Verliebt, verlobt, verflucht
gewöhnungsbedürftig, weil der neue Troll sich noch etwas unsicher durch die Straßen bewegte, doch Matschbirnes Rutenhiebe führten schließlich zu einem einigermaßen gleichmäßigen und angenehmen Tempo.
»Meinst du, sie geht mit dem Elb nur aus, um Informationen zu kriegen, oder ist sie in ihn verliebt?«, fragte Nilo zaghaft.
Diese spürte ihr Herz in die Hose rutschen. Sie erinnerte sich an Gingins Reaktion, als sie den Elb das erste Mal gesehen hatte. Aber sie konnte doch Nilo nicht die grausame Wahrheit sagen? Sie beschloss, ein wenig zu flunkern. »Ich denke, sie ist aus Neugierde mit ihm zum Rosenteich gefahren.«
»Das glaube ich auch«, pflichtete Nilo ihr erleichtert bei. »Was will sie schon von diesem eingebildeten Elb? Allerdings hat sie sich für ihn ganz schön in Schale geworfen.«
Natalie konnte sich nicht länger beherrschen. Sie knuffte ihn freundschaftlich in die Seite. »Gingin gefällt dir wohl, nicht wahr?«
Nilo grinste ertappt und nestelte verlegen an seiner Schirmkappe. »Vielleicht ein bisschen ...«
Natalie lachte. »Das war auch nicht zu übersehen. Aber sei unbesorgt, Gingin hat nichts davon bemerkt.«
»Da bin ich aber froh«, sagte Nilo erleichtert. »Ich glaube nicht, dass ich bei ihr landen kann, schließlich bin ich ein Niemand. Ein Junge, der Zeitungen und Schmuggelwaren verkauft, kann einem Mädchen nichts bieten.« Sein Gesicht verdüsterte sich.
»Denk nicht so pessimistisch, wahre Liebe hat nichts mit Geld oder Ansehen zu tun.«
»Doch, das glaube ich schon«, widersprach ihr Nilo. »Aber irgendwann werde ich steinreich und gründe meinen eigenen Zeitungsverlag.« Er reckte das Kinn in die Höhe und Natalie lachte.
»Du hast ja bescheidene Pläne! Aber du hast Recht, lass dich nicht unterkriegen, Nilo«, sagte sie und bemerkte, dass der Wagen in die Kriechfußstraße fuhr. Sie verabschiedete sich herzlich von Nilo und winkte dem Trollwagen nach.
16. Kapitel
Spieglein, Spieglein an der Wand
Natalie atmete tief ein und aus, sie verspürte ein nervöses Kribbeln. Als sie zu den Fenstern ihrer Wohnung hinaufsah, erblickte sie Schweinsnase, der ihr schon freudig winkte. Hinter ihm erkannte sie die schemenhafte Gestalt ihrer Mutter. Natalie hatte einen Kloß im Hals. Sie betrat das Treppenhaus und erklomm die Stufen langsamer als sonst, und als sie den letzten Treppenabsatz erreichte, stand Schweinsnase bereits im Türspalt und begrüßten sie grunzend.
»Mapa im Salon«, quiekte er.
Natalie deponierte die Nussfasertasche mit den Büchern sowie ihre Drachenledertasche unter der Wendeltreppe zu ihrem Turmzimmer und folgte dem watschelnden Minitroll in den Salon. Dort saßen ihre Eltern bereits auf einem Sofa und sahen sie erwartungsvoll an. Ihr entging nicht, dass beide sehr nervös wirkten. Luca fuhr sich dauernd durch die Haare und Maria rieb sich ständig über die Fingerknöchel.
»Guten Abend Spatz, setz dich zu uns«, bat sie.
»Wir haben mit dir zu reden, wie du weißt«, sagte Luca etwas unbeholfen und ungewohnt förmlich.
»Keine Angst, ich fresse euch nicht, ich will nur wissen, warum ihr mir die Ordensmitgliedschaft so lange verschwiegen habt und was es damit auf sich hat«, schlug Natalie versöhnliche Töne an und machte es sich auf dem Sofa gemütlich.
Ihre Eltern wirkten erleichtert und wagten ein Lächeln.
Schweinsnase wuselte herbei: »Trinken?«
»Oh, ich hätte gerne eine heiße Himbeerschokolade mit Streuseln und Schlagsahne.«
Normalerweise hätten ihre Eltern sie jetzt getadelt und sie ermahnt, vor dem Abendessen keine Süßigkeiten zu essen. Doch einen kurzen Seitenblick auf ihre Eltern haschend stellte Natalie zufrieden fest, dass sie keine Predigt zu erwarten hatte.
»Warum also durfte ich es nicht erfahren?«, begann Natalie das Gespräch.
»Weißt du, Natalie«, begann Maria »ich wollte dir eine unbeschwerte Kindheit und Jugend ermöglichen, wie ich sie nie erleben durfte. Stell dir vor, du darfst keiner Sandkastenfreundin, keiner Klassenkameradin und keinem anderen Menschen von dem Geheimnis der Sefloradas erzählen. Man wird gezwungen, ein Geflecht aus Lügen aufzubauen und hat das Gefühl, keine echten Freundschaften zu haben. Dieses Gefühl wollte ich dir ersparen.«
»Gut, das verstehe ich ja irgendwie. Aber wann hättet ihr es mir dann gebeichtet? Hättet ihr es mir am Ende etwa nie erzählt?«
Luca räusperte sich. »Spätestens an deinem achtzehnten Geburtstag hättest du davon erfahren. Nach den Regeln des Ordens sind
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