Verlockende Angst
immer noch nicht entschieden, was ich am nächsten Tag anziehen sollte, dabei war das echt wichtig. Aiden kannte mich nur in langweiligen Sportsachen. Ich brauchte etwas Nettes, das ruhig ein bisschen sexy aussehen durfte. Aber ich wollte nicht übertreiben. Der gesamte Inhalt meines Kleiderschranks lag auf dem Bett. Und natürlich hatte ich vorhin einige von Seths… ähem… intimeren Körperteilen gesehen. Daher hatte ich an diesem Abend irgendwie keine Lust auf sein Gesicht.
Es klopfte wieder, dieses Mal nachdrücklicher. Seufzend trat ich ans Fenster und öffnete. Glücklicherweise war er vollständig angezogen. » Was ist? «
Seth sprang über das Fenstersims, ohne auf eine Aufforderung zu warten. » Schöner Pyjama. «
» Halt den Mund! « Ich schnappte mir einen Pullover vom Bett, zog ihn über und bedauerte, Shorts und ein Tanktop zu tragen statt der langen Schlafanzughose.
» Weißt du, die Bissmale machen mir gar nichts aus. Du siehst damit auf extrem heiße Art gefährlich aus. «
» Ich ziehe mir nicht wegen der Male etwas über, und das weißt du genau. «
» Teils wahr, teils Lüge. Die Narben sind dir peinlich, weil du für eine künftige Wächterin unglaublich eitel bist. Und es ist dir unangenehm, in meiner Nähe halb nackt… «
» Ich bin nicht halb nackt! Und es ist mir nicht unangenehm, in deiner Nähe zu sein. Außerdem bin ich nicht eitel. «
» Du bist eine furchtbar schlechte Lügnerin. « Er setzte sich auf mein Bett.
Okay. Ich hatte gelogen. Eitelkeit war nicht die schlimmste aller Sünden und… Ja, ich fühlte mich aus vielen Gründen unwohl in Seths Nähe, aber darum ging es nicht. » Was willst du hier? «
» Ich wollte nach dir sehen. «
Ich runzelte die Stirn. » Wieso? «
Er sah sich im Zimmer um, und sein Blick blieb an den überall verstreuten Kleidungsstücken hängen. » Findest du nichts zum Anziehen? «
» Ähem … ich war dabei, meinen Kleiderschrank zu sortieren. «
» Das merke ich. «
Ich seufzte und rieb mir müde über die Stirn. » Was willst du? Ich bin beschäftigt, wie du siehst. «
Er runzelte die Stirn. » Ich weiß. Was für ein aufregendes Leben– am Freitagabend deinen Kleiderschrank zu sortieren! «
» Ja, wir führen nicht alle ein so aufregendes Leben wie du, Seth. «
Er verzog den Mund zu einem zufriedenen Grinsen. » Wusste ich’s doch. «
» Was wusstest du? «
» Du bist wütend auf mich. «
Ich starrte ihn an, hob die Arme und wartete auf eine bessere Erklärung.
» Du bist böse wegen heute Nachmittag. « Er schob mehrere Kleidungsstücke beiseite– die mögliche Auswahl für den nächsten Tag– und lehnte sich zurück. » Warst du eifersüchtig, Alex? «
Die Kinnlade klappte mir fast bis auf den Boden hinunter. Ich brauchte einen Moment, um eine Antwort zu finden. » Das verwirrt mich. Wie kommst du auf den Gedanken, ich könnte eifersüchtig sein? «
Seth warf mir einen wissenden Blick zu. » Vielleicht bist du ja eifersüchtig auf Elena. «
» Was? « Ich nahm einen schicken Pullover vom Bett, den ich vor der Ausgangssperre gekauft hatte. » Ich soll eifersüchtig auf Elena und ihre Tinkerbell-Haare sein? Wohl kaum. «
Er reckte sich und riss mir den Pulli aus der Hand. » Ach, jetzt wirst du kratzbürstig! «
» Überhaupt nicht. Hätte ich vorher von deinem Peter-Pan-Komplex gewusst, dann hätte ich euch beide schon früher vorgestellt. « Ich griff nach dem Pullover, aber er knüllte ihn zusammen und warf ihn quer durchs Zimmer. » Herrje! Du bist so was von nervig! «
» Gib einfach zu, dass du eifersüchtig bist! Das ist der erste Schritt– und danach solltest du etwas dagegen unternehmen. «
Ich starrte ihn zornig an. » Es ist mir vollkommen egal, was du in deiner Freizeit treibst– oder mit wem. « Dann ging mir plötzlich etwas auf. » Wart mal! Weißt du was? Das ist alles total widersinnig. «
» Erzähl! «
» Jeder sitzt mir im Nacken und hält mir vor, dass alles, was ich tue, auf dich zurückfällt. Aber du machst im Garten mit Mädchen herum! Wieso ist das dann in Ordnung? «
» So wie du das sagst, klingt es richtig widerwärtig. « Er lächelte wie eine Katze. » Du solltest nicht urteilen, bevor du es versucht hast. Oh, halt! Du hast noch gar nichts ausprobiert, nicht wahr, mein kleiner jungfräulicher Apollyon. «
Ich holte mit aller Kraft aus. Doch Seth hatte meinen Angriff kommen sehen und hielt meine Hand fest. Seine Augen blitzten gefährlich, als er mich näher zu sich heranzog. Durch
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