Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
zu. Erneuter Kampfgeist brodelte in ihr auf. Keuchend richtete sie sich mit einem Ruck in sitzende Haltung auf als ein Aufblitzen an der Kehle des Söldners, demselben ein erschrockenes Röcheln hervorrief. Blut sprudelte aus der nun klaffenden Kehle. Eine Hand schob den sterbenden beiseite und das strahlende Leuchten kristallblauer Augen tauchte in Celenas Blickfeld auf. Die Worte, die die dazugehörigen Lippen formten verstand sie nicht. Alle Laute wurden von dichten Nebel verschluckt, der sich alsbald lichtete, je näher sich der rotschopfige Kopf zu ihr herabsenkte.
»Was machst du für Sachen?«, vernahm sie leise die Frage.
In ihrem Kopf verringerte sich der Schmerz. Tatsächlich hatte sie das Gefühl, zu spüren, wie sich ihre geborstenen Knochen begannen, von selbst zu richten. Es war, als ob ihr der peinigende Druck genommen wurde und in ihrem Körper Frieden einkehrte. Nach mehrmaligem Blinzeln ihrer Augenlider erkannte sie Lutek, der ihr sanft die Hand hielt. Sein Kopf schwebte dicht neben ihrem Gesicht und er lächelte. Endlich fand sie die Kraft, mithilfe des Rotschopfs auf die Füße zu kommen.
»Also … was machst du hier?« ertönte nochmals die Stimme Luteks.
»Sieht man das nicht? Ich wollte dich befreien«, entgegnete Celena murrend.
»Oh! Das scheint wahrlich von Erfolg gekrönt« stichelte der Osgosaianer. Belustigt kräuselte er seine Lippen und umarmte Celena herzhaft. »Dummkopf«, flüsterte er ihr ins Ohr. Ihr einziger Gedanke während der Liebkosung war, ihre Lippen auf die seine zu pressen. Jedoch eine fremde, flach ausgestreckte Hand schob sich zwischen ihren Köpfen und hinderte sie daran, ihr Vorhaben auszuführen.
»Dafür haben wir keine Zeit«, zischte Jolana, die außer Atem aus dem Seitengang aufgetaucht war.
»Nichts wird einem gegönnt«, maulte Celena missmutig und löste sich schweren Herzens von Lutek. Doch er hielt sie mit Schalk in den Augen zurück. »Ich gönn dir später einige Dinge, von denen du nicht einmal dachtest, dass es sie gibt«, wisperte er ihr zu, bevor sich ihre Körper endgültig aus der Umarmung trennten. Eine ihrer Brauen zuckte in die Höhe, als Celena den osgosainischen Spion anblickte.
»Lassen wir deine neue Freundin nicht länger warten«, sprach er nach einer kurzen Weile und deutete stirnrunzelnd in Richtung Jolanas. »Kann man ihr trauen?«
»Ich hoffe es!«
»Dann hoffe ich mit dir«, entschied Lutek kurzerhand. »Später haben wir einiges zu besprechen. Ich … ich weiß nicht einmal wo … wo ich anfangen soll«, stammelte Lutek, dessen Blick augenblicklich zu Boden gerichtet war. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass er an etwas schwer zu kauen hatte. Er hatte sich schnell wieder im Griff und blickte wieder hoch. »Nebenbei bemerkt …« Offenbar sah er jetzt erst die völlig derangierte Celena. Abschätzend blickte er sie von oben bis unten an. » … du siehst furchtbar aus!« ergänzte er.
»Ach das? Das ist nicht mein Blut«, erklärte sie sogleich und deutete auf den toten Schlachtenschläger.
Lutek schritt auf sie zu und fuhr mit den Fingerspitzen durch das blutverschmierte Gesicht.
»Ich hörte das eines der Barbarenvölker mit Blut ihrer Feinde sich Zeichen ins Gesicht malen.« Er trat einen Schritt zurück und betrachtete grinsend sein Werk. »Eine interessante Kriegsbemalung!« Er neigte leicht seinen Kopf und nickte als habe er eine Entscheidung gefällt. »Blau steht dir allerdings besser«, gab er kund.
»Blau« wiederholte Celena mit einem feinen Grinsen um ihre Mundwinkeln. »Die Farbe der Freiheit«, nickte sie bestätigend. »Nacud hatte von Anfang an vorgehabt, uns wegzusperren. Deshalb sollten wir uns bei unserem Gastgeber für die reizende Unterkunft gebührend bedanken.«
Mit einem herausfordernden Blick bedachte sie Jolana, die ungeduldig die beiden beobachtete. »Habt ihr eine Ahnung wo sie meine Rüstung verstaut haben?«
»Hier entlang!« nickte sie bestätigend und ging voraus.
Kapitel 6
Die Eingangshalle war von schwer bewaffneten Hütern überfüllt. Celena, die zwischen den steinernen Durchgängen der Empore hindurchlugte, versuchte eilig die Menge durchzuzählen. Ihre beiden B egleiter gaben sich derselben Tätigkeit hin, wie sie durch einen kurzen Seitenblick neben sich erkannte.
Es war eine für die drei Beobachter unüberwindliche Anzahl von Kriegern und Kriegerinnen, die sich unter ihnen befanden. Jetzt half nur ein Stoßgebet und die Hoffnung, dass die Gefährten bald ihren Weg ins Innere der
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