Verlangen
Ernst sein.«
»Sie irren sich, Graf. Es ist mein voller Ernst«, sagte Victoria unnachgiebig.
Sie meinte, was sie sagte.
»Verdammt, Vicky. Das ist nicht gerade das, was ich mir vorgestellt hatte.«
Victoria wies seinen Protest zurück. »Donnerstag nacht wäre ein hervorragender Termin für unser nächstes Abenteuer. Gewiß sehen wir uns an dem Abend auf dem Ball bei den Kinsleys, so daß wir dann unsere Pläne besprechen können. In der Zwischenzeit-«
Victorias Anweisungen wurden von Cleo Nettleships Stimme unterbrochen. »Vicky, Liebste, seid ihr immer noch da draußen? Laß dich nicht allzu sehr von deiner Begeisterung hinreißen, sonst langweilst du den Grafen. Nicht jedem gefällt ein ausgedehnter Rundgang durch das Gewächshaus, weißt du.«
Lucas blickte sich um und entdeckte Lady Nettleship, die im
Türrahmen stand und ihn ansah. »Ich versichere Ihnen, Madam, daß ich mich noch nie zuvor so wenig gelangweilt habe.«
»Das ist auch sehr schwer in Victorias Gegenwart.«
Lucas sah Victorias zufriedene Miene und wandte sich erneut der goldgelben Blüte zu. »Bevor wir das Gewächshaus verlassen, Miss Huntington, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir den Namen dieser seltsamen Pflanze nennen könnten.«
»Strelitzia reginae. Die Leute waren hingerissen, als das erste Exemplar in Kew blühte. Tante Cleo und ich haben großes Glück, daß es uns gelungen ist, auch diese hier zum Blühen zu bringen. Sie ist wunderschön, nicht wahr?« sagte Victoria voller Begeisterung.
Lucas sah sie an. Sie sprühte vor Leben in ihrem goldgelben Kleid. Ihre Bernsteinaugen leuchteten. »Ja«, sagte er. »Wunderschön.«
5
Eine Woche später warf sich Victoria in ihr neues gelbbraunes Reitkleid, rückte die fesche kleine Kappe mit der gelben Feder in einem forschen Winkel über ein Auge und ließ sich vom Stallburschen ihr Lieblingspferd bringen. Es war fünf Uhr, und fast jedermann würde um diese Zeit im Park ausreiten.
Blieb nur zu hoffen, daß auch der Graf von Stonevale unterwegs war. Letzte Nacht, während der fünf Minuten, die sie mit ihm auf dem Fest bei den Bannerbrooks hatte sprechen können, hatte Victoria ihm strengste Anweisung erteilt, im Park zu erscheinen. Sie hatte ihm ein paar Dinge zu sagen.
Victoria hatte festgestellt, daß Lucas ihre Anweisungen zwar folgsam entgegenzunehmen schien, diese jedoch dann seinen eigenen Vorstellungen entsprechend auszuführen pflegte. Und jetzt reichte es.
Cleo ging gerade durch die Eingangshalle in die Bibliothek, als Victoria die Treppe hinunterkam. Sie warf ihrer Nichte einen leicht erstaunten Blick zu. »Du reitest heute nachmittag aus, meine Liebe?«
»Ja. Ich brauche ein bißchen Bewegung.« Victoria drückte ihrer Tante einen flüchtigen Kuß auf die Wange, bevor sie zur Tür eilte. »Mach dir keine Sorgen. Ich werde rechtzeitig zu Hause sein, um mich für Grimshaws Vortrag über Verbesserungen der Landwirtschaft in Yorkshire zurecht zu machen.«
»Hervorragend.« Cleo lächelte milde. »Ich freue mich sehr darauf, genau wie Lucas.«
Victoria drehte sich auf dem Absatz um. »Verzeihung?«
»Ich sagte lediglich, daß ich mich sehr auf Grimshaws Vortrag freue.«
»Du sagtest, auch Lucas freue sich darauf.«
»O ja. Das tut er auch. Er hat es mir selbst gesagt. Nun, das ist nur natürlich, nicht wahr? Seine Güter liegen schließlich irgendwo in Yorkshire, glaube ich. Ich habe ihn am Mittwoch eingeladen, als ich ihm meine neuen Dahlien gezeigt habe. Ich muß sagen, der Graf scheint echtes Interesse an Gartenbau und ähnlichen Dingen zu entwickeln«, bemerkte Cleo.
Ja, der Graf schien echtes Interesse an diesen Dingen zu entwickeln, dachte Victoria grimmig. Allmählich hatte sie das Gefühl, so faszinierende Themen wie Düngemethoden oder Fruchtwechsel liefen ihr den Rang ab.
Dieser Mann, der noch eine Woche zuvor wild entschlossen schien, sie zu verführen, hatte in kurzer Zeit einen erstaunlichen Wandel vollzogen. Victoria wußte nicht, ob sie deswegen erbost oder erleichtert sein sollte.
Ein paar Minuten später erreichte sie in rasantem Trab den Park, diskret gefolgt von ihrem Burschen auf einem Pony. Die öffentlichen Wege waren überfüllt mit elegant gekleideten Reitern, Karriolen und kleinen, offenen Kutschen. Zu dieser Tageszeit begab sich die bessere Gesellschaft in den Park, um zu sehen und gesehen zu werden, nicht des Reitvergnügens oder Sports wegen. Das tat man eher in den frühen Morgenstunden.
Victoria lächelte automatisch ihren
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