Verlorene Eier
abgesehen, hast du das Ganze nicht richtig durchdacht, fürchte ich. Du kannst einen Siebenjährigen nicht einfach in der Obhut eines Wildfremden lassen.«
»Du bist kein Wildfremder, Gerald.«
»Für ihn schon.«
»Der Kleine ist hart im Nehmen. Er faselt die ganze Zeit von Waffen.«
»Er ist sieben.«
»Er wird tief und fest schlafen.«
»Du verstehst absolut nichts von Kindern, was?«
»Unsinn. Ich bin mit welchen zur Schule gegangen.«
»Ich mach dir einen Vorschlag, Bill. Ohne dass ich mich hier über den Sinn und Zweck des ganzen Unterfangens auslassen will, aber wenn ich in diesem Szenario eine Rolle spielen soll, dann muss es von Anfang an sein. Vielleicht erzählst du Miss Glatt, dein Agent …« Gerald hüstelt leise. »… William Greefe hätte gerade ein Manuskript von einem Kinderbuchautor angeboten bekommen, das er schrecklich gern probehalber einem Mitglied der potenziellen Zielgruppe vorlesen würde. Was der Wahrheit sogar ziemlich nahekommt. Auf diese Weise werde ich dem Jungen in Gegenwart seiner Mutter vorgestellt. Der Kleine fühlt sich sogar noch geschmeichelt, dass jemand sein Urteil hören will, und vielleicht könnten wir auch über ein Honorar für seine Dienste in Form einer Handvoll Bonbons oder einer Actionfigur nachdenken oder was auch immer sonst in Frage kommt. Ansonsten kann das Ganze genau so ablaufen, wie du es geplant hast.«
»Heiliger Strohsack, Gerald, ich verstehe tatsächlich nichts von Kindern. Du hast völlig recht.«
17
Der kleine Satansbraten ist alles andere als begeistert vom Verlauf des Abends, doch als ich ihm von dem Honorar erzähle, das mein Agent für ihn in Erwägung zieht, beginnen seine Augen zu leuchten.
»Wie viel?«
»So genau hat er das nicht gesagt, mein Lieber.«
»Zwanzig Mäuse.«
»Arthur!« Amber ist leicht geschockt, aber zugleich belustigt über das Verhandlungsgeschick ihres Sprösslings. Ich verkneife mir den Kommentar: »Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, was?«
Wir sind auf dem Rückweg von McDonald’s, wo Amber und ich nur zugesehen haben, während Arthur sein Abendessen aus Cheeseburger und Pommes frites verdrückt hat – ein Menu, das mit einem Plastik-Dino serviert wurde, dessen Augen rot leuchten, wenn man den Schwanz bewegt. Ich habe Amber von Tonys Vorschlag erzählt, sich um acht Uhr in der Twilight Bar zu treffen. Sie scheint ein bisschen nervös zu sein, während ich Mühe habe, dass sich mein Grinsen nicht über mein ganzes sorgfältig geschminktes Gesicht ausbreitet.
»Angela, ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal bei einem Blind Date war. Vielleicht sogar überhaupt nie.«
»Wie aufregend, meine Liebe!«
»Ich hatte gehofft, wir beide könnten noch etwas mehr Zeit zusammen verbringen, bevor …« Sie lässt ihre Stimme verklingen. Bevor sie nach Sleepy Eye zurückkehren muss, meint sie. Und ich nach Shropshire.
»Ich weiß, meine Liebe. Ich freue mich ja so, dass Sie sich mit Tony treffen.«
»Wie soll ich ihn erkennen?«
»Er wird Sie erkennen, meine Liebe. Ich habe ihm eine sehr genaue Beschreibung von Ihnen gegeben.«
»Und du bist ein braver Junge und tust, was Tante Angela sagt, verstanden?«
»Sie ist nicht meine Tante«, blafft Arthur. »Sie ist die Tante von gar niemandem.«
18
Gerald ist ein echter Schatz, und ich darf nicht vergessen, ihm ein riesiges Geschenk zu kaufen, wenn all das hinter uns liegt. Ich weiß, dass er das, was ich hier treibe, nicht gutheißt, und ich bin sicher, er hat Besseres zu tun, als einen Abend lang in einem Hotelzimmer in Miami auf einen Knirps aufzupassen, doch er taucht tatsächlich zur verabredeten Zeit auf und bedankt sich auch noch für die Chance, ausprobieren zu dürfen, wie diese Geschichte bei einem echten Kind ankommt.
»Das ist wirklich sehr großzügig von Ihnen, Miss Glatt«, sagt er, hält Ambers Finger mit beiden Händen fest umschlossen und feuert eine volle Salve Gerald-Charme auf sie ab.
»Kein Problem. Außerdem können Sie sich bei meinem Sohn darauf verlassen, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt.«
»Hervorragend.« Gerald wendet sich Arthur zu. »Wie ich höre, liest du gerade Der Herr der Ringe .« Mir fällt auf, dass er mit dem Knirps genauso redet wie mit mir, sprich, wie mit einem Idioten.
War nur ein Scherz.
Nein, er spricht wie mit einem Erwachsenen mit ihm.
»Stimmt«, antwortet Arthur, der bereits im Schlafanzug ist. »Schon zum zweiten Mal. Die Schlachtszenen sind echt super.«
»Soweit ich weiß, hat der
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