Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
hat?«
»Das kann ich nicht sagen. Aber ich weiß, dass er nicht der Heilige war, für den du ihn gehalten hast. Er war auch nur ein Mensch und hatte seine Fehler. Die du einfach nicht gesehen hast.«
»Glaubt du, dass er Nutten eingeladen hat, wenn er geschäftlich unterwegs war? Glaubst du diese widerlichen Dinge, die McKee behauptet hat?«
Er wusste, dass es schmerzlich für sie würde, doch es war allerhöchste Zeit, dass sie erfuhr, wie es wirklich gewesen war. »Ich wusste, dass er Frauengeschichten hatte. Das wusste jeder außer dir.«
Sie verschränkte die Arme vor dem Bauch und beugte sich auf ihrem Stuhl nach vorn, als ob sie Schmerzen hätte. »Bitte sag, dass das nicht wahr ist, Pinkie«, schluchzte sie, während ihr ein Strom von Tränen über die Wangen rann.
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nichts Genaues. Aber wenn es so viel Gerede gibt, ist meist auch irgendetwas
dran. Du warst unglaublich verletzlich, als du Thomas so kurz nach dem Tod deines Vaters getroffen hast. Er war genau das, was du damals brauchtest, stark, gutmütig und fürsorglich. Ich war froh, dass du ihn hattest. Wirklich froh.«
Sie sank wieder auf ihren Stuhl. »Die Ehefrau ist immer die Letzte, die etwas davon erfährt, nicht wahr? Ich komme mir wie eine Vollidiotin vor.«
»Das darfst du nicht. Wynne hat dich geliebt. Seine Eskapaden hatten nichts mit euch beiden zu tun. Du hast ihn geliebt, warst glücklich und wärst es wahrscheinlich auch noch jahrelang geblieben, wenn er nicht plötzlich gestorben wäre. Doch er ist nun einmal nicht mehr da.«
Er kam hinter seinem Schreibtisch hervor und nahm tröstend ihre Hand. »Du hast Thomas’ Sünden dem Falschen angelastet, Kari. McKee hatte keine andere Wahl, als die Wahrheit ans Licht zu zerren.« Er dachte über seine nächsten Worte nach. »Ich glaube, das hat ihm genauso wenig Spaß gemacht wie dir.«
Sie legte kurz den Kopf auf seinen Arm, machte sich dann aber wieder von ihm los, und obwohl sie nicht mehr weinte, sah sie vollkommen erledigt aus. »Vielleicht brauche ich wirklich etwas Zeit für mich. Ich muss sehr viel nachdenken und mir über meine Gefühle klar werden.« Sie stand auf und ging zur Tür.
»Was wirst du jetzt tun?«
Sie sah durch ihn hindurch, antwortete vage: »Weiß noch nicht«, verließ sein Büro, ging durch die leere Redaktion und verschwand dann in der Dunkelheit.
Als es bei Bonnie klingelte, war der letzte Mensch, den sie vor ihrer Wohnungstür erwartet hätte, Pinkie Lewis. »Hast du was zu trinken?«, fragte er sie, ohne auch nur hallo zu sagen oder eine Erklärung dafür abzugeben, weshalb er um diese Zeit bei ihr erschien.
Bonnie band gereizt den Gürtel ihres Morgenmantels enger. »Was ist los? Streiken die Theker, oder was?«
»Hast du was zu trinken oder nicht?«
»Whiskey?«, fragte sie barsch.
»Pur. Am besten einen doppelten.«
Gleich, nachdem ihr letztes Kind vom College abgegangen war, hatte Bonnie sämtliche Möbelstücke, die die Spuren der Verwüstung durch drei Söhne getragen hatten, entsorgt und sich mit einer neuen Einrichtung dafür belohnt, dass sie ihre Kinder ganz alleine groß gezogen hatte und in all den Jahren nie auch nur ein Cent für sie selbst übrig gewesen war.
Pinkie warf seinen Mantel über die Lehne eines Stuhls, flegelte sich auf die Couch, zog seine Krawatte aus, ließ sie achtlos auf die Sofakissen fallen und streifte auch noch seine Schuhe ab. Durch sein zerknittertes Erscheinungsbild wurde die perfekte Ordnung in der Wohnung ruiniert, doch zu ihrer Überraschung stellte Bonnie fest, dass ihr die plötzliche Unordnung durchaus gefiel. Weil die Wohnung bereits viel zu lange allzu aufgeräumt gewesen war.
Sie reichte ihm sein Whiskeyglas, setzte sich neben ihn, legte ihren Arm auf der Rückenlehne ab und zog ihre nackten Füße unter sich. »Ich verdanke diesen Besuch doch wohl nicht etwa der Tatsache, dass du deine Leidenschaft für mich nicht mehr zügeln kannst?«
Er bedachte sie mit einem säuerlichen Blick. »Ich habe heute Abend keine Lust, mit dir zu streiten. Ich fühle mich total beschissen. Die Geschäftsleitung hat Kari für drei Monate suspendiert.« Er erzählte ihr die Einzelheiten, und als sein Bericht geendet hatte und sie nichts erwiderte, fuhr er zu ihr herum. »Sag etwas.«
»Wahrscheinlich konnte ihr nichts Besseres passieren.«
Ein wenig besänftigt nippte er erneut an seinem Glas. »Das habe ich auch zu ihr gesagt. Außerdem dachte ich, dass es das Beste wäre, ihr
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