Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
Blut blau ist – und, so bete ich, in jemanden, der in seinem Herzen so wahrhaft ist wie Ihr.«
Sie wollte etwas erwidern, aber er wandte sich ihr zu und legte seine Fingerspitzen auf ihre Lippen. »Hört mir zu, Antonia. Ihr seid begehrenswert, wunderschön und erst sechsundzwanzig. Ihr habt noch viele Jahre, den richtigen Mann zu finden und wieder Kinder zu bekommen. Und genauso habt Ihr jedes Recht, um die Tochter zu trauern, die Ihr verloren habt. Ihr werdet sie betrauern, ich bin mir sicher, für den Rest Eures Lebens – nicht in jeder Sekunde, nein, aber jeden Tag für eine Minute oder auch oft sehr viel länger. Und bis Ihr einen Mann findet, der das akzeptiert, solltet Ihr nicht wieder heiraten.«
»So ein Leben will ich auch gar nicht mehr«, sagte sie, und ihre Stimme klang fester. »Ich habe schon vor dem Tod meines Mannes beschlossen, dass ich, wenn er sterben würde, ein unabhängiges Leben führen würde. Ich weiß, dass ich nicht mehr die bin, die ich einmal war. Aber ich möchte ein Heim, das mir gehört, und ich möchte über meinen Körper bestimmen. Ich will nicht, dass ein Mann mir sagt, dass ich dies oder jenes zu tun hätte oder auf eine bestimmte Weise empfinden müsste. Wenn ich weinen möchte, werde ich das fortan tun. Denn wenn ich das nicht darf ... ich denke, dann werde ich sterben. Und ich weiß, dass die Worte keine Übertreibung sind, denn ich war sehr nah davor.«
Ihre Entschlossenheit überraschte ihn. Antonia hatte sehr gründlich über ihre Unabhängigkeit nachgedacht. Gareth schwieg eine Weile, während der er ihr das Taschentuch zurückgab und dann seine Hand auf ihre legte.
»Wir sollten jetzt gehen«, sagte er ruhig. »Lasst uns nach Selsdon zurückreiten. Ich werde Watson nächste Woche nach London schicken, damit er eine Bauarbeiterkolonne zusammenstellt – eine große.«
»Ja, wir sollten zurückreiten.« Sie erhob sich von der Fensterbank und trat auf den Flur. »Heute ist Montag, nicht wahr? Wir werden also Gäste zum Dinner haben.«
Verdammt. Er hatte vergessen, dass dies der Tag war, an dem Sir Percy stets mitsamt seiner Seilschaft zum Abendessen kam. Es war eine recht angenehme Tradition, aber heute, so fürchtete er, würde er dafür nicht in Stimmung sein.
Vor dem Zimmer seiner Großmutter blieb Antonia stehen und wandte sich um. »Ist meine Nase zu rot?«, fragte sie. »Sehe ich allzu schrecklich aus?«
Gareth brachte ein Lächeln zustande. »Eure Nase ist angenehm rosa«, entgegnete er. »Abgesehen davon könntet Ihr niemals schrecklich aussehen, Antonia.«
Sie hielt seinem Blick stand, sah ihn unverwandt an. »Haltet Ihr mich wirklich für begehrenswert?«
Er fühlte, wie sein Lächeln verblasste. »Viele Frauen sind begehrenswert, Antonia. Ihr seid mehr als das.«
Sie sah ihn noch immer mit weit geöffneten und leuchtenden Augen an. »Ich wünschte ... ich wünschte, Gabriel, Ihr würdet es mir wieder zeigen.«
Er verengte die Augen. »Wie, Antonia?«
Endlich wandte sie den Blick ab. »Ihr sagtet, uns würde Leidenschaft verbinden. Ein Wahnsinn. Etwas Heißes und Wildes würde zwischen uns existieren. Ich möchte das Gefühl wieder empfinden, wenn auch nur für einen Augenblick. Küsst mich. Küsst mich, wie Ihr es an jenem Tag in meinem Salon getan habt.«
Er trat einen Schritt zurück. »Das wäre nicht klug, meine Liebe«, sagte er ruhig. »Wenn ich Euch ansehe, dann will ich – nun, es ist egal, was ich will. Doch Eure Gefühle befinden sich jetzt in Aufruhr. Ich würde Euren Zustand nur ausnutzen.«
Sie legte den Kopf schief und betrachtete ihn. »Tut das nicht«, flüsterte sie. »Behandelt mich nicht von oben herab. Tut nicht so, als sei ich ein zerbrechliches, dummes Ding. Ich bin stark – weitaus stärker, als ich aussehe, Gabriel. Unterschätzt mich nicht.«
Er ging zu ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Antonia, darum geht es nicht.«
»Ich denke doch.« Sie beugte sich zu ihm vor. »Ihr sagtet, Ihr fändet mich anziehend. Und ich ... ich bitte Euch nur darum, es mir zu zeigen.«
»Ich bin nicht der Mann für Euch, Antonia«, entgegnete er ruhig. »Und das wisst Ihr.«
»Das tue ich, ja.«
»Dann forciert das ... das hier nicht weiter. Ich bin kein Gentleman, Antonia. Ich werde nicht länger Nein sagen. Und wenn ich mich darauf einlasse – Ihr werdet genau wissen, welche Gefühle Ihr in mir weckt. Weil ich nach einem Kuss nicht aufhören würde.«
Sie ging einen Schritt auf ihn zu und legte die Hand auf seine Brust.
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