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Verirrt in den Zeiten

Verirrt in den Zeiten

Titel: Verirrt in den Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Levett
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da großtue, das bringt ja jeder Handwerker
aus meiner Zeit zuwege!
    Aber jetzt sollen sie erst sehn und staunen! Ich zog den Monoplan
hervor, um mich darauf emporzuschwingen.
    Inzwischen hatte sich, unmerklich schnell, ein Unwetter
zusammengezogen. Daß es nach soviel dürren, heißen Tagen
endlich gewitterte, war sicherlich nicht zu verwundern. Aber
daß es mit solch ungeheuerer Schnelligkeit gekommen war
und daß es sich gerade hier, über meinem Häuschen, zusammenballte,
dies war befremdlich, ja beklemmend. Über meinem
Haupte starrten finster drohend Gewitterwolken wie Bastioneneiner Feindesfestung, während rings am Horizonte in
klarem Glanz die Sterne strahlten.
    Als ich nun auf der Maschine anflog, da erhob sich mit
einem Male pfeifend, pfauchend, tobend ein Windstoß von
solch ungeheuerer Gewalt, daß sich das Fahrzeug überschlug.
Ich selbst konnte mich noch durch einen tollkühnen Sprung
vom sichern Tode retten, doch die Maschine trieb führerlos
im Sturme weiter, bis sie mitten in der aufkreischenden
Menge zerschmettert niedersank.
    Die Arbeit vieler Wochen war zerstört!
    Ich biß die Zähne voll Erbitterung zusammen und ging ans
dritte, ans Telephon. Vergeblich rief mir Agathe zu: Laß ab,
höre auf die Warnung!
    Ich gab das Glockenzeichen und mußte fast lächeln: Das
hat sich der alte Graham Bell nicht träumen lassen, daß man
schon im Jahre 1632 telephoniert hat. Wie sich das drollig
ausnehmen wird, wenn ich ins Telephon hineinspreche: Eure
hochwohledelgeborene Gestrengigkeit! — wie ein Flieger im
Plumagehut und Stulpenstiefeln, wie ein Telegramm auf Pergament
und in gotischen Lettern.
    Doch als ich das Gespräch beginnen wollte, da zischte ein
furchtbarer Blitz hernieder, gerade in die Stange, die den
Draht trug, und fuhr den Draht entlang gleich einer Feuerschlange
und züngelte mich an aus Flammenrachen. Der
Draht zerschmolz, die bunten Lampen fielen ab, zerschellten.
Und nun folgte, blendend und betäubend, Blitz auf Blitz und
Schlag auf Schlag, und vom Orkan gepeitscht, prasselte
gleich einer Sintflut ein Wolkenbruch herab. Der Hügel, wo
mein Häuschen stand, war gleichsam eingehüllt in eine Donnerwolke
des Verderbens. Ungeheure Wut sprach aus dem
Toben der entfesselten Natur; wie ein Rachefeldzug, wie ein
Strafgericht.
    Unten stob die Menge auseinander in wilder Flucht, unter
Angstrufen, Gebeten, unter Flüchen. Gegen mich.
    Bei diesem Wetter war tatsächlich an eine Fortsetzung
nicht zu denken. Auch hatte höchstwahrscheinlich der einschlagendeBlitz das Telephon und seine Leitung vollständig
zerstört.
    Zum zweiten Male war ich heute wie durch ein Wunder
dem sichern Tod entronnen. Denn hätte ich nur einen Augenblick
später in den Apparat gesprochen, wäre ich sicherlich
vom Blitz getroffen worden.
    Jetzt fehlte nur noch, daß der Bürgermeister, der ja zur selben
Zeit am Apparate stand, durch den Blitz zu Schaden kam.
Dann kann ich einen Halsgerichtsprozeß erwarten!
    Während das Unwetter allmählich schwächer wurde —
gleichsam nach getaner Arbeit —, blickte ich hinaus zum Fenster
und murmelte: »Seltsam nur das eine. Daß es gerade über
diesem Hügel steht, trotz des Orkans. Sonst ist der Himmel
rein und klar.«
    Bleich, mühsam gefaßt, wendete ich mich zu Agathe. Sie
stand reglos, totenbleich und stumm. In ihren Augen war ein
unstet wildes Leuchten.
    Um sie zu beruhigen, suchte ich zu scherzen.
    »Ja, man macht’s dem zwanzigsten Jahrhundert nicht leicht
im siebzehnten. Da sind wir eingehüllt in Blitz und Donner
wie auf dem Berge Sinai . . . Wo es eine Offenbarung gibt, da
gibt es eben Blitz und Donner. Tut nichts. ›Wegen schlechten
Wetters wird die Vorstellung verschoben.‹
    Aber nun zu dir, Liebste. Ich habe mir diesen Tag zwar anders
vorgestellt. Ich hoffte, daß sie mich im Triumphe zum
Rathaus führen und dort feiern werden, wie noch nie ein
Mensch gefeiert wurde. Und mitten im Triumphe wollte ich
dir meine Werbung darbringen. Daß es anders kam, wirst du
mir nicht als Niederlage anrechnen, und mich soll es nicht beirren.
Die Schlacht ist abgebrochen, nicht verloren. Darum
bitte ich dich jetzt, unter Blitz und Donner: werde mein Weib,
vor aller Welt. Nichts soll uns mehr trennen!
    Ach, dir gelten ja alle meine Pläne, dich habe ich gesucht
durch drei Jahrhunderte.«
    Und in mächtig aufströmender Rührung sank ich ihr zu Füßen,
tausend Zärtlichkeiten auf den Lippen.
    Doch was war die Antwort? Sie stieß mich wild von sich
und wich zurück und fuhr mich an:

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