Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
einmal daran, Kieran«, warnte er. »Sie ist nicht diese Sorte von Frau. Fahr also lieber zurück nach London und knüpfe wieder mit Mrs. Ambrose an, wenn es das ist, worauf du aus bist.«
Rothewells dunkle Augenbrauen hoben sich ein Stück. »Ich?«, sagte er spöttisch. »Aber ich bin doch nur aufs Land gefahren, um ein wenig frische Luft zu schnappen und zu sehen, in welche Art von Machenschaft mein alter Freund sich hat verwickeln lassen. Was ich mich frage, Gareth, ist Folgendes: Was willst du?«
»Ich habe keine Ahnung, was du meinst.«
Rothewell schüttelte den Kopf. »Da war etwas in deinem Brief«, sagte er nachdenklich. »Etwas, das zwischen den Zeilen zu lesen war. Aber leider kann ich dir damit nicht helfen; mit derartigen Emotionen musst du allein zurechtkommen. Aber jene anderen kleinen Mysterien – nun, sie könnten vielleicht eine genauere Untersuchung vertragen.«
»Ich danke dir, dass du meine Probleme so ernst nimmst, aber ich verstehe noch immer nicht, warum du Kemble mitgebracht hast«, beklagte sich Gareth, während er mit einer Kopfbewegung in Richtung des Arbeitszimmers wies. »Er kann mich nicht einmal ausstehen.«
»Und mich hasst er geradezu«, sagte Rothewell. »Aber ich wurde um einen Gefallen gebeten, und –«
»Um was für einen Gefallen?«, hakte Gareth sofort nach. »Und von wem? In deinem ganzen Leben hast du noch nie jemandem einen Gefallen getan.«
Rothewell zuckte mit den Schultern. »Zee hat mich darum gebeten«, gab er zu. »Kemble und seine Kohorten im Innenministerium waren ihr nach dem Debakel mit den geschmuggelten Waffen vor ein paar Wochen noch etwas schuldig.«
»Was denn, die Sache mit den französischen Schmugglern?«, fragte Gareth ungläubig. »Sie muss doch froh sein, dass Nash die Leute nicht umgebracht hat.«
»Letzten Endes hat sich Nashs Unschuld herausgestellt, wenn du dich vielleicht erinnern möchtest«, sagte Rothewell.
»Ja, aber sie wusste es doch nicht.«
Rothewell blieb auf dem Treppenabsatz stehen und legte Gareth die Hand auf die Schulter. »Sie hat deinen Brief gelesen, alter Knabe«, sagte er mit resignierter Stimme, »und mir aufgetragen, dass ich Kemble zu dir bringen soll. Übrigens hegt er den seltsamen Gedanken, du hättest deinen Onkel getötet. Aber das stimmt nicht, oder?«
»Ich habe nicht einmal einen verdammten Onkel«, erwiderte er. »Und ich dachte, Zee wäre in Richtung Adria unterwegs?«
Rothewell klopfte ihm väterlich auf den Rücken. »Nur eine kleine Verzögerung«, sagte er. »Sie und Nash werden in Kürze aufbrechen. Abgesehen davon denke ich wirklich, du solltest Kembles Dienste in Anspruch nehmen. Vielleicht ist eine unvoreingenommene Meinung hier nicht verkehrt?«
»Meine Meinung ist nicht voreingenommen«, reagierte Gareth hitzig.
»Tatsächlich?« Die schwarzen Augenbrauen hoben sich wieder. »Bist du dir da ganz sicher, alter Freund? Du möchtest also nicht die Wahrheit über deine schöne Witwe erfahren?«
»Ich kenne die Wahrheit«, fauchte er. »Und ich will ihren Namen reinwaschen – obwohl auch das mich eigentlich nichts angeht.«
Rothewell wirkte unbeeindruckt. »Warum dann nicht einfach Kemble dafür einspannen?«, schlug er vor. »Eines muss der Neid ihm schließlich lassen – er ist hart wie ein Nagel und durchaus auch bösartig. Als dein Diener könnte er dir durchaus von Nutzen sein.«
»Als Diener?« Gareth sah ihn ungläubig an. »Der Mann sitzt in meinem Arbeitszimmer und trinkt meinen Brandy. Macht er auf dich etwa den Eindruck eines Dieners?«
Kemble hatte es sich in der Tat im Arbeitszimmer gemütlich gemacht. Im Ohrensessel aus braunem Leder sitzend, den auch Gareth sich zu seinem Lieblingsfauteuil auserkoren hatte, nippte er an einem Glas mit Cognac, den Gareth als seinen besten vermutete. Der Mann hatte ganz gewiss einen Hang zum Luxus des Lebens – und die passende Nase, ihn aufzuspüren.
»Ein exzellentes und gut gereiftes eau de vie , Lloyd«, sagte er und hob das Glas, als die beiden Männer eintraten. »Was den Cognac betrifft, meine ich natürlich. Meine Nerven haben sich bereits weitestgehend erholt.«
»Bedien dich nur, Rothewell«, sagte Gareth und wies auf den Dekanter. »Für mich ist es noch zu früh.«
Doch Rothewell lehnte ab. Er hatte heute noch etwas anderes im Sinn als Trinken und Frauen – ungewöhnlich, aber wahr. Als sie am Teetisch Platz nahmen, stellte Kemble Fragen – gezielte, sehr detaillierte Fragen zu Warneham, seinem Tod und dem Anwesen im
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