Verrat im Zunfthaus
süße, einen Korb saure und sechs Ingwerwurzeln. Mehr hatte Meister Kollhaas nicht. Ich habe sie in der Apotheke in das Fach unter den Tresen gelegt. Soll ich sie holen?»
«Ach nein, das mache ich selbst. Stell mir aber bitte die Kirschen bereit, damit ich gleich mit der Verarbeitung beginnen kann. Ihr werdet mir beide dabei helfen.»
Adelina wandte sich ab und ging in die Apotheke. Während sie den Beutel mit den Ingwerwurzeln unter dem Tresen hervorzog, hörte sie Miras Wispern: «Dafür hab ich was gut bei dir. Los, füll die Kirschen hier in den Eimer und lass den Korb verschwinden!»
Adelina ließ sich mit der Rückkehr ins Hinterzimmer besonders viel Zeit. Sie hörte es knistern und rascheln, und als sie den Raum schließlich wieder betrat, hob Mira gerade den Eimer mit den Kirschen auf den Tisch, und Griet kam mit geröteten Wangen vom Flur aus hereingelaufen.
«Ich … hab nur was … weggebracht», stotterte sie, als sie Adelinas Blick auffing.
«Sollen wir den Sud für die Zuckerlösung ansetzen?», fragte Mira dazwischen. Dabei stieß sie Griet mit dem Ellenbogen in die Seite.
«Ich hole einen großen Topf!», rief Griet daraufhin und stob davon.
Adelina sah ihr kurz nach, dann wandte sie sich wieder Mira zu. «Bevor wir den Sud ansetzen, müssen die Süßkirschen entsteint werden. Lass dir von Magda zwei Messerchen geben. Du und Griet könnt diese Aufgabe übernehmen. In der Zwischenzeit kümmere ich mich um die Rosenwasser-Zuckerlösung. Morgen will ich damit beginnen, eine neue Sorte Konfekt herzustellen.»
***
Als wenig später Benedikta und Feidgin von ihrem Spaziergang zurückkehrten, waren beide mit großen, reichgefüllten Körben beladen.
«Was für eine Auswahl!», schwärmte Feidgin. «Nicht wahr, Schwester, ein solch großes Angebot gibt es bei uns nicht einmal auf dem Jahrmarkt! Und die Bauwerke und Kirchen erst! Der Dom, welch eindrucksvoller Anblick! Aber wie lange wird es wohl dauern, bis er fertig wird? Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das überhaupt von Menschen geschafft werden soll. Das muss ja noch Generationen dauern.»
«Das wird es wohl auch, Feidgin», sagte Benedikta mit einem zustimmenden Nicken. «Es ist jetzt schon ein Wunder, und wenn man diesen riesigen Kran sieht, und jeder Stein muss einzeln hinauftransportiert werden, einfach unglaublich. Ach, Adelina, meine Liebe», sie setzte sich neben die Angesprochene auf die Ofenbank in der Küche. «Wie ich sehe, hat Colin seine Mahlzeit bereits hinter sich.» Sie streichelte ihrem Enkel liebevoll über das gerötete Gesichtchen. Als er daraufhin seineMundwinkel zu einem Lächeln verzog, stieß sie einen Begeisterungsschrei aus. «Er lächelt! Schau Feidgin, er hat mich angelächelt! Ganz eindeutig. Ach ja, mein Junge, du hast schon verstanden, dass ich deine liebe Großmutter bin, nicht wahr?» Wieder streichelte sie ihm über die Wange. Dann sah sie wieder Adelina an. «Du wirst doch bestimmt nichts dagegen haben, meine Liebe, wenn ich mich heute um das Abendessen kümmere? Ich habe ganz frische Heringe gekauft und will daraus eine Suppe kochen. Nicht wahr, Feidgin, meine Heringssuppe ist weithin bekannt.»
«O ja, sie schmeckt wunderbar. Ich freue mich schon darauf.»
Adelina seufzte innerlich. Sie hatte Franziska bereits Gemüse für einen Eintopf putzen lassen. Doch der Fisch war leicht verderblich, also konnte sie Benedikta den Wunsch wohl nicht abschlagen. «Gerne», antwortete sie deshalb kurz angebunden. «Wenn du noch andere Zutaten benötigst, sag Magda Bescheid.»
«Natürlich. Karotten und Sellerie wären nicht schlecht, auch Erbsen passen sehr gut.»
Adelina atmete auf. Dann würde wenigstens das geputzte Gemüse Verwendung finden. «Das ist alles da, Frau Benedikta. Nehmt Euch, was Ihr benötigt.»
«Schön, sehr schön. Feidgin, hilfst du mir? Und Adelina, wenn es dir nichts ausmacht, würde ich Colin gerne ein wenig hier in der Küche behalten. Dann kannst du dich in Ruhe weiter um die Kirschen kümmern. Hmm, wie gut dieser Zuckerüberzug riecht! Ich hoffe, du lässt mich bald einmal davon probieren.»
«Ganz sicher, Frau Benedikta.» Adelina legte Colin in seine Wiege und entfloh. Hinter sich hörte sie die beidenFrauen geschäftig mit Töpfen klappern und dabei fröhlich über die Dombaustelle plaudern.
***
«Wie lange habe ich schon nicht mehr diese Heringssuppe gegessen!», schwärmte Neklas, als er sich spät am Abend zu Adelina ins Hinterzimmer gesellte, wo sie gerade dabei war, mit
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