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Vermisst: Thriller (German Edition)

Vermisst: Thriller (German Edition)

Titel: Vermisst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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an?«
    Zögern. »Gute Idee. Warte, ich brauch einen Augenblick. Lauf weiter.«
    »In welche Richtung?« Meine Verwirrung wuchs von Sekunde zu Sekunde. »Jesse?«
    »Ich muss mich kurz auf den aktuellen Stand bringen. Ist schon ein paar Jahre her, dass ich in Bangkok war.«
    »Sehr witzig.«
    »Links von dir müsste ein Markt sein.«
    Doch da war nur eine Mauer. »Nein.«
    »Dann geradeaus. Richtung Westen.«
    Wieder auf der Straße eilte ich auf eine Kreuzung zu. »Ampeln.«
    »Weiter.«
    An der Ecke blieb ich stehen und spähte nach links – in die falsche Richtung. Auf der linken Seite rauschte der Verkehr von mir weg. Also nach rechts. Busse, Tuk-Tuks und Hunderte von Motorrollern wälzten sich wie eine Lawine auf mich zu. Als ich mich nach dem Wat Po umdrehte, sah ich Terry rennen.
    Der Kobold war direkt hinter ihr. Im nächsten Moment sprang er Terry an wie ein Raubtier seine Beute und warf sie zu Boden.
    Ich war wie gelähmt. Der Kobold schlug Terry ins Gesicht, entriss ihr den Rucksack und durchwühlte ihn. Terry versuchte mühsam, sich aufzurappeln. Ihre Angreiferin schleuderte den Rucksack beiseite und trat ein paar Mal so brutal zu, dass die Australierin zu Boden sank.
    »Großer Gott«, keuchte ich.
    Passanten blieben stehen, und ein Tuk-Tuk-Fahrer brüllte etwas. Terrys Peinigerin blickte auf und entdeckte mich.
    »Oh nein!«
    »Was ist los?«, fragte Jesse.
    Nun kam sie auf mich zu. Hinter ihr näherten sich einige Passanten zögernd Terry, die leblos auf dem Boden lag. Der Kobold fing an zu rennen, wobei er mit dem Finger auf mich zeigte.
    Auf einmal bemerkte ich eine zweite Gestalt, die von Norden her zwischen Bussen und Motorrollern über die Straße flitzte.
    »Sie sind zu zweit«, sagte ich.
    Meine Ampel war immer noch rot, aber nun entdeckte ich eine Lücke im Verkehr und stürzte mich auf die Straße. Taxis hupten. Neben mir tauchte plötzlich ein Bus auf. Noch mehr Adrenalin schoss durch meine Adern, aber dann war ich auf der anderen Straßenseite.
    »Wohin jetzt?«, fragte ich.
    »Nach Westen, zum Fluss.«
    Fluss? Die Erschöpfung drohte, mich zu überwältigen. »Wie weit ist das?«
    »Du schaffst das schon.«
    Ich feuerte mich selbst an, aber es fiel mir schwer, das Tempo zu halten. »Blackburn, was hattest du in Bangkok zu suchen?«
    »Wo bist du gerade?«
    Keine Antwort war auch eine Antwort. »Auf …« Ich schnupperte. »Einem Fischmarkt.«
    »Ah. Ich wusste, dass da ein Markt war«, meinte er. Jede Unsicherheit war verflogen. »Lauf weiter.«
    Der Gehweg war von Kisten mit getrocknetem Tintenfisch verstellt, der einen aufdringlich süßlich-salzigen Geruch verströmte. Die verschrumpelten Tintenfische, platt wie Pfannkuchen, schimmerten grau, und zwischen den Kisten standen alte Leute, die diese Delikatesse von Spießchen aßen. Igitt, Tintenfisch am Stiel.
    Hinter dem Fischmarkt passierte ich winzige Geschäfte und Stände. Die Luft wurde kaum merklich kühler, und es roch nach Wasser.
    »Der Fluss muss vor mir sein.«
    Mit jedem Schritt verstärkte sich meine Gewissheit. Schon sah ich zwischen den Gebäuden ein breites, graugrünes Band schimmern, das mich an geschmolzenes Zinn erinnerte.
    »Das ist der Chao Phraya River. Du bist da.«
    »Und jetzt?«
    »Nimm dir ein Boot.«
    Außer Atem stürzte ich ans Ufer. Der Fluss war riesig. Zweihundert Meter breit funkelte die flaschengrüne Fläche vor mir in der Sonne. An den Ufern erhoben sich luxuriöse Hotels und Bürogebäude, die immer wieder von dichten Baumgruppen aufgelockert wurden. Der Verkehr auf dem Wasser war dicht. Ganz in der Nähe schaukelten Boote an einem Holzkai: Hotelfähren, plump wie Nilpferde.
    Ich starrte sie entsetzt an. »Diese Kähne? Da kann ich mir gleich ein Tretboot nehmen! Jesse, ich werde verfolgt, falls dir das nicht klar sein sollte!«
    »Nein, ich meine die Langboote. Sieh dich um. Da ist bestimmt jemand, der dich fährt, wenn du richtig verhandelst.«
    Tatsächlich entdeckte ich hinter den Hotelfähren lange, schmale Boote, die sich wie Gondeln an einem venezianischen Pier drängten. Hinter mir klatschten Schritte auf dem Holz. Ich gab Gas.
    In das erste Boot stieg gerade eine Touristengruppe ein – Deutsche, dem Klang der Sprache und dem behäbigen Aussehen nach zu urteilen. Ich stürzte zum zweiten Boot, dessen Besitzer in einem Pepsi-T-Shirt rauchend auf dem Pier saß und sich mit einem Freund unterhielt.
    »Bringen Sie mich hier weg«, brüllte ich.
    Er erhob sich und sagte etwas auf Thailändisch.

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