Verräterherz (German Edition)
Plan umsetzen könnte, oder ich würde gleich zu Beginn Misstrauen erwecken und schnell das Weite suchen. So zumindest hatte ich mir das vorgestellt.
„ Marais? Ja, ich erinnere mich. Mein Mann hatte sie ein paar Mal zu uns eingeladen. Eine sympathische Familie.“
Mir fiel ein Stein vom „Herzen“, als ich erfuhr, dass sie die Marais zwar kannte, aber anscheinend nicht in allzu engem Kontakt mit ihnen stand. Blieb die Frage, warum Morlet ausgerechnet Jaqueline Marais ausgewählt hatte ... und wozu eigentlich das Ritual gedient hatte?
„ Die Marais berichteten mir vom Tod Ihres Mannes. Er hatte geschäftliche Verbindungen zu ihnen, wussten Sie das?“
Nun musste ich alles auf eine Karte setzen. Ich beobachtete Madame Morlets Reaktion genau. Sie schien überrascht, aber nicht übermäßig irritiert über meine Aussage zu sein.
„ Nein, das wusste ich nicht. Aber mein Mann hat den Laden alleine geführt. Ich versuche nun die Geschäfte in seinem Sinne weiterzuführen.“
„ Ich kann mir vorstellen, dass dies eine große Aufgabe ist, denn er war ein brillanter Geschäftsmann.“ Und ein sadistischer Dreckskerl, fügte ich in Gedanken an. Von dieser Seite seines Daseins schien seine Frau jedoch nicht das Geringste zu ahnen. Sie lächelte ein wenig traurig und sagte leise: „Ich vermisse ihn wirklich sehr. Ich meine ... er war stets an meiner Seite. Es ist schwer, den Alltag ohne ihn zu meistern. Manchmal vergesse ich sogar, die notwendigen Mahlzeiten zu mir zu nehmen.“
Sie schwieg nun und ich dachte darüber nach, wie unerwartet diese Einsamkeit für sie sein musste. Wie hätte sie auch damit rechnen können, dass ihr unsterblicher Ehemann – ein Hüter noch dazu – eines Tages von ihrer Seite weichen müsste. Ich setzte eine betroffene Miene auf, während sie zögerlich fortfuhr: „Und dann der Laden. Ich versuche zur Zeit aus den Geschäftsbüchern und Kontoauszügen schlau zu werden, und mit seinen Geschäftspartnern in Kontakt zu treten.“
„ Nun, dann denke ich, dass ich Sie genau im richtigen Moment aufsuche, Madame Morlet“, sagte ich freundlich. „Die Familie Marais bat mich nämlich, Ihnen diesbezüglich meine Hilfe anzubieten. Ich könnte die Unterlagen sichten und alles Nötige erledigen, damit der Geschäftsbetrieb ungestört weiterlaufen kann. Sicher, ein kleiner Trost nur, denn Ihr Verlust wiegt natürlich sehr viel schwerer.“
„ Das ist wahr, und dennoch wäre es mir eine überaus große Hilfe, zu wissen, dass sich jemand um all das kümmert, der etwas davon versteht.“
Ich nickte wiederum selbstgefällig, was sie zu dem Nachsatz veranlasste: „Und sicher wäre es auch der Wunsch der Marais, wenn sie geschäftlich mit Nicolas zu tun hatten. Sie werden Sie sicher auch aus diesem Grund hergeschickt haben, nicht wahr?“
Nun lächelte ich unverbindlich. „Ich bin mir sicher, dass den Marais Ihr Wohlergehen, Madame, ebenso wichtig ist, wie ihr eigenes finanzielles.“
„ Natürlich“, erwiderte Madame Morlet, aber sie hatte die Unabwendbarkeit meiner Einmischung durchaus begriffen. Das war mehr, als ich erhofft hatte.
„ Dann erlauben Sie, dass ich nun das Büro betrete und mich um die Bücher Ihres Mannes kümmere?“
„ Natürlich, Monsieur Brasseur. Ich werde Ihnen unterdessen einen kostbaren Tropfen aus dem Vorrat meines Mannes holen, wenn Sie erlauben.“
Als ich nicht sofort reagierte, fuhr sie fort: „Er hat die edelsten Blutsorten für ganz besondere Anlässe aufgehoben. Als enger Vertrauter der Marais ist Ihnen sicher die besondere Stellung meines Mannes bekannt?“
Ihre Frage war nicht allzu geschickt, doch mir war klar, dass ich ihr nun einen weiteren Grund geben sollte, mir zu vertrauen, selbst wenn ihr ohnehin diesbezüglich keine allzu große Wahl blieb. Ich tat ihr den Gefallen und erwiderte voller Ehrfurcht: „Ja, es ist mir bekannt, dass Ihr Mann ein Hüter war. Es ist wirklich ein großer Verlust für unsere Gesellschaft, ihn nun nicht mehr unter uns zu haben.“
Sie nickte bekümmert, dann änderte sich ihr Gesichtsausdruck, Hass zeigte sich darin, dem ich so gelassen wie möglich begegnete.
„ Sein feiger Mörder sah das offensichtlich anders. Er gehört zum Abschaum der Vampirgesellschaft müssen Sie wissen. Jemand, der keine Ahnung von Recht und Unrecht hat, sondern wohl glaubte, sich durch den Mord an meinem geliebten Mann wichtig machen zu können. Genau das Gegenteil hat er damit erreicht. Es wird keinen Ort mehr geben, an dem er sich in
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