Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
London vor sich ging. In den letzten fünf Jahren hat er sogar sein Stadthaus vermietet. Ich bin absolut überzeugt davon, dass er den Rest seines Lebens hätte verbringen können, ohne Swinburne je wieder zu Gesicht zu bekommen.«
»Vielleicht war es ja, weil Papa großen Einfluss im Parlament hat?«
Gareth schüttelte den Kopf. »Was könnten die Lords tun, um ihm das Leben schwer zu machen?«
Kemble nippte an seinem Sherry. »Das Oberhaus ist die einzige Institution, die einem Peer eine Scheidung gestatten kann«, sagte er nachdenklich.
»Aber Warneham plante, unsere Ehe annullieren zu lassen«, wandte Antonia ein, »und seine früheren Frauen waren alle gestorben.«
Gareth beugte sich sorgenvoll vor. »Vielleicht befürchtete er, sein Antrag auf Annullierung könnte nicht genehmigt werden und alles würde auf eine Scheidung hinauslaufen?«
Kemble schien darüber nachzudenken. »Nein, ich denke nicht«, sagte er wie zu sich selbst. »Das alles hätte womöglich Jahre gedauert. Zunächst hätte er das Kirchengericht wegen einer Trennung anrufen und dann die Klageschrift für die Scheidung beim Oberhaus einreichen müssen. Aber welche Gründe hätte er anführen können? Er hätte zwei Zeugen benötigt, die einen Ehebruch bestätigen oder die –«
»Einen Ehebruch?«, rief Antonia und sprang fast von ihrem Stuhl auf.
Kemble machte eine beruhigende Handbewegung. »Ich meinte das rein theoretisch, Euer Gnaden. Es hätte also keine Möglichkeit für eine Scheidung gegeben.«
»Vielleicht fürchtete er, er könnte die Unterstützung des Oberhauses in einer anderen unangenehmen Angelegenheit benötigen?«, schlug Gareth vor.
Kemble wandte sich auf seinem Stuhl zu Antonia um. »Euer Gnaden, Ihr habt vorhin den Eindruck vermittelt, Eure Ehe wäre nie vollzogen worden«, sagte er. »Ich muss Euch das jetzt leider fragen: Warum nicht.«
»Wie bitte?« Antonia stieg die Röte ins Gesicht.
»Verdammt, Kemble«, sagte Gareth.
Kemble sah ihn an und spreizte ausdrucksvoll seine Hände. »Euer Gnaden, ich arbeite für Euch. Möchtet Ihr, dass die Last der Verdächtigungen von den Schultern der Duchess genommen wird oder nicht?«
Gareth starrte ihn stumm an.
»Es macht mir nichts aus, Eure Frage zu beantworten, Mr. Kemble«, sagte Antonia nun ruhig. »Ich bin überzeugt, dass im Haus ohnehin darüber geredet wird.«
Kemble warf Gareth ein triumphierendes Grinsen zu und blickte dann Antonia an. »Danke, Euer Gnaden«, sagte er. »War die Keuschheit also Euer Wunsch, oder war Euer Gatte impotent?«
»Er war impotent.«
»Ah, das dachte ich mir schon«, sagte Kemble. »Hat er Euch dafür verantwortlich gemacht?«
Antonia schüttelte den Kopf. »Nein, während ich mir die Schuld daran gegeben habe, schien er von sich enttäuscht zu sein.«
Prüfend ließ Kemble den Blick über Antonias Gestalt gleiten. »Nun, Ihr hättet ihn in keiner Weise enttäuschen können«, sagte er, als ginge es um die Vorzüge eines Möbelstücks. »Wenn Ihr ihn nicht zufriedenstellen konntet, dann konnte der Mann unmöglich erwartet haben, dass eine andere Frau ihn auferstehen lässt – um es einmal so auszudrücken.«
»Großer Gott!«, sagte Gareth. »Antonia, du darfst gerne das Zimmer verlassen. Mr. Kemble scheint die Absicht zu haben, alle Grenzen des Anstands zu überschreiten.«
»Ich denke, ich werde bleiben, aber vielen Dank.« Antonia schaute Kemble jetzt fast fasziniert an, der in Gedanken versunken war.
»Und deshalb müssen wir uns jetzt fragen, wie er diese Situation beheben wollte«, murmelte er. »Was genau wollte Warneham? Und welches Zusammentreffen von Ereignissen könnte ihm Anlass dazu gegeben haben?«
»Er wollte einen leiblichen Erben, um mich von der Erbfolge auszuschließen«, warf Gareth ein. »Und offen gesagt: Ich wäre froh gewesen, hätte er einen gefunden.«
»Ja, auch meiner Meinung nach gab es keinen anderen Beweggrund«, pflichtete Kemble ihm bei.
»Vielleicht wollte er ja unseren alten Freund Metcaff einsetzen?«, schlug Gareth säuerlich vor.
Kemble starrte ihn verblüfft an. »Euer Gnaden, Ihr seid absolut brillant!«
»Bin ich das? Warum? Hätte er so etwas tun können?«
»Nein, der Gedanke an sich ist lächerlich, aber ...« Kembles Worte erstarben, während er sich wieder Antonia zuwandte. »Besteht die Möglichkeit, Ma’am, und sei sie auch noch so gering, dass jemand Warneham Euretwegen getötet hat?«
Antonias blaue Augen weiteten sich. »Himmel, nein.«
Gareth sah sie fragend an.
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