Verschlossen und verriegelt
wieder einen neuen Büroteppich bestellen müssen«, sagte Gunvald Larsson. »Vielleicht gibt es ja eine Sorte mit Himbeergeschmack.«
»Was für eine phantastische Verkleidung sie anhatte«, prustete Kollberg.
Der Reichspolizeichef stürzte zur Tür. Malm flatterte hinterher.
Kollberg schnappte nach Luft.
»Was soll man dazu sagen«, bemerkte Bulldozer Olsson. »Wenn ich mir gestatten darf, das selber zu sagen, aber ich fand den Film richtig gut«, erklärte Gunvald Larsson bescheiden.
10
Kollberg hatte sich erholt und betrachtete nachdenklich die Person, die derzeit als sein Chef angesehen werden musste. Bulldozer Olsson war der Motor der Sonderkommission. Er liebte Banküberfälle geradezu, und ihr lawinenartiger Anstieg im letzten Jahr hatten ihn aufblühen lassen wie nie zuvor. Er war es, der die Ideen und die nötige Energie hatte; er konnte ohne weiteres Woche um Woche achtzehn Stunden am Tag arbeiten, ohne sich jemals zu beklagen oder niedergeschlagen oder auch nur spürbar müde zu sein. Manchmal fragten sich seine erschöpften Mitarbeiter, ob er nicht vielleicht sogar selbst der Kopf der vielbeschworenen »Schwedischen Verbrechergesellschaft« war.
Bulldozer Olsson war ein Mann, für den Polizeiarbeit das Unterhaltsamste und Spannendste war, was man sich nur vorstellen konnte.
Das lag mit Sicherheit daran, dass er kein Polizist war. Er war Staatsanwalt und Leiter der Ermittlungen, die Licht in das vollkommen undurchsichtige Gewirr aus bewaffneten Banküberfällen zu bringen versuchten. Ein Teil von ihnen war halb aufgeklärt und einige mehr oder weniger schuldige Personen saßen in Untersuchungshaft oder standen unter Anklage, aber mittlerweile war es so weit gekommen, dass mehrmals pro Woche neue Überfälle verübt wurden, und alle wussten, dass viele davon miteinander in Verbindung standen, obwohl keiner wirklich sagen konnte, wie.
Nun wurden natürlich nicht nur Banken ausgeraubt. Es wurden weitaus mehr Privatpersonen überfallen, die stündlich auf Straßen und Plätzen oder in ihren Läden oder in der U-Bahn oder zu Hause, überall, an allen erdenklichen Orten, niedergeschlagen wurden, aber die Sache mit den Banken wurde wesentlich ernster genommen. Den Banken Gewalt anzutun hieß, sich an den Grundfesten der Gesellschaft zu vergreifen. Das herrschende Gesellschaftssystem war offenkundig wenig brauchbar und konnte nur mit größtem Wohlwollen als halbwegs funktionstüchtig bezeichnet werden. Um die Polizei stand es noch schlechter. In den letzten beiden Jahren hatten allein in Stockholm 220 000 Ermittlungsverfahren wegen polizeilicher Ohnmacht eingestellt werden müssen, und von den schwerwiegenderen Verbrechen, die der Ordnungsmacht zur Kenntnis kamen, einem Bruchteil der wirklichen Zahl, wurde nur jedes vierte jemals aufgeklärt.
In dieser Situation konnten die Verantwortlichen kaum mehr tun, als den Kopf zu schütteln und fragende Mienen aufzusetzen. Längst hatte es sich jeder zur Gewohnheit gemacht, die Schuld allen anderen zu geben; inzwischen gab es keinen mehr, dem man die Schuld in die Schuhe schieben konnte, und der einzige konstruktive Vorschlag, der in letzter Zeit vorgebracht worden war, bestand darin, den Leuten das Biertrinken zu verbieten. Angesichts der Tatsache, dass Schweden ein Land mit einem vergleichsweise sehr niedrigen Bierkonsum war, fiel es nicht weiter schwer, sich auszurechnen, wie wirklichkeitsfern und abgehoben viele Vertreter der obersten Behörden dieses Landes in ihrem eventuellen Denken waren. Eins war allerdings klar. Die Polizei musste sich eindeutig selbst die Schuld geben. Nach der Verstaatlichung 1965 war das Polizeiwesen unter einem Hut gebündelt worden, und es war von Anfang an klar gewesen, dass dieser Hut der falschen Person gehörte.
Zahllose Forscher und Gesellschaftsanalytiker hatten sich lange mit der Frage beschäftigt, von welcher Philosophie das Handeln der zentralen Polizeileitung bestimmt war. Die Frage war natürlich nie beantwortet worden; der Doktrin folgend, dass nichts an die Öffentlichkeit dringen durfte, beantwortete der Reichspolizeichef prinzipiell nichts. Stattdessen hielt er mit großer Begeisterung Reden, die in aller Regel sogar rhetorisch völlig uninteressant waren.
Vor einigen Jahren hatte jemand im Polizeiapparat die Möglichkeit entdeckt, mit einfachen, aber nicht sofort durchschaubaren Methoden die Kriminalstatistik so zu steuern, dass sie gänzlich irreführend wurde, ohne deshalb direkt falsch zu sein. Das Ganze
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