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Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Titel: Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edi Graf
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wandernde Gnus
und Zebras zu Hunderten bei der Überquerung reißender Flüsse verendeten und aufgebläht
ans Ufer trieben.
    Er wich
den morastigen, ölig schimmernden Pfützen aus und erreichte schließlich die Talsohle.
Er schlug einen der breiteren Wege ein, der quer zum Abhang des Tals verlief. Zu
Hunderten lungerten die Menschen am Straßenrand und zwischen den Hütten herum, taten
nichts, saßen einfach nur im Schatten der rostigen Dächer, standen in kleinen Gruppen
an den Weggabelungen, starrten aus den Fenstern, die eigentlich nur Löcher in den
primitiven Bretterwänden waren. Alan fühlte sich von 1000 Augenpaaren beobachtet,
von kräftigen Männern verfolgt, von schmuddeligen Frauen begehrt. Nur selten verirrte
sich ein Mzungu, ein Weißer, hierher.
    Alan bog
wahllos in eine der engen Müllgassen ein, die zwischen den Hütten gerade genug Platz
für einen Menschen ließen. Dann rechts um die Ecke einer verrosteten Wellblechbaracke,
links an einem moderigen Abfallhaufen vorbei, balancierend über ein paar morsche
Bretter, die als Stege über stinkende Schlammsuhlen dienten, kletternd über Kisten
und losen Steinschutt, wieder links an einem Holzschuppen vorbei, an einer Hüttenwand
entlang, die aus Coladosen und Schlamm errichtet worden war, unter Wäscheleinen
mit schmutzigen Kleidungsfetzen hindurch, über Geröll und alte Autoreifen steigend,
einem toten, abgehäuteten Hund ausweichend, vorbei an spielenden Kindern mit triefenden
Nasen, immer tiefer und weiter hinein in den Wirrwarr aus Lehm, Blech, Holz, Dreck,
Gestank und Fäulnis.
    Alan stand
plötzlich am Ufer eines schlammigen braunen Flussbetts, in dem sich ein Rinnsal
einen Weg durch ein Geröllfeld aus Schrott bahnte. Am Ufer standen in unregelmäßigen
Abständen rostige Blechfässer, aus denen kurze Schläuche in das schmutzige Wasser
ragten, Alkoholgeruch mischte sich in den fauligen Gestank, der wie eine Dunstglocke
über dem Tal hing.
    Er hatte
schon von dem berüchtigten Chang’aa gehört, den die Männer hier im Mathare Valley
brauten. Der Fusel war einfach herzustellen, doch war das Chang’aa brauen eigentlich
verboten. Jetzt stand er direkt vor der illegalen Raffinerie und beobachtete die
Männer interessiert bei ihrer Arbeit. Ein langer dürrer Kerl, der im Fluss an einem
der Schläuche hantierte, wischte sich die nassen Hände an der schmutzigen Hose ab
und kam ein paar Schritte auf Alan zu.
    »Ondoka!
Ondoka! Verschwinde!« Die Miene des Schwarzen machte deutlich, dass ein Weißer hier
unten am Fluss unerwünscht war. Auch die anderen Männer am Ufer sahen jetzt finster
zu ihm herüber. Ihr Verhalten deutete darauf hin, dass sie sich jeden Augenblick
zusammenrotten würden, um ihn zu vertreiben. Es war nicht ratsam, sich hier auf
einen Streit einzulassen. Viel zu schnell konnte ein Messer zwischen seinen Rippen
stecken, und er hatte keine Lust, an diesem Tag zu den Todesopfern des Mathare Valley
zu gehören.
    Die Sonne
stand jetzt noch etwa eine Handbreit über den rostigen Dächern der Hütten am Rande
des Tals. Scott versuchte, sich in dem Durcheinander von Hütten und Baracken zu
orientieren und suchte im letzten Tageslicht nach dem breiten Weg, der ihn in die
Slums geführt hatte. Er hatte das sichere Gefühl, die Orientierung, die ihn im Busch
noch nie im Stich gelassen hatte, hier in diesem Elendsviertel verloren zu haben.
    Jetzt tauchten
drei weitere Männer auf, muskulöse Kerle, die er bis auf einen unten am Fluss schon
einmal gesehen hatte, bewaffnet mit Knüppeln und Stangen, einer hatte sogar einen
Dolch am Gürtel hängen. Alan war in eine Falle geraten. Er fixierte die vier finsteren
Gestalten. Sie waren ihm mit ihren Waffen und in ihrer Entschlossenheit, einen Weißen
zu verprügeln, überlegen, zumal ihm, dem Mzungu, hier unten im Mathare Valley ohnehin
niemand helfen würde. Es hatte keinen Sinn, um Hilfe zu rufen oder davonzulaufen.
Die Männer bildeten jetzt einen Halbkreis um Alan, der sich immer enger schloss.
Er wich mit kleinen Schritten zurück, bis er mit dem Rücken an die Wand einer Hütte
stieß.
    Alan schwitzte
und suchte verzweifelt nach einem Ausweg. Sie würden ihn brutal zusammenschlagen
und im Dreck verrecken lassen. Einer von vielen Toten im Mathare Valley. Ein unvorsichtiger
Weißer, überfallen, ausgeraubt und ermordet …

34
     
    Als ihn der erste Schlag traf weckte
ihn das Scheppern seines stumm geschalteten Handys und es war heller Tag. Alan Scott
hatte schlecht geschlafen. Die Slums von

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