Verscharrt: Thriller (German Edition)
eigentlich dran? «
» Nie. «
Wawrinka führt O’Hara an der Küche vorbei ins Wohn-/Esszimmer und haut auf den Lichtschalter. » Sieht hier noch ganz genauso aus « , sagt sie.
» Ist sechs Monate her « , sagt O’Hara. » Wurde die Wohnung nicht verkauft oder vermietet? «
» Ich nehme an, du hast nicht verfolgt, wie’s auf dem Immobilienmarkt in Florida aussieht. Vor zwei Jahren war eine Wohnung wie diese hier direkt am Golf noch eine Million Dollar wert. Jetzt gerade noch die Hälfte, vorausgesetzt man findet überhaupt jemanden, der sie kaufen will, was eher unwahrscheinlich ist. Soweit ich weiß, hat sich Levins Tochter bislang erst gar nicht die Mühe gemacht, sie zum Verkauf anzubieten. «
» Seit sechs Monaten war niemand hier? «
» Vielleicht hat ein Nachbar seiner makabren Neugier nachgegeben und den Hausmeister überredet, ihn herumzuführen. Oder vielleicht hat sich eine Maklerin Zutritt verschafft, aber eigentlich sieht es nicht danach aus. Ich hab jedenfalls zum Vergleich die Fotos mitgebracht. «
Gefolgt von Wawrinka betritt O’Hara vorsichtig das Schlafzimmer, in dem sich die letzten Minuten von Benjamin Levin abgespielt haben müssen. Sie mustert die Ecke des Bettes, auf dem er saß, als er sich mutmaßlich eigenhändig erschoss, und auch den Nachttisch, an dem das Gewehr lehnte. Dann macht sie dieselben drei Schritte wie Levin, bevor dieser im Badezimmer zusammenbrach. Als sie die Bilder mit der Realität vergleicht, findet sie dieselbe hellgelbe Tagesdecke und darauf den Bilderrahmen mit dem Gesicht nach unten.
Im Badezimmer wurde das Blut von den Fliesen geschrubbt, das ist die einzige sichtbare Veränderung. O’Hara ist sich unschlüssig, ob sie sich mehr über die unerwartete Unversehrtheit des Tatorts freuen soll oder darüber, dass Wawrinka daran gedacht hat, dem Hausmeister Bescheid zu geben, damit er die Klimaanlage einschaltet. Ohne diese würden selbst die Wände schwitzen. Als O’Hara das Bild mit einem Kugelschreiber in der Hand umdreht, versteht sie, warum er sich entschieden haben könnte, seinen letzten Blick darauf zu werfen. Auf dem Bild ist Levin mit seinem braunhaarigen Enkel zu sehen, ungefähr so alt wie Herc. Sie liegen ausgestreckt auf dem Bett und spielen Karten. Keiner von beiden bekommt mit, dass er fotografiert wird, beide sind vollkommen in ihr Spiel vertieft und fühlen sich ganz offensichtlich wohl in der Gegenwart des anderen. Vor dem Bett stehen eine Kommode und ein Fernsehtisch, auf der anderen Seite ein Sessel und eine hohe Halogenstehlampe. Hinter ihnen geht ein großes Fenster zum Golf hinaus, und als O’Hara am Fußende des Bettes vorbeigeht und hinter die Jalousien späht, knallt ihr die Sonne entgegen. » Siehst du den Holzlöffel auf dem Fernsehtisch? « , fragt O’Hara. » Erinnerst du dich daran? «
» Nein. «
» Glaubst du, der war vor sechs Monaten schon da? «
» Keine Ahnung, aber ich wüsste auch nicht, weshalb ihn jemand da hingelegt haben sollte. «
» Stand nichts auf dem Herd, als ihr gekommen seid? Keine leise köchelnde Soße? Keine Pasta? «
» Daran würde ich mich erinnern. «
Das will ich hoffen, denkt O’Hara.
» Es war elf Uhr morgens « , sagt Wawrinka mit einer Spur von Verärgerung. » Der Mann hat sich nicht in Tennishose Spaghetti gekocht. «
» Warum hat er dann einen Kochlöffel mit ins Schlafzimmer genommen? «
» Vielleicht hat er das gar nicht an diesem Morgen gemacht. Vielleicht hat er ihn zu einem früheren Zeitpunkt dorthin gelegt und vergessen. Vielleicht wollte er sich damit am Rücken kratzen oder an einem anderen Körperteil, über den ich lieber nicht nachdenke. Vielleicht hat er eine Wasserwanze damit erschlagen. Oder er hat sich eine Nutte bestellt und ihr damit den Arsch versohlt. «
» Einmal Arschversohlen vom Lieferservice? «
» Ja, wobei ich in dem Fall aber bezweifeln möchte, dass er ihn dort liegen gelassen hätte. «
Stimmt, denkt O’Hara und ist beeindruckt. Nicht, wenn er ihn für etwas im weitesten Sinne Unanständiges benutzt hat. In der Küche macht sie alle Schränke auf, bis sie die Schublade mit den Kochutensilien findet. Darin liegen ein großer Plastiklöffel mit einem Loch, zwei verschiedene Käsereiben, drei Pfannenwender, ein Korkenzieher und zwei weitere Holzlöffel, ähnlich wie der im Schlafzimmer. » Hier kommt der Löffel also her « , sagt O’Hara.
» Sieht so aus. «
» Kennst du die Band Spoon? « , fragt O’Hara. » Ich find die ganz gut. «
» Geht so
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