Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
vergissdeinnicht

vergissdeinnicht

Titel: vergissdeinnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Clarke
Vom Netzwerk:
kleiner Junge. Seine Füße sind nackt, seine Zehen lugen gerade so unter seinen ausgefransten Jeansbeinen vor. Immer mal wieder reibt er gedankenverloren sein rechtes Handgelenk, bevor er wieder seine Knie an die Brust zieht.
    Ich frage mich, ob ich etwas sagen oder zu ihm gehen soll.
    Werd ich nicht. Kann ich nicht.
    * * *
    Sal und ich bekamen unsere Prüfungsergebnisse. Obwohl es eine verrückte Zeit gewesen war, hatte Sal richtig abgeräumt. Ich auch. Keine von uns war überrascht – vielleicht nur ein kleines bisschen erleichtert, das war alles.
    Ich sah Sophie in der Pausenhalle. Sie sprach mit Devon. Ich hatte gar nicht gewusst, dass die beiden sich kannten, aber eigentlich war es keine Überraschung. Das soll jetzt nicht böse klingen, aber sie waren nun mal beide irgendwie Streber. Und das meine ich wirklich im allernettesten Sinne. Ich versuchte, Sophies Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, aber sie war zu sehr damit beschäftigt, nah bei Devon zu stehen und auf ein Blatt Papier zu schauen, das er in der Hand hielt. Die beiden hatten ganz sicher nichts zu befürchten, wenn es um die Prüfungen ging.
    Tanya hielt in einer Ecke mit ihrer üblichen Gefolgschaft Hof. Sie sah mich und winkte mich zu sich. »Grace! Willst du mit Sal heute zu mir kommen? Meine Leute sind auf Barbados, und das Haus fleht mich sozusagen an, eine Party zu schmeißen!« Noch vor ein paar Monaten hätte ich mich auf diese Einladung gestürzt. Aber jetzt nicht mehr. Komisch, wie sich die Dinge verändern.
    »Nee, kann nich. Sorry, Tan. Hab schon was vor.« Was nichts damit zu tun hat, einen fremden Typen im Bett deiner Eltern zu vögeln.
    »Oh Gott, G. Du bist so LANGWEILIG ! Du stürzt dich neuerdings gar nicht mehr ins Getümmel.« Sie schmollte einen Moment, dann lachte sie. »Wie auch immer. Glückwunsch zur Prüfung. Hab gehört, du hast voll gescoret.« Ich quatschte noch ein oder zwei Minuten mit ihr, bevor ich zurück zu Sal ging. Sie hatte ungefähr genauso viel Lust auf Tanyas Party wie ich.
    Als wir rausgingen, schickte ich Nat eine SMS mit meinen Prüfungsergebnissen. Ich wollte ihn beeindrucken. Schließlich studierte er Medizin. Der Junge hatte wahrscheinlich in seiner gesamten Schullaufbahn keine einzige Zwei kassiert. Ich allerdings auch nicht (na ja, ich hatte zwei, aber wen interessiert’s?).
    Wir gingen zu Sal zum Mittagessen. Es war toll, ihre Eltern und ihren kleinen Bruder wiederzusehen. Sals Familie schien immer so normal zu sein. Es war schön, für eine Weile ein Teil davon zu sein. Sie fragten nicht, warum sie mich zwei Monate lang nicht gesehen hatten, was mich erleichterte. Gott weiß, was Sal ihnen gesagt hatte. Es muss furchtbar für sie gewesen sein zu verbergen, was sie durchgemacht hatte. Ich hab keine Ahnung, wie sie das geschafft hat. Für mich ist es leicht genug, meine Mutter ist öfter verschwunden als anwesend. Ich hätte wahrscheinlich Drillinge zur Welt bringen und großziehen können, ohne dass meine Mum es gemerkt hätte. Aber mit zwei Elternteilen, die sich wirklich kümmern? Und auch noch einem neugierigen kleinen Bruder? Das war wirklich beeindruckend.
    Sals Eltern waren unglaublich glücklich über ihre Ergebnisse und schienen sich fast genauso über meine zu freuen, was ich echt süß fand. Sie köpften uns zu Ehren sogar eine Flasche Champagner. Ich versuchte daran zu denken, später zu Hause anzurufen und Mum zu sagen, wie ich abgeschnitten hatte. Natürlich würde ich sie wohl erst dran erinnern müssen, dass ich Prüfungen gehabt hatte. Sal und ich gingen in ihr Zimmer, um den Champagner niederzumachen und uns umzuziehen. Wir wollten so richtig einen draufmachen – zum ersten Mal, seit alles zum Teufel gegangen war. Ich freute mich drauf.
    Als Sal fertig war, musterte ich sie beifällig. Sie sah heiß aus, keine Frage. Ich war ein bisschen eifersüchtig, aber nur ein bisschen. Das hier war Sals Abend. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, dass sie alles, was geschehen war, vergessen würde. Und nicht nur, weil ich vorhatte, sie total abzufüllen. Nicht, dass da ein falsches Bild entsteht – ich hatte absolut vor, sie total abzufüllen, aber das Wichtigste an dem Abend war, Spaß zu haben. Und falls Sal dabei mit einem hübschen Kerl oder zwei wild rumknutschen sollte – umso besser.
    »Scheiße, Sal, du siehst umwerfend aus!«
    Sie schaute ganz schüchtern. »Meinst du?«
    »Oh ja. Du wirst heute Abend mächtig Schwierigkeiten bekommen.«
    »Wie meinst du das?«
    Ich lachte. »Schau

Weitere Kostenlose Bücher