Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
nach Selsdon kam, bin ich oft allein hierhergegangen. Es war für mich eine Art Flucht. Ich habe mir vorgestellt, einfach in das Wasser zu gehen, ins reine, glasklare Wasser, und ... einfach darin zu verschwinden. Eins mit ihm zu werden, auf ganz elementare Weise. Und all meinen Kummer hinter mir zu lassen.«
Seine Hand, die leicht auf ihrer Hüfte geruht hatte, verkrampfte sich. »Solche Dinge darfst du nicht sagen.« Seine Stimme war voller Emotionen. »Das ist, als würdest du dir wünschen, tot zu sein, Antonia. Nie wieder darfst du so etwas denken.«
Sie schüttelte den Kopf. »Aber so war es doch nicht, Gabriel«, schwor sie. »Niemals habe ich auf diese Weise daran gedacht. Viel eher war es eine Art von Flucht. Aber bitte entschuldige. Ich weiß gar nicht, warum ich davon angefangen habe.«
»Du hast nicht klar gedacht, Antonia, wenn du solche Gedanken hattest«, entgegnete er.
»Nein, das habe ich wohl nicht.«
Er wandte sich ihr zu und sah sie eindringlich an. »Du musst mir versprechen, dass du es mir sofort sagst, solltest du je wieder so etwas denken.«
»Es dir sagen?«
»Ja«, erwiderte er fest, dann brach seine Stimme. »Oder ... sonst jemandem. Nellie. Deinem Bruder. Versprich es mir, Antonia.« Ohne, dass er etwas dagegen tun konnte, hörte er sich wütend an.
»Ja, ich verspreche es«, sagte sie. »Es tut mir leid, Gabriel. Ich wollte dich nicht erschrecken.«
An der Art, mit der sein Blick sich in die Ferne wandte und seine Augen sich verschleierten, erkannte sie, dass er sich wieder in sich zurückzog. Unsicher, was sie tun sollte, ging sie zur Bank und wischte die Blätter fort. Aber sie setzte sich nicht. Stattdessen, einem Instinkt folgend, kehrte sie zu ihm zurück und legte ihm die Hand auf den Rücken.
Sofort wandte er sich zu ihr um. Als er sie ansah, kehrte auch der aufmerksame Ausdruck in seine Augen zurück.
»Gabriel«, sagte sie leise. »Möchtest du mir davon erzählen? Von Cyrils Tod?«
Er schüttelte den Kopf.
Einen kurzen Moment zögerte Antonia, ihn zu drängen. Sie wusste, wie es war, von wohlmeinenden Mitmenschen immer wieder zu etwas gedrängt zu werden. »Nun, ich denke, das solltest du aber«, sagte sie schließlich und hoffte, dass ihre Stimme entschlossen klang. »Schließlich hast du mich aus einem bestimmten Grund hierhergebracht, nicht wahr? Nicht einfach nur, um die Landschaft zu genießen.«
Für einen langen, bedrückenden Moment sagte Gabriel nichts. »Wirst du wirklich fortgehen, Antonia?«, fragte er schließlich, und seine Stimme klang heiser.
Sie zögerte. »Ich möchte nur tun, was das Beste für uns beide ist«, erwiderte sie. »Ich will dir keine Last sein. Ich habe eine Familie und ... und Menschen, die sich um mich auf ihre eigene Weise sorgen. Was willst du mir sagen, Gabriel? Sprich es aus, und ich werde dir antworten.«
Er schaute in den Himmel über dem See und kniff gegen das helle Sonnenlicht die Augen zusammen. »Ich wünsche mir, dass wir einander immer schätzen und mit Respekt begegnen werden«, sagte er. »Dass wir ... Freunde sein werden. Immer, Antonia. Freunde, die fähig sind, etwas miteinander zu teilen, und dem anderen ... nur Gutes wünschen. Die sich voller Zuneigung aneinander erinnern.«
Sie legte die Hand an seine Wange. »Oh, Gabriel«, wisperte sie. »Das zu versprechen ist so leicht.«
Sein Blick glitt zum See zurück. Gareth entfernte sich wieder; wirkte gehetzt. »Cyril ist ertrunken«, sagte er schließlich mit hohler Stimme. »Er ist ertrunken. Dort.« Er hob die Hand und zeigte ohne zu zittern auf die Mitte des Sees. »Ich ... ich habe ihn geschlagen. Ich wollte es nicht, aber ich habe es getan. Und dann ist er einfach ... gestorben.«
»Ich verstehe«, antwortete sie. »Seid ihr mit dem Boot gefahren? Oder schwimmen gewesen?«
Gabriels Blick war noch auf den See gerichtet, der ihn offensichtlich in seinen Bann zog. »Ich kann nicht schwimmen«, stieß er hervor. »Ich ... ich habe es nie gelernt.«
»Du kannst nicht schwimmen?«
»Nein«, knurrte er. »Das Wasser, es ... es macht mir Angst. Aber ich habe gelernt, die Angst zu verdrängen. Sie zu verbergen.«
Antonia konnte ihm nicht glauben. Gabriel sollte Angst vor Wasser haben? Aber er hatte doch über ein Jahr auf einem Schiff verbracht und leitete eine große Reederei. Er hatte sein ganzes Leben nahe der Docks, Piers und Kais der Westindischen Inseln gelebt. Wie konnte ein Mann wie er sich vor Wasser fürchten?
Antonia griff ihn am Arm und führte
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