Verheißung des Glücks
deshalb, weil sie einander in den vergangenen Tagen noch mit weitaus unfreundlicheren Ausdrücken bedacht hatten.
»Es wäre mir das größte Vergnügen, Melissa mitzuteilen, dass es dir gelungen ist, deine Reise deutlich zu verkürzen«, sagte Johnny. »Außerdem interessiert es mich natürlich brennend, wie du das bewerkstelligt hast. Du warst gerade einmal fünf Tage unterwegs.«
»Man ließ mich in Frankreich an Land. Dort brauchte ich fast einen ganzen Tag, um ein Schiff zu finden, das direkt nach London zurück segelte.«
»Aber wie hast du es geschafft von dem Schiff, das nach China unterwegs war, herunterzukommen?«
»Es war euer Pech, dass ich den Kapitän kannte. Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Ich hatte ihn erst vor ein paar Tagen zufällig auf der Straße getroffen und mir angehört, wie er zur Seefahrt gekommen war. Der Mann war ziemlich bestürzt, dass sein erster Maat Besatzungsmitglieder gegen ihren Willen anheuert. Es fehlte nicht viel, und der Kapitän hatte den Kerl den Fischen zum Fraß vorwerfen lassen.«
»Wir können dir, wie du sicher verstehen wirst, trotzdem nicht erlauben, unserer Nichte den Hof zu machen. Aber wenn du willst, kannst du natürlich Vergeltung üben«, erklärte Adam.
»Darauf verzichte ich«, sagte Lincoln. Die MacFearsons warfen einander verblüffte Blicke zu.
»Was willst du dann hier?«, fragte Ian Four schließlich besorgt.
»Ich habe auf den Schiffen einige recht langweilige Stunden zugebracht und hatte viel Zeit zum Nachdenken. Kein Mann kommt darum herum, sich der kritis c hen Betrachtung durch die Eltern seiner Zukünftigen zu stellen. Aber das ist normalerweise alles. Er muss sich nicht auch noch mit dem Rest ihrer Verwandtschaft herumschlagen. Doch leider ist Herumschlagen offenbar das Einzige, worauf ihr MacFearsons euch versteht. Deshalb gebe ich euch diese Adresse«, sagte Lincoln und warf eine Karte auf den Tisch. »Findet euch morgen Früh um neun dort ein. Es darf keiner von euch fehlen. Ich will die Sache ein für alle Mal hinter mich bringen.«
Achtundzwanzigstes Kapitel
Es lag wohl an ihrer Neugier, dass die MacFearsons viel zu früh bei der angegebenen Adresse erschienen. Der Name der Lokalität hätte ihnen einen Hinweis auf Lincolns Vorhaben geben können, doch er war nicht auf der Karte vermerkt. Eine Sporthalle, in deren Mitte ein von Seilen begrenzter Kampfring aufgebaut war, mit Bänken für die Zuschauer ringsum erwartete die Brüder. Außerdem gab es einem Trainingsraum mit einer reichhaltigen Ausstattung an Sportgeräten und einen Raum, in dem gefochten wurde. Hinter der Halle befand sich eine Bogenschießplatz.
Da die MacFearsons bereits eine Stunde vor der vereinbarten Zeit ankamen, fanden sie die Halle noch verschlossen vor und mussten warten, bis der Besitzer kam und ihnen die Türen öffnete. In barschem Ton wurden die Brüder belehrt, sie hätten nur Zutritt, wenn sie die Halle mieten wollten, natürlich gegen eine ordentliche Gebühr. Offenbar konnten zahlungskräftige Gentlemen, die bei der körperlichen Ertüchtigung Wert auf ihre Privatsphäre legten, den Club am Vormittag für sich buchen. Am Nachmittag stand er der Allgemeinheit o ff en.
Die MacFearsons nahmen an, Lincoln wolle die Halle mieten. Um nicht draußen au f ihn warten zu müssen, bezahlten sie die Gebühr. Des Weiteren glaubten sie, er sei wieder mal verrückt geworden. Sie zu bitten oder vielmehr darauf zu bestehen, dass sie sich an einem solchen Ort einfanden, zeigte deutlich, was er plante. Wieder einmal wollte er es mit ihnen allen au f nehmen. Das war der Beweis: Der Kerl war nicht bei Trost. Dabei war es den MacFearson-Brüdern lieber, sie hatten einen verrückten Lincoln vor sich als einen stillen wie am vergangenen Abend. Niemand wäre verwundert gewesen, wenn er sich aufgeführt hätte wie der Leibhaftige persönlich. Lincoln hätte Schaum vor dem Mund haben und sie alle anbrüllen können. Dass er ihren Fehler stattdessen mit einem Achselzucken abtat, war ihnen unheimlich. So kannten sie ihn nicht.
Nun hatten sie Zeit zu überlegen, was sie erwartete und wie sie vorgehen sollten. Die Brüder verteilten sich auf den Bänken. Einige streckten sich gleich in voller Länge darauf aus. Platz gab es genug. Ian Six schlief sogar ein. Er war das frühe Aufstehen nicht gewöhnt, und die langen Nächte der Londoner Saison forderten ihren Tribut.
»Wir sollten uns weigern, gegen ihn zu kämpfen«, begann William.
»Das haben wir schon einmal
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