Verrat und Verführung
Närrin.“
„Ganz sicher werde ich es vergessen – das muss ich!“, flüsterte sie im Brustton einer Überzeugung, zu der sie gar nicht gelangt war. „Für dergleichen bin ich … noch nicht bereit.“
Sanft hob Simon ihr Kinn und schaute eindringlich in ihre Augen. „Ich begehre Euch“, gestand er heiser. In seiner Schläfe pochte ein Puls, verriet Christina das Ausmaß seiner Sinnenlust, und er las wachsende Bestürzung in ihren schönen Zügen.
Fast flehend schüttelte sie den Kopf, eine stumme Bitte um Gnade. Trotzdem zog er sie näher zu sich heran. Von hilfloser Faszination erfasst, starrte sie in seine leuchtenden Silberaugen. Entschlossen neigte er sich herab.
Während er Koseworte murmelte, hauchte er fieberheiße und zugleich federleichte Küsse auf ihre Wangen, den Hals, die zarten Lider, die sie gesenkt hatte, um zu empfangen, was er ihr schenkte. Nur noch ein einziges Mal suchte und fand sein Mund ihre Lippen. Voller Leidenschaft küsste er sie. Dann richtete er sich auf und ließ sie los.
Ihre Blicke trafen sich und hielten einander fest, tiefblaue und silbergraue Augen schienen Geheimnisse zu suchen und Erinnerungen zu sammeln. Als Christina behauptet hatte, für dergleichen sei sie noch nicht bereit, war es eine Lüge gewesen. Das wusste sie ebenso gut wie er.
Und sie ahnte die Einsamkeit voraus, die sie erdulden würde, wenn sie sich trennen mussten. Wehmütig gestand sie sich die Wahrheit ein – von Anfang an hatte Lord Rockley sie verzaubert. Obwohl sie Abstand halten wollte, wozu die Stimme ihrer Vernunft ihr dringend riet, spürte sie seinen Magnetismus immer intensiver. Seine Nähe tröstete ihre verletzte Seele. Inbrünstig sehnte sie sich danach, Kraft aus seiner unbeugsamen Stärke zu schöpfen, Selbstbewusstsein aus seiner zärtlichen Aufmerksamkeit.
Nein, niemals würde sie die Küsse vergessen, die ersten ihres Lebens. Verzweifelt hoffte sie, er möge sie wieder küssen, wünschte sich, seine Hände auf ihrer nackten Haut zu spüren – und noch viel mehr. Und was am schlimmsten daran war, er wusste es.
Schweigend gingen sie zu den Pferden zurück. Lord Rockley hob Christina in den Sattel. Dann stieg er auf seinen Rappen.
Als sie sie davonreiten wollte, berührte er ihr Knie und hielt sie zurück. Abwartend erwiderte sie seinen Blick.
„Was ich vorhin sagte, war ernst gemeint, Christina. Ihr könnt mir vertrauen. In allen Belangen. Das werdet Ihr nicht bereuen.“
Keine Sekunde lang zweifelte sie an seiner Aufrichtigkeit. Diese Erkenntnis erwärmte ihr Herz. Nach der gebieterischen Leidenschaft, mit der er sie betört hatte, war sie nicht auf eine so glaubwürdige Beteuerung, auf den ehrlichen, gütigen Klang seiner Stimme gefasst gewesen.
So leicht wäre es, sich den ganzen Kummer von der Seele zu reden und ihm anzuvertrauen, was sie so schmerzlich belastete … Allein schon seine Anwesenheit gab ihr ein Gefühl der Sicherheit.
Nur eine Illusion, dachte sie bedrückt. Denn Lord Rockley stellte eine Gefahr dar, wenn auch eine andere als jene, die von Mark Buckley ausging.
War Lord Rockley tatsächlich gefährlich? Dagegen protestierte ihr Herz. Mark Buckley jagte ihr eisige Angst ein. Und der Mann, der nach ihm fahndete, erweckte den Eindruck, er würde sie beschützen. Wie gern würde sie ihm erzählen, was der Schurke ihrem Bruder und ihr selbst angedroht hatte – er würde sie beide töten, wenn sie seine Befehle missachteten … Und er würde Oakbridge niederbrennen …
Doch sie wagte es nicht; zu groß war ihre Furcht.
Den Kopf hoch erhoben, schaute sie geradeaus und richtete sich im Sattel auf. „Es ist sehr freundlich von Euch, an mich zu denken, Lord Rockley. Aber ich versichere Euch, wenn mich irgendetwas beunruhigen sollte – was nicht der Fall ist, wie ich betonen muss –, habe ich meinen Bruder, an den ich mich wenden kann. Außerdem werdet Ihr Oakbridge bald verlassen, und es ist unwahrscheinlich, dass wir uns noch einmal begegnen werden.“
Seine Augen verengten sich. Langsam schüttelte er den Kopf. „Darauf solltet Ihr nicht wetten, Christina. Ganz bestimmt werden wir uns wiedersehen. Dafür sorge ich.“
Ohne zu antworten, spornte sie ihre Stute zum Galopp an. Natürlich gönnte er ihr keinen allzu großen Vorsprung.
Wie töricht war sie gewesen, Lord Rockleys Charme zu erliegen und romantische Gefühle zu hegen – nur weil er groß und attraktiv und weil sie eine dumme Gans war – eine naive, schwärmerische Närrin! Je eher dieser Mann
Weitere Kostenlose Bücher