Veronica beschließt zu sterben
ist, und die Anwort gefunden:
Die erste Maschine wurde 1873 von Christopher Scholes erfunden, damit die Leute schöner schreiben konnten. Doch
dabei gab es ein Problem. Wenn man sehr schnell auf der
Maschine schrieb, verhedderten sich die Typen und blokkierten die Maschine. Da entwarf Scholes die QWERTY-Tastatur, eine Tastatur, die die Schreiber zwang, langsam zu
schreiben.
»Das glaube ich nicht.«
»Es stimmt trotzdem. Die Firma Remington, die damals
Nähmaschinen produzierte, benutzte die QWERTY-Tastatur
für die ersten Schreibmaschinen.
Wollten die Leute mit der Maschine schreiben, mußten
sie sich an dieses System gewöhnen. Als später andere Firmen Maschinen mit dieser Tastatur herstellten, wurde sie
zur Normtastatur. Ich wiederhole: Die Tastatur der Maschinen und der Computer wurde entworfen, damit man
langsamer schrieb und nicht schneller, verstehen Sie? Versuchen Sie einmal, die Buchstaben anders anzuordnen, und
Sie werden keinen Käufer für Ihr Produkt finden.«
Als Mari zum ersten Mal eine Tastatur gesehen hatte,
hatte sie sich zwar gefragt, warum die Buchstaben nicht alphabetisch angeordnet waren. Doch sie hatte nie nach dem
Grund gefragt, weil sie glaubte, daß dies die beste Anordnung war, um schnell schreiben zu können.
»Waren Sie schon einmal in Florenz?« fragte Dr. Igor.
»Nein.«
»Da sollten Sie einmal hinfahren, es ist nicht weit, und
dort befindet sich mein zweites Beispiel. In der Kirche Santa
Maria del Fiore in Florenz gibt es eine wunderschöne Uhr,
die Paolo Uccello 1443 entworfen hat. Allerdings hat es mit
dieser Uhr eine besondere Bewandtnis: Sie zeigt wie alle
anderen Uhren auch die Stunden an, doch ihre Zeiger
bewegen sich gegen unseren Uhrzeigersinn.«
»Und was hat das mit meiner Krankheit zu tun?«
»Dazu komme ich gleich. Paolo Uccello wollte nicht originell sein, als er diese Uhr schuf. Es gab damals solche
Uhren und andere, deren Zeiger sich in unserem heutigen
Uhrzeigersinn bewegten. Aus einem unbekannten Grund,
möglicherweise, weil der Herzog eine Uhr besaß, deren
Zeiger sich nach rechts bewegten wie bei unseren heutigen
Uhren, hat diese sich durchgesetzt, und Uccellos Uhr wurde
zu einer Abweichung, einer Verrücktheit.«
Dr. Igor hielt inne. Doch er wußte, daß Mari seinem Gedankengang folgte.
»Nun zu Ihrer Krankheit. Jeder Mensch ist einmalig und
einzigartig, mit seinen Eigenschaften, Trieben, Begierden
und Abenteuern. Doch die Gesellschaft zwingt ihm ein kollektives Verhaltensmuster auf, und die Menschen fragen
sich immer wieder, wieso sie sich so und nicht anders verhalten sollen. Doch letztlich nehmen sie es genauso hin wie
die Daktylographen die QWERTY-Tastatur. Ist Ihnen jemals
jemand begegnet, der Sie gefragt hätte, warum die Uhrzeiger
sich in die eine und nicht in die andere Richtung bewegen?«
»Nein.«
»Sie würden jemanden, der Sie das fragt, wahrscheinlich
für verrückt halten, ihn mit irgendeiner Antwort abspeisen
und anschließend das Thema wechseln.
Nun zu Ihrer Frage. Stellen Sie sie noch einmal!«
»Bin ich geheilt?«
»Nein. Sie sind jemand, der anders ist und den anderen
gleichen möchte. Das ist meiner Meinung nach eine schwere
Krankheit.«
»Ist es schlimm, anders zu sein?«
»Es ist schlimm, sich zu zwingen, wie die anderen zu
sein. Das führt zu Neurosen, Psychosen, Paranoia. Es ist
schlimm, wie die anderen sein zu wollen, weil das bedeutet,
der Natur Gewalt anzutun, den Gesetzen Gottes zuwiderzuhandeln, der in allen Wäldern der Welt kein Blatt geschaffen hat, das dem anderen gleicht. Doch Sie finden, daß
es Wahnsinn ist, anders zu sein, und haben deshalb Villete
ausgesucht, um zu leben. Weil hier alle anders sind und Sie
daher so sind wie die anderen. Haben Sie mich verstanden?«
Mari nickte.
»Weil sie nicht den Mut haben, anders zu sein, handeln
Menschen gegen ihre Natur, und der Körper beginnt Vitriol
zu produzieren - oder Bitterkeit, wie dieses Gift gemeinhin
genannt wird.«
»Was ist Vitriol?«
Dr. Igor merkte, daß er sich zu sehr hatte mitreißen lassen, und beschloß, das Thema zu wechseln.
»Was Vitriol ist, tut hier nichts zur Sache. Was ich damit
sagen wollte, ist folgendes: Alles weist darauf hin, daß Sie
nicht geheilt sind.«
Mari konnte auf eine jahrelange Gerichtserfahrung zurückblicken und fand, daß der Augenblick gekommen war,
sie anzuwenden. Die erste Taktik bestand darin, daß man so
tat, als stimme man seinem Gegner zu, um ihn anschließend
mit einem anderen Gedankengang zu
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