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Verlangen

Titel: Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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Gesellschaft des Nachts von einer Feier zur nächsten. Die Straßen würden sich erst im Morgengrauen leeren. Statt der eleganten Gefährte wären dann nur noch die Karren der Bauern und die Milchwagen zu sehen.
    Zwanzig Minuten später hielt die Kutsche an. Victoria spähte aufgeregt hinaus und sah ein schäbiges, verfallenes Gebäude, über dessen Eingang ein verwittertes Schild im Wind schaukelte.
    »Das Grüne Schwein?«
    »Der Name klingt nicht allzu vielversprechend, nicht wahr?«
    »Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen. Jetzt werde ich meine Meinung gewiß nicht mehr ändern.«
    »Irgendwie hatte ich das auch nicht erwartet. Nun denn, auf geht’s, wenn Sie so wild entschlossen sind.«
    Wenn auf das Äußere die Bezeichnung schäbig zutraf, so konnte man das Interieur wohl nur als erbärmlich bezeichnen. Die gesamte Einrichtung schien irgendwann einmal in Rot gestaltet worden zu sein, doch jahrelange Abnutzung hatte die roten Samtvorhänge und Teppiche rußig dunkel verfärbt und zahllose Flecken verursacht. Die lodernde Flamme des Ofens tauchte die gesamte Szene in dämonisches Licht und ließ den Raum höllengleich erglühen.
    Victoria sah sich fasziniert um, während sie Lucas an die Bar folgte. Nie zuvor hatte sie etwas Ähnliches gesehen. Der dunkle Raum wimmelte von Männern aller gesellschaftlichen Schichten, die der nächsten Würfelrunde oder dem nächsten Kartenspiel entgegenfieberten. Dandys, Kutscher und professionelle Boxer drängten sich um die Tische. Das Klicken der Würfel, gefolgt von Triumphgeschrei oder Seufzern der Verzweiflung verursachten beachtlichen Lärm. Besonders in der Nähe der grünen, flanellbespannten Tische, wo sich die Spieler in Dreier- oder Viererreihen drängten, war die Luft erfüllt mit Spannung, nervöser Aufregung und Männerschweiß. Barmädchen schoben sich durch das Gedränge und verführten zögerliche Spieler mit Bier und üppigen Brüsten zu einer neuen Runde.
    Lucas drückte Victoria einen Humpen in die Hand. »Tarnung«, flüsterte er. »Es sähe seltsam aus, wenn Sie nicht trinken. Doch seien Sie vorsichtig. Das Grüne Schwein ist berüchtigt für die Stärke seines Bieres.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Lucas. Ich werde mich nicht derart betrinken, daß Sie mich hinaustragen müssen«, versicherte ihm Victoria.
    »Gütiger Gott, das will ich doch hoffen.«
    Victoria beobachtete ihre Umgebung und nippte an ihrem Bier. Ihr Blick fiel auf einen traurig wirkenden Mann, der von einer netten Serviererin die Treppe hinaufgeführt wurde. Als er kurze Zeit später wieder hinunter kam, war seine Traurigkeit verschwunden, und er schien erpicht darauf zu sein, an den Spieltisch zurückzukehren.
    Victoria war fasziniert. »Es ist erstaunlich, Lucas. Wirklich -einzigartig. Völlig anders als alles, was ich bisher gesehen habe.«
    Lucas sah sich die Menge an. »Ich bin mir da nicht so sicher. Es hat gewisse Ähnlichkeit mit dem Gedränge bei den Bannerbrooks letzte Nacht, finden Sie nicht?«
    Vor Lachen verschluckte sich Victoria an ihrem Bier. »Ich sage Ihnen, wenn Lady Bannerbrook diese Bemerkung hören könnte, würde es Wochen dauern, ehe Sie nochmals eine Einladung von ihr erhielten.«
    »Wenn Lady Bannerbrook wüßte, wo Sie sich heute nacht herumtreiben, würden Sie bis zum jüngsten Tag auf eine erneute Einladung von ihr warten. Darüber hinaus würde Sie wahrscheinlich niemand aus der gesamten besseren Gesellschaft jemals wieder einladen.«
    »Versuchen Sie jetzt nicht, mich zu erschrecken, Lucas. Ich habe gerade so viel Spaß. Das hier ist wesentlich besser als das Restaurant und tausendmal interessanter als Vauxhall. Sagen Sie, weshalb gehen diese Männer pausenlos mit den Barmädchen die Treppe hinauf?«
    Lucas sah kurz hinüber zu der engen Treppe am Ende des Raumes. »Das sind Verlierer, die sich trösten und zu einem neuen Spiel ermutigen lassen.«
    »Trösten?«
    »Oben gibt es ein paar kleine Schlafzimmer, Vicky.«
    Sie blinzelte und spürte, wie die Röte in ihr aufstieg. »Ich verstehe.« Das nächste Paar, das die Treppe hinaufstieg, besah sie sich etwas genauer. Der Mann torkelte betrunken und mußte von seiner Begleiterin gestützt werden. Victoria runzelte die Stirn. »Ich hoffe, Sie hatten noch nie die Gelegenheit, diese Treppe hinaufzugehen, Lucas.«
    Er grinste flüchtig. »Niemals, ich gebe Ihnen mein Wort. Ich habe Ihnen bereits erzählt, daß ich äußerst wählerisch bin. Und außerdem ist die Treppe vor allem für Verlierer.«
    »Und

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