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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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Siebenjähriger.
    Amber beschließt, von der Interstate 95 auf eine ältere Küstenstraße zu wechseln. Kurz darauf passieren wir die Grenze nach Florida und fahren vorbei an saftigen Wiesen, halb verborgenen Holzhäusern mit endlos langen Auffahrten, Sandbuchten und dem Meer. Die Straße verjüngt sich und wird zweispurig, was unser Tempo zwar drosselt, aber schließlich haben wir es nicht eilig. Der kleine Mistkerl befindet sich unterdessen in Mittelerde. Und dann fällt plötzlich der Groschen.
    Klug. Einfühlsam. Intelligent.
    Ambers Worte, die mir seit gestern Abend ununterbrochen im Kopf herumgegangen sind.
    Erst jetzt wird mir klar, was mich die ganze Zeit irritiert hat. Sind klug und intelligent nicht dasselbe? Ist ihre Bedeutung nicht nahezu, wenn auch nicht hundertprozentig, identisch?
    »Ich hab’s, Amber«, rufe ich und vergesse dabei vor Aufregung um ein Haar meine Frauenstimme. »Klug, einfühlsam, intelligent, richtig?«
    Sie sieht mich an.
    »Ich habe keine Ahnung, wieso ich nicht schon früher darauf gekommen bin. Sie müssen unbedingt meinen Zwillingsbruder kennenlernen.«
    14
    Lange Pause. Die Landschaft zieht endlos an uns vorüber. Okay, machen Sie eine Viertelmeile daraus.
    »Meine Güte, Angela, ich wusste ja gar nicht …«
    »Amber, meine Liebe, das ist absolut perfekt. Das Timing, meine ich. Sie werden mir nicht glauben, wenn ich Ihnen verrate, wo er sich gerade aufhält.«
    »Okay …?« Leiser Zweifel schwingt in ihrer Stimme mit.
    »In Miami!«
    »Das gibt’s doch nicht!«
    »Doch! In Miami!«
    »Hören Sie auf!«
    »Er nimmt dort an einer Konferenz teil. Ich kann ihn anrufen, wenn wir dort sind. Es sei denn … nun ja.«
    »Was?«
    Tiefer Seufzer. »Es sei denn, Sie glauben, er sei zu alt für Sie.«
    »Ach wo! Nein. Aber, meine Güte, Angela, ich habe diesen Mann doch noch nie im Leben gesehen.«
    »Genau darum geht’s ja. Sie lernen sich kennen. Er ist alleinstehend. Sie sind alleinstehend. Wenn Sie ihn nicht leiden können, was haben Sie dann schon verloren? Eine Stunde Ihrer Lebenszeit.«
    »Aber was, wenn ich ihn mag?«
    »Nun ja, ich habe so ein Gefühl, dass das passieren könnte.«
    »Angela, ich fasse es nicht. Sie versuchen mich allen Ernstes zu verkuppeln. Mit Ihrem Bruder!«
    »Es ist ein soziales Experiment, meine Liebe. Zwei Menschen, die beide ein gewisses Maß an Traurigkeit in ihrem Leben erfahren mussten. Ich denke ganz einfach … es besteht durchaus eine Chance, dass die Chemie zwischen Ihnen stimmt.«
    Eine halbe Meile Florida zieht vor den Fenstern vorüber.
    »Wie heißt er überhaupt?«, fragt sie leise.
    »Tony.«
    Nicken. Nachdenkliche Stille. »Und was macht er so?«
    »Er ist Arzt. Facharzt sogar.«
    »Ehrlich?«
    »Er ist eine Kapazität auf dem Gebiet der Mikrotubuli.«
    Erneutes Nicken, diesmal eine Spur entschlossener. Ein gutes Zeichen. »Und er arbeitet in England?«
    »Er arbeitet überall auf der Welt, meine Liebe. In England, in Amerika. Mikrotubuli sind sein internationaler Reisepass, sagt Tony immer.«
    »Meine Güte, ich weiß noch nicht mal, was Mikrotubuli sind.«
    »Das geht mir genauso. Ich kann Ihnen nur sagen, dass sie sehr, sehr klein sind … und sehr, sehr wichtig.«
    Wieder vergeht eine Viertelmeile, ohne dass jemand spricht.
    »Sie sagten vorhin etwas von Traurigkeit.«
    Tiefer Seufzer. »Er hat eine Scheidung hinter sich.«
    »Das tut mir leid.«
    »Weder er noch ich hatten besonders viel Glück in der Liebe.«
    »Es gibt aber keine …«
    »Nein, meine Liebe. Was traurig ist, weil Tony einen tollen Vater abgegeben hätte. Und es eines Tages vielleicht auch noch tun wird, hoffe ich.«
    »Ist er so wie Sie?«
    »Sehr sogar … in vielerlei Hinsicht. Wir sind uns sehr ähnlich. Rein optisch. Zumindest behaupten das alle. Aber natürlich ist es schwierig, sich selbst so zu sehen wie andere, stimmt’s?«
    Sie schaut mich nachdenklich an. Ein abwesender Ausdruck liegt in ihren bernsteinfarbenen Augen.
    »Nur eine Stunde, ja? Schaden kann es ja nichts …«
    »Sie könnten sich noch heute Abend treffen. Sofern er nicht irgendeinen wichtigen Termin hat oder so.«
    »Und was ist mit mir?«, meldet sich eine Stimme vom Rücksitz. Der Junge. Er hat jedes Wort gehört.
    »Mist, ich kann nicht. Jemand muss sich um Arthur kümmern.«
    »Kein Problem, meine Liebe. Ich kann als Babysitter einspringen.«
    15
    Ich bin so aus dem Häuschen wegen meines brillanten Einfalls, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen kann. Die nächsten Stunden

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