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vergissdeinnicht

vergissdeinnicht

Titel: vergissdeinnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Clarke
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sein Glas und forderte uns auf, dasselbe zu tun. »Auf euch beide. Auf dass all eure Prüfungen so leicht werden!«
    Wir stießen an und tranken einen Schluck Schampus. Ich stupste Nat an und flüsterte hörbar: »Nicht so leicht, wie du es heute Nacht mit mir haben wirst, wenn du dich richtig anstellst!« Er warf mir einen überraschten Blick zu und sah dann betreten zu Sal rüber, bevor er noch einen Schluck Champagner nahm. Manchen Leuten ist echt schnell was peinlich.
    Und dann Stille – die seltsamste Stille. Sal hustete und drehte sich weg, um zur Bar zu schauen. Nat drehte am Stiel seines Glases herum. Und ich … also, ich sah mir die beiden an. Die Stille hielt wahrscheinlich nur ein paar Sekunden an, aber mir schien sie fast ewig zu dauern. Mir fiel überhaupt nichts ein, was ich hätte sagen können. Zum Glück sprang Sal ein und sagte: »Also, Nat … Grace hat mir erzählt, dass du Arzt werden willst?«
    »Ähm, ja. Das hab ich jedenfalls vor.« Und dann unterhielten sie sich über Nats Studium. Irgendetwas stimmte nicht. Ich konnte erst nicht so genau sagen, was es war, aber dann fiel mir auf, dass sie beide in diesem falschen Tonfall sprachen, den man benutzt, wenn man mit den Eltern von jemand anderem spricht – meint: wenn man total höflich sein und sich von seiner besten Seite zeigen will. Sal sprach plötzlich, als wäre sie nüchtern, und Nat schaute ach-so-ernst. Keiner von beiden schien auch nur HALBWEGS entspannt. Verwirrt ließ ich mich zurückfallen.
    Der Rest des Abends verlief ohne weitere Vorkommnisse, denke ich. Mir ging es mit jedem einzelnen Drink besser. Ich redete mir ein, dass ich mir die komischen Sachen vorher nur eingebildet hatte. Vielleicht war ich nur ein bisschen paranoid gewesen, weil ich so unbedingt gewollt hatte, dass die beiden sich mögen. Ich betrank mich ganz fürchterlich.
    Dinge, die ich von dem Abend noch weiß
Ich küsste Nat, als Sal an der Bar war. Ich sagte mir noch mal, dass ich mir die komischen Sachen nur eingebildet hatte. Er war GENAUSO dabei wie ich. Er zuckte NICHT zurück, als hätte er gerade einen elektrischen Schlag von meinen Lippen bekommen.
Ich fragte Nat, ob er irgendwelche netten Freunde für Sal hätte. Sie hätte mich am liebsten mit ihren Blicken getötet, und Nat zog es vor, der Frage auszuweichen.
Ich kam mit einem Tablett voller Kurzer von der Bar zurück und fand, dass sich Sal und Nat viel besser verstanden.
Ich kippte die Kurzen rein, bis alles verschwamm. Jemand sagte mir, ich sollte langsamer machen. Nat oder Sal? Ich weiß es nicht mehr.
Ich kotzte das Klo voll, danach ging es mir besser.
Nat setzte mich in ein Taxi und gab mir einen Zehner. Bat ich ihn, mit zu mir zu kommen? Ich denke schon, aber er sagte was von wegen er müsste am nächsten Tag früh aufstehen.
Äh … das ist so weit alles.
    * * *
    Ethan hat heute nicht wirklich was zu erzählen. Vielleicht war es gestern für uns beide auch einfach ein bisschen zu viel. Ich fühle mich hohl und leer. Mein Hals tut auch weh.
    Ich hab es satt, so viel nachzudenken.
    Ich hab es satt, mich zu erinnern.

Tag 24
    Das Mittagessen heute war gut – ein perfektes Sandwich kann wirklich Wunder wirken. Als Ethan reinkam, um meinen Teller zu holen, quatschten wir ein paar Minuten. Es war fast wie eine normale Unterhaltung. Und dann musste ich alles kaputtmachen.
    »Ethan, kann ich dich was fragen? Was Ernstes. Und bitte antworte nicht mit einer Gegenfrage oder mit irgendwas Kryptischem. Ich will nur, dass du ehrlich zu mir bist. Bitte.«
    Er dachte einen Moment nach. »Ich kann es versuchen.«
    Ich holte tief Luft. Ich war endlich bereit, das zu fragen, was ich vorher aus Angst (oder Dummheit) nicht gefragt hatte. »Wirst du mich jemals gehen lassen?«
    Er sah mich neugierig an. Ich hielt seinem Blick stand, obwohl ich heulen wollte. Ich fürchtete mich vor der Antwort.
    »Das ist nicht die richtige Frage, Grace.«
    Ich drehte durch. Ich warf mich auf ihn, mein Stuhl flog auf den Boden. Ich schlug ihm auf den Mund, dann stieß ich ihn gegen die Wand. Er wehrte sich nicht. Es war, als wäre er gar nicht da. Vielleicht gab mir meine Wut aber auch besonders viel Kraft. Ich schrie ihm ins Gesicht, packte ihn am Hemd und hielt den Stoff in meinen geballten Fäusten. Mein Gesicht war nur Zentimeter von seinem entfernt, und während ich schrie und schimpfte und tobte, flogen Tropfen von meiner Spucke in sein Gesicht. Blut sickerte heraus, wo ich ihn geschlagen hatte, gleich unter der Nase. Ich

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