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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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»Aber ich war nie eine Schwuchtel, Bill. Manche Leute bringen in diesem Punkt alles durcheinander.«
    »Ich nicht.« Nicht bei meinen spätberufenen »Gefühlen«. Oh nein.
    »Beverley und ich haben immer eine sehr gesunde Beziehung geführt. Wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Absolut.«
    »Ich habe mich schon immer sehr stark zu Frauen hingezogen gefühlt. Vielleicht umso stärker, seit ich weiß, was sie tagtäglich durchmachen.«
    »So habe ich das bisher noch nicht gesehen.«
    »Und genauso wenig habe ich jemals den Wunsch verspürt, mich einer Umwandlung zu unterziehen und eine Frau zu werden.«
    »Nein.« Nicht wo du deinen Schwanz bis zum Anschlag in Gebrauch hast. Das ist allerdings eher unwahrscheinlich.
    »Für mich ist das Tragen von Frauenkleidern, als würde ich in eine andere Rolle schlüpfen. Ich verwandle mich in Kiki. Es ist, als würde man Urlaub vom eigenen Ich machen.«
    »Eine Art existenzieller Pause.«
    Keith wirft mir einen vielsagenden Blick zu. »Bist du es nicht manchmal leid, immer derselbe Mensch zu sein? Bill Greefe. Tag um Tag, Jahr um Jahr?«
    »Jetzt wo du es sagst.« Vielleicht hat er ja recht.
    »Manche Leute betreiben fanatisch Sport. Andere fahren mit dem Wohnwagen durch die Gegend. Dann gibt es solche, die Bienen züchten. All das sind Methoden, der Realität zu entfliehen. Und bei mir und auch vielen anderen ist es eben das Tragen von Frauenkleidern. Große Teile unserer Gesellschaft stigmatisieren diese Neigung als Form sexueller Abartigkeit, was ein Jammer ist. Ich sehe es eher als eine Art Hobby. Und nicht gerade ein billiges.«
    Seltsam, dass er ausgerechnet die Bienenzucht ins Spiel bringt. Wieder überkommt mich der Drang, ihm den wahren Grund zu verraten, weshalb ich hier sitze und mir seine Schwärmereien für Seidenstoffe anhöre. Doch ich spüre, dass seine Ausführungen über Wohnwagenliebhaberei und dergleichen aus tiefstem Herzen kommen. Offen gestanden habe ich mir nie überlegt, wie viel Mut man braucht, sich in einen Glitzerfummel zu werfen und sich auf irgendeinen Barhocker zu quetschen. Ich beschließe spontan, mich mitfühlender zu zeigen, aber in diesem Moment platze ich auch schon heraus: »Weiß deine Frau Bescheid?«
    Er schüttelt den Kopf und betrachtet traurig den letzten Augapfel auf der Platte. »Sie würde es nicht verstehen. Ich kann es ihr nicht sagen. Und ebenso wenig den Mädchen …« Er lässt seine Stimme verklingen.
    »Scheiße, Keith.«
    »Wie gesagt, ein teures Hobby.«
    3
    Das Restaurant befindet sich ganz in der Nähe von Keiths Apartment in einem dieser alten Ziegelwohnblocks mit antiquiertem Aufzug und Kohlgeruch auf den endlos langen Fluren. Während Keith uns einen Brandy eingießt und sich auf die Suche nach Zigarren macht, lasse ich den Blick umherschweifen. Auf dem Regal stehen ein paar Familienfotos, mehrere hübsche Ölgemälde mit vorwiegend ländlichen Motiven und eine respektable Taschenbuchsammlung über allerlei geschichtliche Themen und internationale Politik. Allerdings deutet nichts auf die außergewöhnliche Freizeitbetätigung des Bewohners hin; nicht mal ein Spitzenhöschen über dem Lampenschirm.
    War nur ein Scherz.
    »Tja«, meint Keith, nachdem er uns Brandy eingeschenkt und sich eine Zigarre angezündet hat. Er hat die Schuhe ausgezogen und seine bestrumpften Füße auf den Couchtisch gelegt. »Tja«, sagt er noch einmal.
    »Tja, hmhm«, bestätige ich.
    Keith stößt eine dicke Qualmwolke aus, die gen Zimmerdecke steigt. »Erzähl mir von Madame Arcati.«
    »Du hast mich damals gesehen?«
    »Ja klar. Ich habe mich gefragt, wie du dich in der Rolle fühlst.«
    »Du meinst …« Mir dämmert, worauf er hinauswill. »Ob sich irgendwas geregt hat, als ich diese Klamotten anhatte?«
    »War es so?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Das überrascht mich nicht.«
    »Wieso?«
    »Weil du etwa so viel Weiblichkeit ausgestrahlt hast wie ein Holzklotz, Bill.«
    »Ich hatte jede Menge Lacher.«
    »Allerdings. Das stimmt.«
    »Und herzlichen Applaus.«
    »Es ist immer schön, wenn ein langer Abend zu Ende geht.«
    Ein schrecklicher Verdacht keimt in mir auf. »Wolltest du etwa die Rolle haben?«
    »Ich habe nicht mal dafür vorgesprochen.«
    »Wieso nicht?« Er wäre die Idealbesetzung gewesen.
    »Denk mal darüber nach.« Keiths Gesicht verschwindet hinter einer weiteren Havanna-Wolke. »Ich wäre zu gut gewesen. Viel zu gut, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Ah.«
    »Madame Arcati mag eine alte Schabracke gewesen sein,

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