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Vergissmichnicht

Vergissmichnicht

Titel: Vergissmichnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Maria Bast
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Bis irgendwann keine Briefe und keine Anrufe mehr kamen. Bis ihre Mutter resigniert hatte. Aufgegeben, das wusste Marlene, hatte Elisabeth Meierle sie aber nie.
    Sie schluchzte laut auf. »Bitte sagen Sie mir, was mit meiner Mutter ist«, flehte sie die Stimme, von der sie jetzt wusste, dass sie tief aus der Vergangenheit kam, an. Ihr wurde mit entsetzlicher Gewissheit klar, dass die Vergangenheit sie eingeholt hatte. Dass sie ihr ganzes Leben lang gerannt war, um ihr zu entkommen, und den Wettlauf letztendlich doch verloren hatte.
    »Bitte«, flehte sie erneut.
    Die Stimme lachte ihr höhnisch-hohles Lachen. »Was mit ihr ist, willst du wissen? Nun, das kann ich dir sagen: genau das, was mit dir auch bald sein wird.« Wieder dieses hohle, gespenstische Lachen.
    Ein Stuhl wurde zurückgeschoben, eine Tür geöffnet, ein Lichtstrahl fiel hinein. Marlene konnte nur den Umriss ihres Peinigers erkennen.
    Dann war es wieder dunkel. Dunkel und einsam. Stille senkte sich bedrohlich über den Raum, der gerade noch von der klirrend kalten Stimme beherrscht gewesen war. Marlene meinte, den Nachklang dieser Stimme und dieses grauenhaften Lachens noch in der Stille zu hören. Sie presste verzweifelt die Hände auf die Ohren, aber es half nichts. Die Stimmen-Gespenster wollten sich nicht vertreiben lassen.
    Marlene rollte sich auf die Seite, zog die Beine zur Brust und umschlang sie mit ihren Armen. Wie ein Embryo lag sie da und begann bitterlich zu weinen.

Sechzehntes Kapitel
    Überlingen
    »Und ihr habt den Gruber echt verhaftet?« Vor lauter Aufregung über diese Nachricht vergaß Alexandra sogar ihre Nervosität darüber, dass sie mit Ole unterwegs war. Sie saßen in der vordersten Reihe auf der Sonnenterrasse des Café Greth am Landungsplatz mit Blick aufs Wasser. Zahlreiche Touristen strömten vorbei, besser gesagt, stauten sie sich auf der Uferpromenade. Alexandra erkannte sie daran, dass sie anders gingen als die Einheimischen. Die Touristen schlenderten, blieben alle paar Meter stehen, um den See zu betrachten, die Schilder an den Cafés zu studieren oder sich zu orientieren. Die Einheimischen hingegen eilten am Ufer entlang und suchten ständig irgendwelche Lücken zwischen den Menschenmassen, um schneller voranzukommen. Wobei ohnehin nur recht wenige Einheimische an der Promenade unterwegs waren. Die meisten mieden das Ufer zu dieser Jahreszeit und hielten sich lieber im Inneren der Stadt auf. Es sei denn, sie hatten Zeit. Und wenn sie Zeit hatten, flanierten sie in der Regel nicht, sondern saßen in den Cafés, so wie Ole und Alexandra.
    Es war ein Date und es war riskant, das war Alexandra klar. Unzählige Menschen kannten sie in dieser Stadt und Ralf hatte natürlich genau wissen wollen, wo, wie und mit wem sie den Tag verbringen würde. Aufgrund der traumatischen Ereignisse hatte Alexandra ein paar Tage frei und Ralf empfand das als glücklichen Zufall, da er sich in diesen Tagen schon vor längerer Zeit in seiner Kfz-Werkstatt ebenfalls als abwesend eingetragen hatte. ›Chef nicht da‹, hatte er mit dickem, rotem Edding in den Jahresplaner geschrieben, der über dem Schreibtisch in dem chaotischen Büro hing und Alexandra hatte diese Geste schon damals als lächerlich angeberhaft empfunden. Und heute hatte er sie eigentlich überreden wollen, mit ihr zur Tuning World nach Friedrichshafen zu fahren. Sie hatte ihm vorgeschwindelt, sie fühle sich nicht gut und wolle lieber zu Hause bleiben und vielleicht ein wenig spazieren gehen, um sich zu entspannen und auf andere Gedanken zu kommen.
    »Auf andere Gedanken kommst du bei der Tuning World auch«, hatte Ralf noch eine Weile genörgelt, letztendlich aber Ruhe gegeben und war alleine mit seinen Kumpels zur Messe aufgebrochen. Alexandra hatte das Gefühl, dass es ihm insgeheim gar nicht so unrecht war. Zumal er wusste, dass sie seine Kumpels nicht mochte. Die Jungs hatten meist ein paar Gläser zu viel intus, der Small Talk mit ihnen war platt, ihre Witze niveaulos, ihr Auftreten rüpelhaft. Alexandra gestand sich ein, dass Ralf sich nicht viel von seinen Kumpels unterschied, sondern sich ihnen im Gegenteil immer mehr anglich. Und auch mit den Freundinnen der Kumpels konnte sie nicht viel anfangen. Was umgekehrt übrigens genauso galt.
    Umso mehr genoss sie nun die Gesellschaft eines so geistreichen und gebildeten Mannes wie Ole.
    »Ja, wir haben Gruber verhaftet. Ganz ehrlich«, sagte er gerade lächelnd und Alexandra stellte entzückt fest, dass er ein Grübchen

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