Verliebt, Verrückt, Verheiratet: Roman
genug getan, um müde zu sein.« Er steckte voll unverbrauchter Energie und wusste kaum noch, wohin mit sich. Sie zuckte zusammen, als er ihre Handgelenke packte und sie aus ihrem Sessel hochriss. »Komm schon, ich habe seit zwei Tagen nicht trainiert und wenn ich mich nicht gleich bewege, werde ich verrückt.«
Sie entzog ihm ihre Hände. »Trainieren kannst du doch jetzt auch, niemand hält dich davon ab.«
»Ich muss gleich zu meiner Verabredung mit dem Fanclub auf der Veranda. Du brauchst auch Bewegung, also sei jetzt nicht so dickköpfig. Und du bleibst, wo du bist, Godzilla.«
Er schob Molly sanft nach draußen und drückte einem jaulenden Ruh die Tür fest vor der Nase zu.
Molly machte nur einen halbherzigen Versuch, sich zu sträuben, obwohl sie wirklich erschöpft war und es sicher keine gute Idee war, mit ihm allein zu sein. »Ich habe aber keine Lust, und ich will meinen Hund.«
»Egal, was ich sage, du wirst immer das Gegenteil behaupten.« Er zerrte sie hinter sich her zum Seeweg.
»Warum sollte ich zu meinem Kidnapper auch noch nett sein?«
»Für jemanden, der entführt wurde, hast du bislang aber wenig Fluchtversuche unternommen.«
»Warum auch, mir gefällt es hier.«
Er warf einen Blick auf die Veranda, auf der sie sich gemütlich eingerichtet hatte. »Bald wirst du einen Innenarchitekten bestellen.«
»Wir reichen Erbinnen brauchen eben unseren Komfort, auch wenn es nur für ein paar Tage ist.«
»Sieht ganz danach aus.«
Als sie in die Nähe des Sees kamen, wurde der Weg etwas breiter und schlängelte sich ein Stück am Ufer entlang, bevor er nach einer scharfen Biegung zu einem Felsvorsprung hin anstieg. Kevin wies in die entgegengesetzte Richtung. »Da drüben gibt es ein paar Feuchtgebiete, hinter den Ferienhäusern liegt eine Wiese, durch die ein kleiner Bach fließt.«
»Bobolink-Wiese.«
»Was?«
»Es ist eine - ach nichts.« Es war nur der Name einer Wiese am Rande vom Nachtigallenwald.
»Von dem Felsvorsprung da oben hat man eine gute Aussicht auf den Ort.«
Sie warf einen Blick auf den steilen Pfad. »Ich bin zu schlapp, um da hoch zu klettern.«
»Wir müssen ja nicht bis ganz nach oben gehen.«
Sie glaubte ihm kein Wort. Doch ihre Beine fühlten sich nicht mehr so wackelig an wie gestern, und sie folgte ihm widerstandslos. »Wovon leben die Leute hier eigentlich?«
»Hauptsächlich vom Tourismus. Der See ist ein Anglerparadies, aber glücklicherweise so entlegen, dass es hier nicht so überfüllt ist wie an anderen Orten. Es gibt einen akzeptablen Golfplatz und ein paar der schönsten Wanderwege des Staates.«
»Man kann nur froh sein, dass sie nicht alles mit einer Riesenferienanlage kaputt gemacht haben.«
Der Pfad begann sich den Hügel hinaufzuschlängeln, und sie brauchte ihre ganze Puste für den Aufstieg. Es überraschte sie nicht, dass er sie bald weit hinter sich zurückließ. Vielmehr erstaunte es sie, dass sie ihm dennoch folgte.
Er war schon längst oben und rief zu ihr herunter. »Werbung für ein Fitnessstudio kann man mit dir nicht gerade machen.«
»Dabei habe ich nur ein paar Stunden gefehlt«, japste sie.
»Soll ich dir eine Sauerstoffflasche besorgen?«
Sie war so außer Atem, dass sie nicht mehr antworten konnte.
Der Ausblick war tatsächlich fantastisch, und sie war froh, nicht aufgegeben zu haben. Im schwindenden Tageslicht erkannte man noch den Ort am anderen Ende des Sees, alles wirkte idyllisch und ländlich. Kleine Boote schaukelten im Hafen, ein Kirchturm ragte über die Bäume in den in Regenbogenbonbonfarben getauchten Himmel.
Kevin zeigte auf eine Ansammlung luxuriöser Landhäuser in der Nähe der Felsen. »Das sind alles Ferienhäuser. Als ich
das letzte Mal hier war, war dort noch alles Wald. Aber ansonsten hat sich nichts verändert.«
Sie genoss den weiten Ausblick. »Wie schön es ist.«
»Wenn du das sagst.« Er trat näher an den Rand des Felsens und sah hinunter aufs Wasser. »Von hier oben bin ich im Sommer oft in den See gesprungen.«
»Ein bisschen gefährlich für ein Kind, findest du nicht?«
»Deshalb machte es ja gerade Spaß.«
»Deine Eltern müssen wirklich eine Engelsgeduld gehabt haben. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie viel graue Haare du -« Sie brach ab. Er war dabei seine Schuhe abzustreifen und hörte ihr schon nicht mehr zu.
Instinktiv machte sie einen Schritt nach vorn, aber sie kam zu spät. Er war bereits in die Tiefe gesprungen, voll bekleidet.
Sie hielt den Atem an und blickte über
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