Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschärftes Verhör

Verschärftes Verhör

Titel: Verschärftes Verhör Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
Vom Netzwerk:
gemeinsam Razzien durchgeführt und sogar Verhöre auf dem Schlachtfeld abgehalten. Der Tonfall des Soldaten verriet ihr jedoch, dass an der Sache etwas faul war.
    Sie wollte sich schon erkundigen, wann man Colin zurückerwartete, überlegte es sich aber anders.
    »Wir werden Ihre Nachricht natürlich weitergeben«, sagte ein anderer Soldat, worauf verlegenes Gelächter ertönte.
    Ja, dachte Kat, hier war definitiv etwas faul.
    Als sie das Haupttor erreichte und wieder in den Disney Drive bog, war der Himmel schwarz und wolkenlos und wurde nur vom nackten Schein einer dünnen Mondsichel erhellt. Auf der anderen Talseite fand ein Manöver statt. Große Staub- und Rauchwolken stiegen von den fernen Hügeln auf, Sekunden später folgte der verzögerte Donnerhall der M198-Howitzer-Geschütze Kaliber 155, die von den Marines eingesetzt wurden.
    Es hatte keinen Sinn, ins Bett zu gehen. Bei diesem Feuer konnte sie ohnehin nicht schlafen. Außerdem musste sie zwei Stunden später wieder in den Verhörkabinen sein und wäre nach einem kurzen Nickerchen noch müder und schlechter gelaunt als zuvor. Nein, sie konnte ebenso gut arbeiten.
    Im Verhörzentrum befand sich nur ein libanesischstämmiger Kollege aus Brooklyn, der neben ihr einer der wenigen arabisch sprechenden Spezialisten war. Nachdem sie zwei Tage lang ununterbrochen im Einsatz gewesen waren, nutzten die übrigen Kollegen die kurze Ruhepause, um zu schlafen. Kat war plötzlich erschöpft und wütend auf sich, weil sie nicht ins Bett gegangen war.
    »Kannst du nicht schlafen?«, erkundigte sich der junge Mann, der nur bei seinem Nachnamen Hariri gerufen wurde, und schaute von dem Bericht auf, an dem er gerade arbeitete.
    »Diese gottverdammten Howitzer«, beklagte sich Kat, goss sich eine Tasse Kaffee ein und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
    Hariri lächelte. »Glaub mir, man gewöhnt sich dran.«
    »Was machst du dann hier?«
    »Bisschen nacharbeiten.«
    New Yorker und Araber zugleich, dachte Kat, das waren zwei gewaltige Lasten in diesem Krieg. Sie trank von ihrem Kaffee und zuckte zusammen. Sie mochte ihn gerne stark, aber die Brühe war so dick, dass man sie fast kauen musste.
    »Hast du von den Iranern gehört?«, erkundigte sich Hariri.
    »Den beiden, die gestern Abend hereingekommen sind?« Ihres Wissens waren Jamals Reisegefährten die einzigen Iraner auf dem Stützpunkt.
    Hariri nickte ernst. »Einer von ihnen ist tot.«
    »Wie ist das passiert?« Alle Verhörspezialisten legten großen Wert darauf, dass es ihren Gefangenen gut erging. Hariris Gesichtsausdruck verriet ihr, dass auch er den Fall persönlich nahm.
    »Ich weiß keine Einzelheiten. Anscheinend ist er erstickt.« Er senkte die Stimme und schaute sich rasch um. »Es ist wohl draußen in der zivilen Einrichtung passiert. Du weißt ja, was da läuft.«
    Die Salzgrube, dachte Kat und nickte, um Hariri zu zeigen, dass sie über die zivilen Verhöre Bescheid wusste. Jetzt verstand sie auch, warum die Jungs vom SBS so unfreundlich gewesen waren. Die Iraner waren ihre Gefangenen gewesen.
Spanien
    »Natürlich, Bruder«, sagte der Mann, der sich selbst Ahmed nannte, und legte Abdullah die Hand auf die Schulter, während er Jamal durchdringend ansah. »Allah wird deine guten Taten belohnen.«
    Wie so viele, denen Jamal begegnet war, trug auch Ahmed ein Käppchen und das traditionelle braune Gewand eines Imam. Pflichtbewusste Männer, Männer der Moschee, die fromm redeten, aber nicht immer fromm handelten. Wie Bagheri oder die beiden, mit denen Jamal beim ersten Mal von Abdullah weggegangen war.
    Die beiden Männer, ebenfalls Marokkaner, hatten Jamal eines Tages in der Nähe des Fähranlegers angesprochen und ihm eine Zukunft versprochen, als er selbst keine mehr sah. Drei gute Mahlzeiten und ein sicherer Schlafplatz, kleiner Bruder. Jamal hatte die Forderungen des Glaubens gegen die Abdullahs abgewogen und nicht lange gezögert. Nachdem er drei Monate lang Abdullahs nächtliche Streicheleinheiten und die Scham und den Schmerz, die unweigerlich darauf folgten, ertragen hatte, war Jamal bereit gewesen, seine Seele zu opfern, sie jedem Gott zu opfern, solange nur sein Körper gerettet wurde. Hätte er jedoch gewusst, wie groß dieses Opfer sein würde, hätte er es sich vielleicht anders überlegt.
    Abdullah nickte glückselig. »Das ist wahr. Ich bin für diese Jungen wie ein Vater. Wenn Allah es will.«
    Es waren leere Worte. Er erwähnte Gottes Namen nicht aus Frömmigkeit, sondern um mit Ahmed ins

Weitere Kostenlose Bücher