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Verirrt in den Zeiten

Verirrt in den Zeiten

Titel: Verirrt in den Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Levett
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einer Höhle des Eozän entdeckenund den rätselhaften Fund bestaunen? Oder ist es fortgerast
bis an den Anfang allen Anfangs, bis in den Urbeginn der
Erdentage, um in den Flammennebeln der Erschaffung zu
verdampfen?
    Unwiederbringlich fort, mein Zauberroß, der Bringer des
Unwiederbringlichen. Bis wieder einmal, in Äonen, ein anderer
vollbringt, was ich begann, ein anderer Prometheus dem
Himmel seinen Blitz, die Zeit der Ewigkeit entringt.
Vierunddreißigstes Kapitel
    A ll dies schreibe ich in meinem Häuschen, das ich mit
schmuckem Hausgerät aufs wohnlichste versehen habe. Was
man doch für ein paar Goldmünzen hier alles kaufen kann!
    Zu meinen Füßen, weit und friedlich, ruht die abendliche
Landschaft. Gleicht sie nicht einer Tafel, die wartet, daß ich
meine Zeichen in sie präge?
    Stille rings umher, nur fern am Horizonte zuckt ab und zu
ein matter Feuerschein und kündet Krieg.
    Ja, meine Zeichen will ich prägen, in diese Landschaft, in
diese Zeit.
    Wenn ich die Arbeitskraft der Handwerker geschickt ausnütze,
so kann ich in ein paar Wochen einige meiner Maschinen
fertigstellen.
    Aber womit zahlen? Soll ich Matthäus Büttgemeister ins
Vertrauen ziehen und ihn zum Partner meines Unternehmens
machen? Doch er wird derlei ja nie begreifen oder glauben.
    Sollte mir nicht mein Wissen um die Zukunft spielend ein
Vermögen schaffen? Von heute in vier Monaten, am 16. November,
wird die Schlacht bei Lützen sein, es wird der Schwedenkönig
fallen. Wenn ich an der Börse zu Nürnberg oder
Augsburg das Leben des Schwedenkönigs versichere, erwerbe
ich damit spielend ein Vermögen.
    Und welchen Zwecken sollen die Maschinen dienen, in
wessen Dienste soll ich meine Künste stellen?
    Wenn ich dem Schwedenkönig helfe, so führe ich die Geistesströmung
an ihr Ziel, welche wie keine andere das deutsche
Volk zur höchsten Kraftentfaltung treiben könnte.
Schon längst getrieben hätte, wäre ihr nicht der Fremdling auf
dem Throne, Karl der Fünfte, mit all seiner Macht begegnet.
Mit meiner Hilfe siegt die Reformation, und was der deutschen
Wesenheit zutiefst entspricht, wird zum Ereignis: ein
Volk und eine Kirche.
    Aber kommt es auch sicherlich zur deutschen Einheit?
Wird nicht der Schwede zum Lohn für seine Waffenhilfe
weite Länderstrecken fordern? Wird nicht gar der Schwedenkönig,
abermals ein Fremder, Deutschlands Thron besteigen?
    »Gustav Adolf muß ja doch bei Lützen fallen!« raunte störrisch
meine Schulbuchweisheit.
    Wenn ich dem Kaiser helfe, so siegt der weltumfassende
Gedanke des Imperiums. Der Kaiser wird Universalmonarch,
wird wiederum der Schiedsherr über die Christenheit des
Abendlandes. Doch es siegt auch wiederum der Rückschritt.
Und diesem Ferdinand, dem tückisch-dummen Pfaffenknechte,
soll ich helfen?
    Nein, nicht dem Kaiser, dem Wallenstein werde ich helfen.
Er wird einen maßvollen, gerechten Frieden schließen, dem
Hader der Religion ein Ende machen und das Kaisertum auf
die vereinten Kräfte beider Bekenntnisse zu stützen wissen.
    Doch plant er nicht Abfall? Wird er nicht zusammen mit
den kaum versöhnten Feinden gegen Habsburg ziehen, sich
selbst die Krone zu erringen? Wer kennt sie, die geheimnisvollen
Wege dieses mächtig-düstren Geistes?
    Warum mich überhaupt in fremde Dienste stellen? Wär’s
nicht weit lockender, einherzugehen auf der eignen Spur, mit
eignen Mitteln eigne Pläne auszuführen, ein Kriegsheer anzuwerben
und es auszurüsten mit neuen, nie geahnten Waffen,
die Länder zu durchrasen, Schrecken und Bewunderung
verbreitend, als Kriegsfürst ohnegleichen Land und Machtund schöne Frauen zu gewinnen, ein Königreich erobern! Ein
Königreich? Ein Kaisertum, die ganze Welt!
    Schon sehe ich mein Bild, von Konradin gemalt, wie etwa
Karl V. von Tizian, in glänzend reichverzierter Rüstung, einsam
in einer grandiosen Landschaft. Nein, nicht im Harnisch;
im Lederkoller und mit Reiterhut. Aber das paßt ja auch nicht
zu den Flugzeugen und Maschinengewehren, mit denen ich
den Krieg gewinnen werde. Am besten eine schlichte feldgraue
Uniform, ein Flugzeug über meinen Häupten kreisend
und im Hintergrunde eine Mörserbatterie . . .
    So schlugen die entfesselten Gedanken müßig ihre Purzelbäume
auf dem weiten Feld der Phantasie. Doch wozu dies alles?
Habe ich je danach verlangt, Macht über Menschen zu
erringen? Und was soll mir aller Glanz der Welt, was alle
schönen Frauen, wenn mir die eine, die ich liebe, ewig entrissen
bleibt?
Fünfunddreißigstes Kapitel
    W enn ich Konradin

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