Verliebt in eine Diebin - Roman
Tag, Ma’am, das Vergnügen ist ganz meinerseits«, erwiderte er, ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle, und wandte sich zu Nadine. »Ich muss zur Arbeit. Aber ich rufe dich später an.« Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und nickte beim Hinausgehen Gwen, Tilda und Davy höflich zu. Ethan ignorierte er.
»Der Junge taugt nichts«, meinte Davy.
»Oh, bitte«, protestierte Nadine, »er hat ausgezeichnete Manieren.«
»Was habt ihr denn im Möbelladen seines Vaters gemacht?«, fragte Tilda.
»Da hat Davy uns hingeschickt. Wir sollten uns die Preise für handbemalte Möbel anschauen. Und der Laden ist der größte in der ganzen Gegend.« Bei dieser Erinnerung lächelte Nadine versonnen.
»Steck lieber Tränengas ein«, riet Davy.
»Versteh mich nicht falsch, wenn ich das sage«, mischte sich Ethan ein, »Kyle sieht zwar nett aus, aber er ist ein Teufel.«
»Was?«, rief Tilda verblüfft.
»Broadcast News«, klärte sie Davy auf. »Wo bleiben eure Filmkenntnisse?«
»Großer Gott«, stöhnte Nadine und ergriff ein Kratzeisen, »ihr Typen seid noch schlimmer als mein Dad.« Erbost stürmte sie zur Tür hinaus, setzte sich vor die Fassade der Galerie und begann die Mauer abzuschaben.
»Trotzdem haben wir Recht«, behauptete Ethan und nahm sich ebenfalls ein Kratzeisen.
»Davy und Ethan - wisst ihr zwei irgendwas über den Jungen?« Tilda war genauso verärgert wie Nadine. »Auf mich wirkt er eher langweilig.«
»Nur Fassade«, sagte Davy.
»Er ist böse«, erklärte Ethan.
»Und ihr beide seid verrückt«, fauchte sie und eilte hinaus, um ihrer Nichte zu helfen.
»Glaubst du ihnen?«, wollte Nadine wissen, als Tilda sich neben sie kauerte.
»Meistens haben sie Recht.«
»Ich weiß. Aber sein Dad betreibt diesen riesigen Möbelladen. Und Kyle weiß, was er tut, der hängt nicht bloß rum.«
»Triffst du dich mit ihm nur wegen des Ladens?«
»Immerhin könnte er mir eine Menge beibringen. Ich überlege, ob ich in die Einzelhandelsbranche einsteigen soll.«
»Mit einem Jungen zu gehen, weil man Karriere machen will - das ist keine gute Idee, Nadine.«
»Gehst du etwa nicht mit Davy, um deine Bilder zurückzuholen?«
»Ich gehe nicht mit Davy.«
»Aber du schläfst mit ihm.«
»Nur im buchstäblichen Sinn. Wir sind kein Liebespaar.«
»Warum nicht?«, fragte Nadine und starrte Davy durch die Schaufensterscheibe an. Tilda folgte ihrem Blick und beobachtete, wie er in einer Zeitung etwas las, das Ethan ihm zeigte.
So selbstsicher sah er aus, so stark und attraktiv - typisch FBI… »Ich habe meine Gründe.«
Davy kam mit Ethan heraus und gab ihr die Zeitung.
»Die wollte ich gerade drinnen am Boden ausbreiten, damit wir die Wände streichen können«, sagte der Junge. »Und da fiel mir dieser Name auf.«
Ethan zeigte auf eine Anzeige in der Rubrik »Gesuchtes«. »Scarlet Hodge«, war da in Großbuchstaben zu lesen und Tilda stockte der Atem. »Gesucht - alle Gemälde von Scarlet Hodge«, stand darunter und daneben eine Telefonnummer.
Erschrocken blickte sie zu Davy auf. »Mason?«, würgte sie hervor.
»Oder Clea.« Er nahm ihr die Zeitung aus der Hand und inspizierte den oberen Rand. »Am Mittwoch erschienen. Zum Glück liest Colby keine Annoncen.«
»Hoffentlich auch sonst niemand. Oder die Leute, die uns die Bilder verkauft haben, werden wirklich wütend...« Sie versuchte Luft in ihre Lungen zu saugen. Aber sie waren zu verkrampft, und sie tastete in ihren Hosentaschen nach dem Inhalationsgerät - ohne Erfolg. Mühsam behalf sie sich mit flachen Atemzügen.
Davy faltete die Zeitung zusammen und gab sie Ethan zurück. »Das Gefühl kenne ich. Auf mich ist immer irgendjemand wütend.« Er zog Tilda auf die Beine und schob sie zur Tür. »Hol deinen Inhalator, bevor du zusammenklappst. Keine Bange, das schaffen wir schon.«
»Aber...«, begann sie und verstummte. Wir, hatte er gesagt.
»Vor dir steht der Wundermann«, verkündete er und zeigte auf seine Brust. »Geh rein und atme, wir haben zu tun.«
»Okay.« Tilda gehorchte, zufrieden und getröstet.
Am nächsten Tag war die Fassade abgeschabt und konnte gestrichen werden. Innen drin wirkte es dank eines ersten Anstrichs nicht mehr wie in einer billigen Absteige, und Davy empfand nicht nur Stolz, sondern auch wachsende Vorfreude. Für einen talentierten Gauner war der Laden eine Goldmine. Und nach allem, was Gwen ihm über die Kunstbranche erzählt hatte, boten sich sogar legale Möglichkeiten, ohne Risiko. Wie Pokerpartien mit
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