meine Mutter den Kopf zurück und ich sah nur noch ihr Profil.
    »Könntest du bitte mit Dad nachher nach Stroudsburg fahren?«, fragte meine Mutter.
    »Oh«, sagte ich überrascht. »Ist irgendwas passiert?«
    »Er hat nur seinen Arzttermin und ich hatte gehofft, dass du ihn begleiten kannst«, erwiderte Mom mit ruhiger Stimme, während sie den Kamm von Gelseys Haaransatz bis hinunter zu den Spitzen zog, die sich schon wieder ringelten. Ich sah meine Mutter eindringlich an, weil ich mir nicht sicher war, was sie damit eigentlich sagen wollte – ob vielleicht doch irgendwas nicht stimmte. Aber sie konnte wirklich unergründlich sein, wenn sie wollte, und ich konnte mir keinen Reim darauf machen.
    »Fertig«, sagte sie,

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