Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi
was entdeckt?«
Ich schüttle den Kopf, »Du warst bloß so gefährlich nahe …«
»Sei nicht so Angsthase. Wenn man hinunterschaut, ist interessant: Bis auf einen Ölfleck hat das Auto gar keine Spuren gemacht, die man noch sehen kann. Die Steine sind stärker.«
Gar keine Spuren finden wir auch entlang der Kehre, kein Wunder, die Ermittlungstechniker sind nicht so freundlich gewesen, etwas zu vergessen, das uns dann Wochen später auffallen könnte.
Ich höre eine Autotür und wieder leises Lachen. Wir steigen in unseren Wagen und fahren die Kehre nach oben. Das Liebespaar wirkt nicht eben so, als sei es erfreut, uns zu sehen. Die beiden sind zirka Mitte dreißig, vielleicht vierzig. Haben sie keine andere Möglichkeit, als sich hier zu treffen, oder finden sie es einfach schön zwischen den Steinen, im Hintergrund Wien und das dunstige Wiener Becken?
»Entschuldigung«, beginne ich, »wir wollen nicht lange stören, aber kennen Sie vielleicht diesen Mann?« Ich halte ihnen ein Foto von Dr. Hofer hin.
Sie sehen auf das Bild, dann schauen sie uns an. »Wer sind Sie? Polizei?«, fragt der Mann und fingert an seinem Gürtel herum.
Irgendjemand hat einmal den Begriff des »frisch gefickten Eichhörnchens« fallen lassen, muss wohl in der Redaktion gewesen sein. Genau so sehen die beiden aus. »Wie kommen Sie darauf?«, frage ich zurück.
»Ich kenne ihn nicht«, sagt die Frau mit den halblangen blonden Haaren. »Hab ihn noch nie gesehen.«
»Sie sind öfter hier«, behauptet Vesna, »er war es auch.«
Der Mann räuspert sich: »Kann sein, aber das ändert nichts daran, dass wir einander nicht kennen. Es ist unhöflich, so genau hinzusehen.«
»Das heißt: Man sieht die anderen gar nicht, auch wenn sie da sind?«, frage ich.
»So viele sind es nicht. Ja, so in etwa stimmt das aber«, murmelt die Frau.
»Er hatte einen beigen Mercedes«, helfe ich nach.
»Sorry, so einen kennen wir nicht«, sagt der Mann sichtlich ungeduldig.
»Es geht um einen Mord«, versucht es Vesna.
»Was? Hier?«
Danach ist aus den beiden schon gar nichts mehr herauszubekommen.
Wir treffen Gerda im Fitnessstudio, sie macht für Hiller eine Fotoserie, hat mir die Praktikantin in unserer Fotoredaktion erzählt und hinzugefügt: »Ihr geht es finanziell nicht besonders, glaube ich.«
Ob sie das neben ihrem Job in der Redaktion darf? Zusatzverdienste, die etwas mit der hauptberuflichen Tätigkeit zu tun haben, müssen von der Chefredaktion genehmigt werden. Aber: Was geht es mich an?
Gerda steht an der Fitness-Bar und versucht Hiller ins beste Licht zu rücken. Seine Angestellten sehen besser aus als er, da hilft alles nichts. Muskeln kann man züchten, aber gegen ein fliehendes Kinn kann man wenig tun.
Gerda ist nicht weiter überrascht, mich zu sehen. »Höchste Zeit, dass du wieder einmal trainierst«, sagt sie. Vesna sieht sich interessiert um.
»Für Privatdetektivin ist so ein Muskeltraining sehr gut«, flüstert sie mir zu, »aber viel zu teuer.«
Vielleicht kann ich meine Halbjahreskarte auf sie umschreiben lassen. Das wäre eine ausgezeichnete Idee: Ich wäre sie los, und Vesna hätte Freude damit.
»Eigentlich sind wir gekommen, um mit dir zu reden«, sage ich leise zu Gerda, als Hiller wie so oft telefonierend verschwindet.
Sie sieht erschrocken auf. »Gibt es etwas Neues?«
Vesna und ich nicken gleichzeitig.
»In einer halben Stunde bin ich fertig, ich wollte danach trainieren, aber sie haben ohnehin bis 22 Uhr geöffnet. Sollen wir hier reden?«
Ich sehe mich um und schüttle den Kopf, zu viele Menschen. »Was ist mit der Pool-Landschaft?«
Gerda nickt. »Da gibt es genug Plätze, wo man ungestört ist – vorausgesetzt, ihr habt einen Badeanzug dabei.«
»Habe ich immer mit«, sage ich und klopfe auf meine große Umhängetasche. Ist so eine Manie von mir, nur für den Fall, dass mir überraschend warmes, verlockendes Wasser begegnet.
»Und was ist mit mir?«, fragt Vesna.
»Man kann sich einen leihen«, erwidert Gerda. Sie scheint sich hier schon gut auszukennen.
Wir sitzen zu dritt in einem Whirlpool. Um uns herum sanftes Geplätscher, Halbdunkel und Musik, auf die ich allerdings verzichten könnte: Irgend so etwas Sphärisch-Esoterisches mit zu viel Panflöte und Harfe. Aber der Platz ist wie geschaffen für ein konspiratives Treffen. Gerda lacht, als ich das sage. »Du brauchst dich nur umzusehen, das get.moving ist Treffpunkt für viele Besprechungen, von denen niemand etwas wissen soll. Hierher
Weitere Kostenlose Bücher