Verhext in Texas: Roman (German Edition)

meine Eltern nichts gegen dieses Geräusch unternommen hatten, solange sie Kinder im Teenageralter hatten. Aber jetzt, wo wir alle erwachsen waren, wäre es echt nett gewesen, wenn sie diese Stelle endlich mal repariert hätten. Auch wenn ich mich heute weitaus häufiger nach draußen schlich, als ich es als Teenie getan hatte.
    Owen kam fünf Minuten später nach unten. Er trug seine randlose Brille, eine ausgewaschene Jeans und ein T-Shirt, dessen Farbe fast perfekt zu seinen Augen passte. Ich hätte schwören können, dass meine Mutter ihn ganz kurz verzückt ansah. Ich wurde jedenfalls beinahe ohnmächtig. »Hast du gut geschlafen?«, fragte ich.
    »Ja, bestens, und weißt du was? Ich könnte mich gleich wieder hinlegen. Ich muss echt müde sein.«
    »Die Landluft tut Ihnen gut«, meldete Mom sich zu Wort. »Sie sorgt dafür, dass man besser schläft.« Dann fing sie an, den Küchentisch mit Essen für ein »bescheidenes« Abendessen zu beladen.
    Als wir uns lächerlich früh wieder ins Bett verabschiedeten, zogen wir uns demonstrativ in getrennte Zimmer zurück, um nicht den Eindruck zu erwecken, wir wären Hochzeitsreisende, die gar nicht genug Zeit zu zweit verbringen konnten. Aber wenn ich so darüber nachdachte, hatten wir ohnehin kaum einen Hinweis darauf gegeben, dass wir mehr waren als bloß gute Freunde. Auch wenn meine altmodischen Eltern wahrscheinlich erleichtert darüber waren, dass wir offenbar keinen Sex vor der Ehe hatten –, hätten sie nicht besorgt darüber sein sollen, dass wir einander so gut wie nie berührten und uns ganz und gar nicht wie Verliebte benahmen? Mich verwirrte unser Verhältnis jedenfalls, und ich steckte immerhin mittendrin. Andere mussten eigentlich ziemlich perplex sein, wenn sie uns beobachteten.
    Ich zog mir etwas Schwarzes an und steckte meine Haare hoch, bevor ich ins Bett kroch, um so lange wie möglich zu schlafen, bevor wir wieder aufbrechen mussten, um Zauberer zu spielen. Ich hatte das Gefühl, gerade erst die Augen geschlossen zu haben, als Owen schon mit dem Umhang unterm Arm durch mein Fenster hereingekrochen kam. Wir holten seinen Koffer hervor, und er nahm erneut den Rucksack mit seinen Sachen heraus, in den er beide Umhänge stopfte. Dann zogen wir los und kletterten vom Dach über einen Baum und auf den Boden.
    Diesmal parkte Owen hinter der Bibliothek auf der anderen Seite der Bank. Dieser Ort war geschützter als das Dairy Queen und lag an einer anderen großen Straße. Sam hielt vor der Bank Wache. »Noch keine Spur von ihm, Boss«, berichtete er.
    »Und wie steht’s mit deiner Energie?«
    »Die Leute hier haben von kurz nach Sonnenaufgang bis kurz vor Sonnenuntergang die ganze Zeit irgendwelche Messen gefeiert, und da ich mich dabei den ganzen Tag auf den Dächern gesonnt habe, bin ich aufgetankt bis oben hin.« Er schaute zu mir hoch und fügte dann an: »Gargoyles beziehen zusätzliche Energie daraus, wenn in der Kirche eine Messe gefeiert wird. Diese ganze Gottesverehrung gibt Saft und Kraft. Ich könnte mich richtig dran gewöhnen hier zu sein mit all dem Sonnenschein und den vielen Kirchen. Hey, Owen, wirklich zu dumm, dass du nichts hast, womit du dich einstöpseln kannst, um deine Batterien neu aufzuladen – außer natürlich du zapfst die junge Lady hier an.« Dann schluckte er hörbar und sagte: »Äh, ’tschuldigung, so war das nicht gemeint.«
    Owen ignorierte Sams letzten Kommentar einfach und erwiderte ganz ruhig: »Wir verstecken uns hier im Nebengebäude. Gib uns ein Zeichen, wenn du etwas siehst.«
    Sam hockte sich auf das Vordach über dem Eingang zur Bank, und Owen und ich suchten Zuflucht im Eingang des Gebäudes daneben, das die Handelskammer beherbergte. Dort kamen wir uns zwangsläufig körperlich nahe, denn es war schwierig, sich zusammen mit jemandem in einen Eingang zu quetschen, ohne sich zu berühren. Ich war mir nicht sicher, was mir lieber war: dass unser schurkischer Zauberer sich beeilte oder dass er sich reichlich Zeit ließ. Owens Nähe war buchstäblich berauschend, und ich konnte an nichts anderes mehr denken, als dass er so dicht vor mir stand. Ich war gerade drauf und dran vorzuschlagen, dass ich ja in einem anderen Eingang warten könnte, damit ich nicht in Versuchung geriet, irgendetwas zu tun, was das fragile Gleichgewicht zwischen uns gefährden konnte, als Sam rief: »Ich glaube, er kommt.«
    Der Zauberer, den ich vorher schon gesehen hatte, bog um die Ecke. Er trug denselben selbstgemacht aussehenden