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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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lenken nur vom Wesentlichen ab, wenn du mich fragst. Aber ich habe großen Respekt vor dem Talent all jener, die das Bedürfnis der Menschen danach erfüllen.« Keiths feurige dunkelbraune Augen wandern zuerst über mein Gesicht, dann an meinem Körper entlang. »Tja, aus dir eine Frau zu machen wird nicht ganz einfach werden.«
    »Da könntest du recht haben.«
    »Und du wirst schnell lernen müssen, wenn uns nur ein Monat bleibt.«
    Das »uns« lässt mich Hoffnung schöpfen. »Du bist also bereit, mir ein wenig unter die Arme zu greifen?«
    »Bill, du bist genau an den Richtigen geraten, sei es aus purem Glück oder aus Berechnung. Ich werde dir all mein Wissen angedeihen lassen, das ich mir in all den Jahren auf dem Transen-Markt angeeignet habe. Und zwar mit Vergnügen, weil ich mich auf diese Weise von meiner Schuld dir gegenüber befreien kann. Angesichts des heiklen Charakters dieses Unternehmens würde ich vorschlagen, wir halten uns an die M.A.D. -Strategie. Schon mal gehört? Das ist die Abkürzung für Mutually Assured Destruction und bedeutet so viel wie wechselseitig gesicherte Zerstörung.« Offen gestanden kann ich ihm nicht ganz folgen. »Es handelt sich dabei um eine Doktrin aus der Zeit des Kalten Krieges, als die Russen und die Amis anfingen, ihre Nuklearraketen aufeinander zu richten. Laut dieser Doktrin war die Welt nur sicher und wurde nicht durch den Konflikt der Supermächte gefährdet, weil beide Seiten vollständig zerstört worden wären, wenn dieser Konflikt jemals ausgebrochen wäre. Verstehst du das?«
    »Nicht so ganz.«
    »Es ist ganz einfach. In unserem Fall kennt jeder von uns ein wichtiges, gewissermaßen nukleares Geheimnis des anderen. Sollte eines davon jemals gelüftet werden, könnte die Karriere desjenigen zerstört werden. Deshalb haben wir beide ein berechtigtes Interesse daran, unsere Raketen hübsch im Hangar zu lassen.«
    Irgendwie ist das Ganze typisch Keith – das Tragen von Frauenkleidern in einen geopolitischen Zusammenhang zu stellen. Trotzdem komme ich nicht umhin, ihn für seine reelle Einschätzung der Situation zu bewundern – und für seine Hilfsbereitschaft. Zwanzig Jahre im »Transen-Geschäft«, wie er es bezeichnet, haben ihn zum Experten gemacht.
    »Das Üble ist«, fährt er fort, »dass deine Geschichte reine Erfindung war und du keinerlei Drang verspürst, dich als Frau zu kleiden. Das erschwert das Ganze ungemein. Aber ich werde dich unter meine Fittiche nehmen und dir beibringen, wie du als Angela Huxtable durchgehst.«
    »Ich bin dir unendlich dankbar, Keith.«
    »Morgen geht’s los. Ich verlasse mich darauf, dass du alle anderen Verpflichtungen für die nächste Zeit gestrichen hast?«
    Ich gehe im Geiste meine Liste der Dinge durch, die ich dringend erledigen muss:
    1.)Neuen Benzinkanister kaufen.
    2.)Lernen, wie man Frausein spielt.
    »Ich stehe dir voll und ganz zur Verfügung.«
    »Mein Sofa ist sehr bequem. Und morgen lade ich dich ein in meine Kammer der Geheimnisse.«
    5
    Ich wache von lautem Tastaturgeklapper auf. Keith sitzt am Esstisch und hämmert eine Mail in seinen Laptop, in der er seine Mitarbeiter informiert, dass er für ein paar Tage »von zu Hause aus arbeiten« werde.
    »Ich arbeite gerade an einem großen Bericht für den Außenminister. Da kann es nur von Nutzen sein, eine Weile das Büro hinter sich zu lassen, um in Ruhe die kreativen Gedanken fließen zu lassen«, erklärt er und zwinkert mir zu.
    Nach dem Frühstück aus Tee, Toast und gegrillten Salzheringen, deren Gestank durchs ganze Treppenhaus zieht, legt Keith die Times beiseite und sieht mich mit entschlossener Macher-Miene an. »Tag eins. 9.00 Uhr«, verkündet er. »Schritt eins: Weg mit diesem Krisselzeug im Gesicht, das noch nicht einmal die Bezeichnung Bart verdient. Im Badezimmerschränkchen findest du ein Päckchen Einwegrasierer.«
    Wieder frappiert mich das maskuline Flair seiner Wohnung. In jeder Frauenwohnung, die ich bisher zu Gesicht bekommen habe, war das Badezimmer von einer breiten Auswahl an Tuben und Tiegeln bevölkert, von denen sich manche gar rühmten, den Kampf gegen den gnadenlosen Alterungsprozess zu gewinnen. Das femininste Utensil, das ich hier entdecken kann, ist eine Schachtel Zahnseide. Ich betrachte mich eingehend im Spiegel, während ich mir den Bart abrasiere. Ist es möglich, dass sich dieses faltige, pockennarbige, feistwangige und unübersehbar müde männliche Wesen vor mir in ein Wesen verwandeln lässt, das auch nur

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