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Vermiss mein nicht

Vermiss mein nicht

Titel: Vermiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Sandy zu finden?«
    Obwohl er am Telefon war, wurde er rot. »Ja, ich denke, so könnte man es ausdrücken.«
    »Tja, es ist mir egal, ob die anderen Ihnen schon geantwortet haben oder nicht, ich spreche trotzdem für sie. Sie können mit uns rechnen. Sandy liegt uns allen sehr am Herzen, wir tun alles, um sie zu finden. Je schneller wir es schaffen, desto schneller kann sie sich wieder um meinen Bobby kümmern.«
    Offensichtlich befand sie sich genau auf Jacks Wellenlänge.
     
    * * *
     
    Als ich wieder auf meiner Couch lag, tat ich kein Auge mehr zu, sondern überlegte, wo meine Uhr geblieben war. Mir schwirrte der Kopf, weil mir so viele Möglichkeiten einfielen. Gerade malte ich mir eine Welt aus, in der Uhren aßen, schliefen, heirateten und Großvateruhren als Staatsführer wählten, eine Welt, in der Taschenuhren die Intellektuellen waren, wasserfeste Uhren das Meer bevölkerten, Diamantuhren die Aristokratie bildeten und Digitaluhren die Arbeiterschaft darstellten, als ich hörte, wie Joseph ins Haus schlich. Ich hatte ihn noch eine weitere Stunde lang beobachtet, wie er auf der Suche nach meiner Uhr mit großen, wilden Augen die Straße hinauf- und hinuntergewandert war. Jetzt konnte ich mir vorstellen, wie ich aussah, wenn die Suchsucht mich packte – hundertprozentig konzentriert und wie mit Scheuklappen, ohne das Geringste von der Umwelt mitzukriegen.
    Ungefähr eine halbe Stunde nach mir kam er leise, aber eben nicht leise genug ins Haus zurück. Ich drückte das Ohr an die Wand zum Nebenzimmer und versuchte, das Gespräch zwischen ihm und Helena mitzuhören. Das Holz fühlte sich warm an meiner Wange an, und ich schloss für einen Moment die Augen. Auf einmal bekam ich schreckliches Heimweh und sehnte mich nach der warmen Brust, die sich sanft auf und ab bewegte und auf der ich so oft meinen Kopf ausgeruht hatte. Im Haus war es ganz still, und da ich mich plötzlich wie ein Raubtier im Käfig fühlte, beschloss ich, ins Freie zu schlüpfen, ehe sich noch jemand regte.
    Draußen wurden die Marktstände gerade für einen weiteren geschäftigen Verkaufstag vorbereitet. Gesprächsfetzen mischten sich mit dem Lied der Vögel, Gelächter und Rufen, während Kisten ausgepackt und gestapelt wurden. Schon wieder überkam mich das Heimweh, und ich erinnerte mich daran, wie ich an der Hand meiner Mutter auf dem Marktplatz von Carrick-on-Shannon an den Bioständen entlanggeschlendert war, an den Duft von Obst und Gemüse, reif, farbenfroh, verführerisch.
    Schließlich gelangte ich zu Bobbys Laden, dem Fundbüro. Mir fiel gleich auf, dass die Schnitzereien an diesem Gebäude noch bunter und verspielter waren als an den anderen: zwei verschiedenfarbige Socken, eine gelbe mit rosaroten Punkten und eine purpurrote mit orangefarbenen Streifen. Während ich so dastand und bei der Erinnerung an Gregory und unseren Abschiedstanz beim Schulball leise vor mich hinlachte, erschien plötzlich ein Gesicht am Fenster. Mir blieb das Lachen fast im Hals stecken, denn ich hatte das Gefühl, einen Geist vor mir zu sehen. Ich kannte dieses Gesicht! Es gehörte einem jungen Mann, der – vorausgesetzt, ich hatte mich nicht verrechnet – neunzehn Jahre alt war und mich breit angrinste, bis er endlich vom Fenster verschwand und zur Tür kam. Das war also der berühmte Bobby, dem das Fundbüro gehörte und den Helena und Wanda schon so oft erwähnt hatten.
    »Hallo«, sagte er, mit der Schulter an den Türrahmen gelehnt, die Beine lässig gekreuzt, die Hände in meine Richtung gestreckt. »Willkommen im Fundbüro!«
    Ich lachte. »Hallo, Mr. Stanley!«
    Seine Augen wurden schmal vor Staunen, dass ich seinen Namen kannte, aber sein Grinsen wurde umso breiter. »Und wer sind Sie?«
    »Sandy«, antwortete ich. Mir war bekannt, dass Bobby schon als Kind gern den Clown gespielt hatte, denn ich hatte zahllose Videos von ihm gesehen, wie er sich vor der Kamera produziert hatte. »Sie stehen auf meiner Liste«, erklärte ich. »Fürs Vorsprechen gestern. Aber Sie sind nicht erschienen.«
    »Ah!« Jetzt dämmerte ihm offensichtlich, wer ich war, aber er musterte mich weiterhin voller Neugier. »Ich hab schon von Ihnen gehört«, verkündete er, löste sich vom Türrahmen und kam die Treppe herunter, betont cool, die Hände bis zu den Ellbogen in den Hosentaschen. Direkt vor mir blieb er stehen, verschränkte die Arme, legte dann eine Hand ans Kinn und begann mich langsam zu umkreisen.
    Ich lachte wieder. »Was haben Sie denn von mir

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