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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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Schulterblatt auszurenken. Mir bleibt nichts anderes übrig, als Keith zu rufen.
    » Regarde «, sagt er und fällt aus einem unerfindlichen Grund ins Französische, ehe er mir zeigt, wie man das Ding einfach umdreht und das Häkchen zumacht. » Voilà !« Auf seinem Gesicht liegt ein amüsierter Ausdruck, auf den ich getrost hätte verzichten können.
    Als er wieder gegangen ist, mache ich mich daran, meinen »Tageslook«, wie Keith es nennt, zu vervollständigen. Es ist ein ziemliches Gefummel, die Hühnerbrüste an Ort und Stelle zu bekommen und mir den Rollkragenpulli über den Kopf zu ziehen, ohne das Make-up zu verschmieren. Doch der Rock und die Kastenjacke scheinen gut zu passen, und die Stiefel, die Keith herausgestellt hat, bedecken perfekt meine Beine bis zu den Knien. Ich lege das Armband und die Kette an und trete vor den Spiegel.
    Und wieder sehe ich mich selbst.
    Trotzdem eindeutig ich.
    Ein Mann unter einer dicken Schicht Schminke, der wie eine verkleidete Profikillerin aussieht.
    Ich.
    »Oh ja, allmählich kriegt sie ein Gesicht«, lautet Keiths Urteil. »Wir haben noch ein gutes Stück Arbeit vor uns, bis die Haltung stimmt – du stehst da wie ein Dockarbeiter, mein Freund –, aber jetzt kommt erst mal der spannende Teil. Setz dich.«
    Mit der Feierlichkeit des Erzbischofs von Canterbury bei der Krönungszeremonie platziert Keith eine kastanienbraune Perücke auf meinem Kopf. Die Gummischicht auf der Innenseite saugt sich an meiner Kopfhaut fest. Er zerrt an den Ponyfransen und streicht die Strähnen beiseite. Ein paar einzelne Haare kleben an meinem Make-up. Es kitzelt, und ich muss mich beherrschen, mir nicht die Nase zu reiben. Außerdem hängt mir eine Strähne in die Augen, und es ist lange, lange her, seit ich das zum letzten Mal behaupten konnte.
    »Darf ich vorstellen – Angela Huxtable«, verkündet Keith.
    Es bin noch immer ich – aber irgendwie auch jemand anderes. Jemand, der in mir steckt, wenn ich so will.
    »Du siehst interessant aus«, stellt Keith fest.
    »Ich sehe absolut albern aus.«
    »Nein, Bill. Du siehst nur dich selbst. Du siehst den Bill unter der Verkleidung. Ich sehe dagegen … ich sehe die Leiterin der Bibliothek in Northamptonshire. Oder ein Mitglied der obersten Schulbehörde. Ehrlich gesagt bist du gar nicht so weit weg von Sheila aus der Buchhaltung bei uns im Ministerium.«
    Seine Worte lassen mich aufhorchen. Vielleicht könnte diese Frau mit der schlechten Haltung und dem zu dick aufgetragenen Make-up ja tatsächlich eine eigene Identität entwickeln.
    »Die Perücke glänzt zu sehr, Keith. Sie ist zu … perückenmäßig.«
    »Das kriegen wir schon in den Griff. Das sind Kinderkrankheiten, Bill.«
    Er hat sich auf einen Stuhl gestellt und zückt eine Polaroidkamera. »Ich werde dir zeigen, was die Kamera sieht, und nicht das, was du im Spiegel erkennst. Kopf hoch. Und mach kein so trauriges Gesicht.« Das Blitzlicht flammt auf, und die Kamera spuckt das Foto aus. Keith macht noch ein paar weitere Aufnahmen. »Es würde dich nicht umbringen, wenn du ein bisschen lächelst. Los, komm schon – zeig, was du hast. Ein bisschen Augen und Zähne, wenn’s geht!« Es wäre zu umständlich, wenn ich erklären würde, wieso ich auf Fotos nicht richtig lächeln kann. Genauer gesagt glaube ich immer, ich würde lächeln, nur sehe ich am Ende jedes Mal einen Kerl, der aussieht, als hätte er nicht alle Tassen im Schrank. »Also gut, mach schon …«
    Am Ende hat Keith ein rundes Dutzend Fotos geschossen – und ist durchaus angetan von dem Ergebnis. »Da. Eine Frau, kein Zweifel.«
    Der Anblick schockiert mich. Er hat recht. Die Person auf dem Foto ist eindeutig eine Frau. Sie sieht ein bisschen mürrisch drein, und ihre Augenbrauen sind eine Spur zu dicht, trotzdem wirkt sie sehr echt. Ich spüre ein leichtes Ziehen in der Magengegend, als mir aufgeht, an wen sie mich erinnert.
    An meine Mutter. Auf Fotos, als sie etwa dreißig war. Der Kamerablitz hat meine Falten verschwinden lassen und mich damit locker zehn Jahre oder noch mehr jünger gemacht. Außerdem habe ich das Kinn leicht angehoben, so dass meine Hängebacken nicht so stark zu sehen sind, meine Wangenknochen hervorgehoben werden und ich durch meine Ponyfransen beinahe kokett in die Kamera blicken kann. Ein höchst raffinierter Schnappschuss. Sieht ganz so aus, als hätte ich einen völlig neuen Menschen vor mir. Die Zwillingsschwester, die ich nie hatte.
    »Ein neuer Mensch ist geboren«, sage ich zu

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