Verheißenes Land
und aus reiner Lust am Jagen mehr von den Tieren schießen, als sie jemals an Fleisch verwenden können, werden diese riesigen Herden immer mehr zur Seltenheit«, bedauerte er. »Es ist eine zum Himmel schreiende Schande, dass man die prächtigen Tiere einfach abknallt, bloß um seine Schießkünste unter Beweis zu stellen. Wenn das so weitergeht, wird man auf der Prärie bald keine Buffalos mehr antreffen. Kein Wunder, dass die Indianer schlecht auf uns Weiße zu sprechen sind. Wir rauben ihnen mit diesem sinnlosen Töten eine ihrer wichtigsten Lebensgrundlagen. Bisher sind die Stämme ja noch weitgehend ruhig geblieben und begnügen sich damit, sich gegenseitig zu bekriegen und einander Vieh und junge Frauen zu stehlen. Aber wenn der Strom der Siedler und das Abschlachten der Buffalos anhalten, würde es mich gar nicht wundern, wenn wir bald mit den Indianern in einem erbitterten Krieg liegen!«
Nathan Palmer ließ sich während ihres Aufenthalts nur ganz selten bei ihnen im Camp blicken. Er hatte als Einziger des gesamten Zuges im Fort Quartier bezogen und hatte es bei seinen kurzen Besuchen stets sehr eilig, wieder dorthin zurückzukommen. Er machte einen fahrigen Eindruck und beließ es bei einigen flüchtigen Versicherungen, dass für die nächste Etappe des Wagenzuges alles bestens vorbereitet sei.
Am dritten Morgen, als die Ochsen schon eingespannt und alle zum Aufbruch bereit waren, hielten die Reisenden vergeblich nach Nathan Palmer Ausschau.
»Wo steckt der Kerl bloß?«, wunderte sich Éanna. »Er hätte doch längst zur Stelle sein und mit dem Aufruf der Wagen beginnen müssen!«
»Wird wohl verschlafen haben«, meinte Brendan.
Emily schüttelte ahnungsvoll den Kopf. »Nein, da steckt was anderes dahinter.«
»Und ich fürchte, nichts Gutes«, fügte Liam hinzu.
Schließlich begab sich Peer Erickson mit zwei anderen Männern vom Zugrat ins Fort, um sich zu erkundigen, wo ihr Treckcaptain bloß blieb. Die Abordnung kehrte wenig später mit reichlich düsteren Mienen zurück, die schon von Weitem verrieten, dass sie schlechte Nachrichten brachten.
»Ihr werdet es nicht glauben, aber unser ehrenwerter Captain Palmer«, Peer Erickson spuckte den Titel vor der versammelten Gemeinschaft voller Verachtung heraus, »hat sich aus dem Staub gemacht!«
»Das gibt es doch gar nicht«, kam es ungläubig aus der Menge. »Wir haben ihn teuer dafür bezahlt, dass er unseren Wagenzug an die Westküste bringt!«
Der Schwede nickte mit grimmiger Miene. »In der Tat, das haben wir. Nur leider haben wir unser gutes Geld einem Lügner und Betrüger in die Tasche gesteckt. Allem Anschein nach hat er noch nie einen Treck geführt und nicht die geringste Kenntnis über den Trail! Deshalb hat er wohl auch diesen Trunkenbold von Scout angeheuert.«
»Und nach dem Tod von Jeremiah Fennmore hat er kalte Füße bekommen und befürchtet, dass sein Schwindel auffliegt«, folgerte Siegbert Seligmann mit schwerem deutschem Akzent.
»So wird es wohl gewesen sein«, stimmte Peer Erickson ihm zu. »Hier beim Fort hat sich ihm natürlich eine denkbar günstige Gelegenheit geboten, sich unbemerkt abzusetzen. Wir waren ja die ganze Zeit gut beschäftigt und dachten, er hält sich im Fort auf.«
»Dann lasst uns schleunigst eine Reitergruppe zusammenstellen, die seine Verfolgung aufnimmt, ihm eine gehörige Tracht Prügel verpasst und ihn dazu zu zwingt, unser Geld wieder herauszurücken!«, schlug Hiram Larkin wütend vor.
»Die Mühe können wir uns sparen, wir werden den Lumpen nicht mehr einholen. Sein Vorsprung ist mittlerweile schon zu groß«, teilte Peer Erickson ihnen mit. »Wie wir erfahren haben, ist Palmer nämlich schon am gestrigen Nachmittag aufgebrochen, und er hat auch noch die Pferde des Scouts zum Wechseln mitgenommen. Einem der Wachhabenden hat er gesagt, er wolle in der Dämmerung auf Jagd gehen und die Nacht bei uns im Lager verbringen, um am Morgen gleich zur Stelle zu sein. Bei dem großen Vorsprung, den der Halunke mittlerweile herausgeritten hat, können wir ihm leider nichts mehr anhaben.«
»Und was wird nun aus uns und unserem Zug? Wie sollen wir denn ohne jemanden, der uns führen kann und sich mit allem auskennt, weiterziehen?«, kam eine beklommene Stimme aus der Menge.
»Na ja, da Palmer offensichtlich keinen blassen Schimmer vom Trail hat, sind wir ohne ihn auch nicht schlechter dran als mit ihm«, bemerkte Patrick trocken.
»Was unsere Lage aber auch nicht besser macht«, brummte
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