Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)

Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)

Titel: Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
Vom Netzwerk:
Streckenprofil auf ihrem eigenen Laptop aufgerufen hat, scheint sie sich doch darüber im Klaren zu sein, dass sie über Beweise verfügt, die sie von den Vorwürfen reinwaschen könnten. Wieso verteidigt sie sich nicht? Wieso kämpft sie nicht?
    Es muss einen Grund dafür geben, denkt Henning. Und das Einzige, was für ihn einen Sinn ergibt, ist, dass sie jemanden oder irgendetwas schützen will. Sich selbst, möglicherweise, vor etwas anderem, das die Medien ausgraben könnten. Vielleicht war das auch der Grund für den Betreffenden, so zu handeln, wie er es getan hat. Er weiß, was sie weiß, kennt ihr Geheimnis und geht davon aus, dass sie nicht zurückschlagen wird, weil dann eine ganz andere Wahrheit ans Licht kommt.
    Die Frage ist also: Wer weiß etwas? Und was zum Teufel hatte Trine in Dänemark zu suchen?

MITTWOCH
    57
    Henning schläft gegen drei Uhr halb über dem Küchentisch liegend ein, wacht aber schon dreieinhalb Stunden später wieder auf und kocht sich einen Kaffee. Dann setzt er sich mit dem Ausdruck der Kopenhagen-Karte wieder an den Tisch.
    Wenn die dicken Striche, die er auf Trines Laptop-Bildschirm gesehen hat, mit den Linien übereinstimmen, die er selbst auf den Ausdruck übertragen hat, würde das bedeuten, dass Trines Joggingrunde am Abend des 9. Oktober in der Nørre Søgade begann. Eine lange, breite Straße, die am Peblinge-See entlangführt.
    Henning fährt seinen PC hoch, lädt die Karte erneut und zoomt in den entsprechenden Bereich der Stadt, damit er mehr Details erkennen kann. Brücken, Parks, Gebäude. Was hat Trine dort gemacht?, fragt er sich wieder und wieder. Abgesehen davon, noch spätabends joggen zu gehen?
    Man braucht nicht lang von Kristiansand nach Kopenhagen. Der Flug von Kjevik nach Kastrup dauert nicht mehr als eine Dreiviertelstunde, eher weniger. Sie konnte am Großteil des Parteitags teilgenommen haben, bevor sie sich abgesetzt hat.
    Trotzdem ist es merkwürdig, dass niemand sie gesehen hat.
    Außer sie hat sich klammheimlich aus dem Staub gemacht. Aber warum sollte sie das tun? Warum durfte niemand wissen, was sie vorhatte?
    Sei’s drum. Henning sucht nach interessanten Details in der Nørre Søgade und deren Umgebung. Eine kurze Recherche ergibt zunächst lediglich ein Hotel in der Straße. King Arthur , vier Sterne. Bestimmt hat sie dort gewohnt. Gleich nebenan liegt ein Spa. Deswegen ist sie aber wohl kaum nach Kopenhagen geflogen. Ein paar Häuser weiter steht eine katholisch-apostolische Kirche. Nein. Ein Dentallabor namens Belldent? Wohl kaum.
    Dann sieht er es.
    Stork-Klinik.
    Eine Fertilitätsklinik.
    Trine hat versucht, schwanger zu werden. Henning erinnert sich an einen Artikel in einer Zeitschrift bei seiner Mutter, in dem Trine stellvertretend für die zahllosen, unfreiwillig kinderlosen Frauen gesprochen hat. Er weiß, dass immer mehr norwegische Frauen nach Dänemark reisen, um sich dort ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Natürlich hängt man so etwas nicht an die große Glocke. Trine kann anonym nach Dänemark gefahren sein. Der Eingriff hat vermutlich am Tag nach dem Parteitag stattgefunden. Und am Abend zuvor ist sie noch joggen gegangen, um die Anspannung in ihrem Körper zu lösen.
    Trotzdem stört ihn etwas. Warum sollte jemand, der weiß, was sie in Dänemark getan hat, ein Jahr später eine derartige Schmutzkampagne gegen sie lostreten? Warum so spät? Und was ist so schlimm daran, nach Dänemark zu reisen, um Mutter zu werden?
    Henning sieht in alldem keinen Sinn. Zumal der Besuch in Dänemark nicht von Erfolg gekrönt gewesen zu sein scheint, da Trine schließlich noch immer kinderlos ist. Wobei auch das nicht gerade ungewöhnlich ist. Fertilitätskliniken geben keine Erfolgsgarantie.
    Henning fragt sich, wer am meisten davon profitieren würde, wenn Trine aus der Politik verschwände. Da kommen sicher viele in Betracht. Ein Feind in der Partei, im Ministerium oder irgendjemand, der sie ganz einfach nicht mag. Wer zieht hier die Fäden?, fragt sich Henning. Irgendjemand muss seine Schwester zutiefst verabscheuen.
    Aber wer?
    58
    Nachdem Bjarne über sein Gespräch mit Emilie Blomvik berichtet hat, ist seine Theorie, dass sie es nur mit einem Täter zu tun haben, von »möglich« zu »höchstwahrscheinlich« aufgewertet worden. Sogar Pia Nøkleby musste einräumen, dass die Übereinstimmungen nicht länger ignoriert werden können, woraufhin Sondermaßnahmen eingeleitet worden sind. Die Liste von Erna Pedersens ehemaligen Schülern wird

Weitere Kostenlose Bücher