Verkehrt!
mit den Schultern.
– Was hast du denn mit dem Spiegel im Bett gemacht?
– Vielleicht wollte ich mich gestern noch einmal anschauen, bevor ich einschlafe.
– Vielleicht?
Ich gehe zum Kleiderschrank.
– Genau, du ziehst dich jetzt an. Ich werde mich fertig machen. Das hast du ja nicht mehr nötig. Du kannst dann schon mal frühstücken. So kommst du noch pünktlich in die Schule.
Ich greife mir ans Herz, – Ich hatte schon Angst.
Aber meine theatralische Geste sieht sie nicht, Mutti ist schon auf ihrem Weg aus meinem Zimmer.
Ich finde eine Jeans und ein T-Shirt. Als ich so loswill, merke ich, wie der Stoff über meine Brüste reibt. Es kitzelt. Für einen Moment schön, aber nicht den ganzen Morgen lang. T-Shirt wieder aus, kurz die Brüste befühlt, irre. Bloß keinen BH . Dann ziehe ich eine Art enges Unterhemd an, sitzt gut, sportlich, T-Shirt drüber, fertig.
32
Meine schlafverklebten Augenlider öffnen sich. Über mir unter der Zimmerdecke wehen armlange Staubfäden. Muffiger Geruch. Chaos auf dem Boden, Schränke ohne Türen. Ich hebe meine Hand, sehe seine Hand und lasse sie zurück auf die Matratze fallen. Es war kein Traum. Ich bin Frank. Schnodder-Frank. Ich ziehe die Nase hoch.
Lustvolles Gestöhne und Gegrunze von diesem Harry und seiner Gespielin dringt durch die geschlossenen Türen bis zu mir.
– Ist ja ekelig, flüstere ich.
Im Wechsel grunzen er und sein Luder.
Wie spät ist es überhaupt? Wenn ich den Morgen verschlafen habe … ich habe noch nie verschlafen. Warum hat mich hier niemand geweckt? Ich fahre hoch, schnappe mir das Handy von dem freigeräumten Stück Teppich. Ich dachte, ich hätte es gestellt? Ich bin mir sicher, ich habe den Wecker gestellt!
7 : 36 Uhr. Ich muss los! Rasch werfe ich mich in die steifen Klamotten. Zum Glück werde ich den Ausschlag, den ich für gewöhnlich von so einem versifften Zeug bekommen würde, nicht in meinen Körper mit zurücknehmen.
Ich stolpere über den Kram am Boden durch den Flur an ihren Orgasmen vorbei in die Küche. Ein Irrenhaus. Da bin ich einmal woanders, und schon höre ich, wie zwei Saurier Liebe machen. Mutti und Vati habe ich noch nie gehört. Haben die überhaupt noch Sex? Das muss doch irgendwann aufhören bei normalen Leuten. Mit dreißig doch spätestens.
Ich verstehe nicht, wie eine junge Studentin auf so einen Typen wie Harry fliegen kann. Andererseits höre ich wohl gerade, warum.
Ich lache kurz auf, schnappe mir eine Banane, einen Apfel und eine Orange und bin aus der Tür. Im Hausflur atme ich durch. Habe ich alle Schulsachen im Rucksack? Egal, bei Franks Leistung macht das auch nicht mehr viel. Außerdem muss ich mich wirklich beeilen, wenn ich noch pünktlich da sein möchte. Zum Glück hat er mir die Abkürzung gezeigt. Na, der weiß halt, dass er von Harry nichts zu erwarten hat.
Ich renne fast die Treppe runter, über den Hof, durch die Einfahrt.
Was ist, wenn Herr Berntchen uns den Versuch nicht wiederholen lässt? Mein Hals schnürt sich zu. Nein, ich schüttele den Kopf. An so etwas darf ich nicht denken.
33
Die Küche sieht aus wie bei
Star Wars
, oder in einem Krankenhaus. Das einzig Lebendige ist eine Schale mit Joghurt und Obst auf dem Tisch. Mutti scheint ziemlich schnell zu essen, wenn sie die noch schaffen will, bevor sie mich im Porsche zur Schule bringt.
Die Tür des silbernen Kühlschranks schwingt auf wie eine Tresortür. Voll! Der ist randvoll mit Fressalien. Die haben mehr im Kühlschrank als Helmut in seiner Trinkhalle. Frische Milch habe ich lange nicht mehr gehabt, dunklen Schinken am Stück noch nie. Mit der Schulter drücke ich die Tür wieder zu.
Der Schinken ist ganz schön hart, also probiere ich erst mal, ob er die Mühe wert ist.
Er ist es! Ich säbele mit dem Küchenmesser eine daumendicke Scheibe ab.
Für die Milch nehme ich die größte Tasse im Schrank. Auch das Brot finde ich, per Zufall. Schwarzbrot, aber okay, zwei Scheiben. Da lege ich den Schinken zwischen und gehe mit den Sachen durch das Wohnzimmer zur Terrasse.
– Wo ist Elizabeth? Wo ist Elizabeth?, keift der Vogel.
– Still!
– Du bist nicht Elizabeth. Du bist nicht Elizabeth.
– Gehst du mir auf den Zeiger.
Die Kacheln der Terrasse sind schon lauwarm von der Morgensonne, das Gras leicht feucht vom Tau. Ich setze mich neben den Pool. Ich wollte schon immer mal neben einem Pool frühstücken. Falsch. Wenn ich gewusst hätte, dass so etwas überhaupt geht, hätte ich das schon immer mal
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