Verleumdet: Ein Henning-Juul-Roman (German Edition)
ein, zwei Jährchen älter sein. So dachten die meisten jedenfalls.
Und Erna Pedersen hatte viele Klassen gehabt.
Wir müssen alle Klassen durchgehen, in denen sie Schüler hatte. Bis zu drei Jahrgänge über der Klasse von Emilie Blomvik und Johanne Klingenberg, denkt Bjarne.
Er steht auf und streckt Emilie Blomvik die Hand entgegen. »Vielen, vielen Dank. Sie waren uns eine große Hilfe.«
59
Trines Beine sind nach der langen gestrigen Tour an der Küste immer noch steif und müde. Und auch ihr Kopf ist irgendwie benommen. In den letzten Tagen hat sie nicht viel zu essen oder zu trinken bekommen. Jedenfalls nichts Anständiges.
Aber auch wenn sie noch immer keine Ahnung hat, was in den nächsten Tagen passieren wird, spürt sie, dass ihr der Aufenthalt hier draußen gutgetan hat. Das Meer, der Wind, die Schären. Das Gefühl, klein zu sein. Sie spürt, dass sie Lust hat, wieder hierher zurückzukommen, so schnell es geht. Aber Pål Fredrik wird sich wohl nicht dazu überreden lassen. Sie weiß nicht einmal, ob er nach dem, was in den nächsten Tagen geschehen wird, überhaupt noch an ihrer Seite sein wird. Vielleicht ist sie deshalb so antriebslos und ängstlich.
Trine schließt die Hütte ab, hängt den Schlüssel unter die Bank vor dem gelben Raum, sagt still danke schön und verabschiedet sich von dem Ort. Dann geht sie den kleinen Hügel hinauf und ruft Katarina Hatlem an, die beim ersten Klingeln ans Telefon geht.
»Hallo, ich bin’s«, sagt Trine. »Ich komme heim.«
Die Kommunikationschefin klingt erleichtert, aber Trine rudert sofort zurück und sagt, dass sie sich fürs Erste nicht im Büro zeigen wird. Vermutlich erst morgen.
»Okay.«
»Aber du kannst schon mal ankündigen, dass ich eine Stellungnahme abgeben werde. Das muss ich ja wohl, das ist mir klar. Ich weiß nur noch nicht genau, wann ich so weit bin.«
»Wunderbar, Trine. Und was willst du sagen?«
Trine dreht sich zum Meer. Vor ihr liegen der Leuchtturm von Tvistein und das endlose blaue Meer.
»Mal sehen. Was immer am wenigsten Schaden anrichtet.«
Bei der Morgenbesprechung reagiert Heidi Kjus verärgert, weil Henning sich nicht ansatzweise über den Bislett-Mord schlau gemacht hat, sodass sie, was sie umso mehr verärgert, NTB zitieren muss. Henning bekommt den Auftrag, sich darum zu kümmern, wozu er aber jetzt, da er dem Mysterium um seine Schwester näher gekommen ist, wenig Lust hat.
Er denkt an das Fax, das vor ein paar Tagen an sämtliche Redaktionen des Landes geschickt wurde. Der Todesstoß für Trine. Es musste doch möglich sein, die Herkunft dieses Faxes zu ermitteln?
Hennings Blick wandert zum Desk, an dem der Nachrichtenchef Kåre Hjeltland enthusiastisch in die Hände klatscht. »Juul-Osmundsen hat ein Lebenszeichen von sich gegeben!«, ruft er und dreht sich zu einem der Nebentische. »Schnell! Wir müssen eine Kurzversion rausgeben. Zwei Zeilen maximal, ganz oben in der ersten Zeile!«
Sein Kollege nickt.
»Tuva, was haben wir in der Warteschleife?«
Henning reckt den Hals und sieht den Kopf einer jungen Frau, die sich über einen Bildschirm beugt. Henning blockt ihre Stimme ab und schüttelt den Kopf. Alles ist wie immer, denkt er. Nichts hat sich geändert.
Wäre es nicht so aussichtslos wie ein Kampf gegen Windmühlen, hätte er die VG -Journalisten direkt gefragt, wer ihnen den Mist geliefert hat, den sie so glückselig unkritisch auf der Titelseite gebracht haben. Aber kein Journalist gibt seine Quellen preis und ganz sicher nicht gegenüber Konkurrenten. Ebenso wenig würde eine Zeitung zugeben, als Sprachrohr benutzt worden zu sein, um einen Minister zu stürzen.
Henning wendet sich ab und macht sich auf die Suche nach dem famosen Fax, das irgendwo in dem Papierstapel auf seinem Schreibtisch stecken muss. Als er es gefunden hat, fällt ihm als Erstes die Nummer oben auf der Seite auf. Er braucht nicht lange, um herauszufinden, dass sie zu einem Internetcafé im Niels Lauchs vei in Eiksmarka gehört.
Er ruft dort an.
»Hallo, eine Frage bitte: Muss man sich bei Ihnen ausweisen, wenn man einen Ihrer Rechner benutzt?«
»Man muss einen Namen und eine Handynummer angeben, die wir in unserer Datenbank speichern, ja. Falls das FBI herausfindet, dass der amerikanische Präsident über eines unserer Geräte bedroht wurde, bin ich schließlich dazu verpflichtet, den Namen preiszugeben.«
»Wenn ich für das FBI arbeiten würde, könnten Sie mir also sagen, wer Montagabend kurz nach 22 Uhr bei Ihnen
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