Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
Männer durch Wurfgeschosse der Wurzelbälger niedergestreckt worden waren. Nur drei seiner geliebten Vierbeiner hatten nach dieser Auseinandersetzung den Weg zurück zum Ufer geschafft. Wahrscheinlich hätte Ferrag lieber all seine Männer geopfert als die mühsam ausgebildeten Bluthunde, aber Rai freute sich insgeheim über diesen Verlust ihres Peinigers.
Die sechs gefangenen Wurzelbälger wurden zu den anderen unter Deck gesperrt, was sie ohne jeglichen Widerstand geschehen ließen. Rai hatte in den vergangenen Tagen keine Zeit gefunden, sich mit Barat über seine Schlussfolgerungen auszutauschen. Somit konnte er sich der Richtigkeit seiner Schlussfolgerungen nicht vollends sicher sein, jedoch glaubte er inzwischen, dass der Citpriester irgendeine Art Kontrolle über die kleinen Wesen ausübte. Er vermochte es nicht beim Namen zu nennen, aber das Verhalten der Wurzelbälger wirkte so grundlegend anders, wenn der Mann in Schwarz in ihrer Nähe war, dass sich diese Vermutung regelrecht aufdrängte. Einen weiteren Hinweis lieferten die tiefen Furchen uneingeschränkter Konzentration, die das Gesicht des Citdieners zeichneten, solange seine Gefangenen noch nicht sicher im Bauch des Schiffes verwahrt waren. Erst als die massive Luke hinter ihnen zuschlug, fiel die Anspannung von ihm ab und hinterließ blasse Erschöpfung auf seinen hageren Wangen. Aber als wolle er diese verräterischen Zeichen seiner Entkräftung vor der Schiffsbesatzung verbergen, suchte er, wie schon nach der letzten Jagd, ohne weitere Verzögerung die Abgeschiedenheit seines Quartiers auf.
Es folgten fünf weitere ereignislose Tage auf See, die für Barat und Rai mit ihren üblichen Pflichten angefüllt waren. Mittlerweile hatte der Kapitän Befehl gegeben, die Steilküste zu verlassen und einen nordwestlichen Kurs einzuschlagen. Ein kräftiger Wind blies ihnen entgegen, sodass der Kapitän gezwungen war zu kreuzen und das Schiff nur langsam vorankam. Gegen Mittag des sechsten Tages tauchten schließlich am Horizont die zackigen Umrisse eines Berggrads auf, der aus dem Meer ragte wie die kantigen Schaufeln einer Pflugschar. Die tief hängenden Wolken, die seit einigen Stunden einen feinen Nieselregen über dem Schiff versprühten, schienen die keilförmigen Gipfel dieser Bergkette zu meiden, als scheuten sie die Berührung mit den scharfkantigen, dunklen Felsen.
Als sie näher herankamen, verkündete der Ausguck, der Hafen Andobras sei in Sicht. Barat und Rai konnten unbemerkt ihre Arbeit an Deck für einen Moment unterbrechen, um mit gemischten Gefühlen einen Blick auf die nächste Station ihrer Reise zu werfen. Soweit sie erkennen konnten, war der felsige Küstenabschnitt, auf den sie jetzt zuhielten, Teil einer großen Insel. Unmittelbar neben einem gewaltigen, ins Wasser hinausragenden Felsmassiv war der helle Schein eines Leuchtfeuers zu erkennen, das an der Spitze eines aus schwarzem Gestein errichteten Turmes brannte. Eine Haube über dem Turm, höchstwahrscheinlich aus Metall, schützte das Feuer vor widrigen Wetterbedingungen. Nach einer Weile zeichneten sich auch einige Gebäude ab, die sich in die Stufen eines treppenförmig ansteigenden Hanges schmiegten. Sie waren in engen Reihen bis hinunter zu einem weiten Hafenbecken errichtet worden, das auf der linken Seite von der großen Felszunge begrenzt wurde, während auf der rechten ein Wall aus den allgegenwärtigen schwarzen Steinbrocken die aufgewühlte See aussperrte. Ein kantiger Komplex, der zunächst als Teil des dunklen Gesteins zur Linken erschienen war, entpuppte sich beim Näher kommen als eine trutzige Burg, die von ihrer taktisch vortrefflichen Position auf dem Rücken des wuchtigen Felsens etwa zehn Schritt oberhalb der Wasseroberfläche den gesamten Hafen beherrschte. Das über der Stadt thronende Gemäuer wirkte Unheil verkündend wie ein Schwarm Krähen in einem Baumwipfel, was sicherlich vor allem auf die Verwendung desselben grauschwarzen Gesteins als Baumaterial zurückzuführen war, aus dem hier alles zu bestehen schien. Nach Barats Einschätzung handelte es sich dabei um Basalt, eine Gesteinsart, von der er wusste, dass sie besonders in der Nähe erloschener Vulkane zu finden war. Die charakteristische Form der nahe gelegenen Berge mit ihren gleichmäßig steil ansteigenden Flanken und den teils abgeflachten Spitzen bestätigten seine Vermutung. Jene basaltene Düsternis des schroffen Eilands inmitten von tief hängenden Regenwolken bestimmte maßgeblich den ersten
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