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Verschlossen und verriegelt

Verschlossen und verriegelt

Titel: Verschlossen und verriegelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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dies überflüssig war.
    Stattdessen sagte sie: »Eins ist jedenfalls klar.«
    »Was denn?«
    »Wenn er noch hier gewohnt hätte, wäre das nie passiert.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich es nicht zugelassen hätte.«
    Sie stützte ihr Kinn in die linke Hand, Zeige und Mittelfinger links und rechts neben der Nase. Sie hatte eine ziemlich große Nase und kräftige Hände mit sehr kurzen Nägeln. Sie sah ihn ernst an.
    Dann stand sie plötzlich wieder auf und suchte im Küchenregal herum, bis sie Streichhölzer und eine Schachtel Zigaretten fand. Sie steckte sich eine an und rauchte mit tiefen Lungenzügen.
    Dann drückte sie die Zigarette aus, aß das vierte Sandwich und blieb mit den Ellbogen auf den Knien und hängendem Kopf sitzen. Sie sah ihn an und sagte:
    »Es ist schon möglich, dass ich es nicht geschafft hätte, seinen Tod zu verhindern. Aber er wäre nicht zwei Monate liegengeblieben, ohne dass ich es gemerkt hätte. Nicht mal zwei Tage.«
    202 › Martin Beck sagte nichts. Sie hatte sicher recht. »Die Vermieter in diesem Land sind die größten Schweine, die es gibt«, sagte sie. »Aber das System ermuntert ja auch zur Ausbeutung.«
    Martin Beck biss sich auf die Unterlippe. Er hatte noch nie eine politische Meinung geäußert und versuchte stets, Themen mit politischen Bezügen zu vermeiden. Sie sagte:
    »Keine Politik, was? Dann lassen wir die Politik. Aber es ist nun mal so, dass ich durch Zufall selbst Vermieterin geworden bin. Wie gesagt, ich habe den Kasten geerbt. Eigentlich ist es ein gutes Haus, aber als ich es bekommen habe und eingezogen bin, war es eine verdammte Bruchbude. Mein Alter hatte bestimmt zehn Jahre lang keine Glühbirne mehr ausgetauscht oder eine zerbrochene Fensterscheibe bezahlt. Er hat weit weg gewohnt und war nur daran interessiert, die Miete zu kassieren und jeden Mieter rauszuschmeißen, der nicht pünktlich zahlen konnte. Danach hat er die Wohnungen dann in Schlafplätze aufgeteilt und sie sauteuer an Ausländer und andere vermietet, die keine andere Wahl hatten. Irgendwo müssen die ja auch wohnen. Es ist in fast allen Mietshäusern das Gleiche.«
    Martin Beck hörte, dass jemand die Wohnungstür öffnete und hereinkam. Rhea Nielsen reagierte überhaupt nicht.
    Eine junge Frau betrat die Küche. Sie hatte einen Putzkittel an und trug ein Bündel Wäsche unter dem Arm.
    »Hallo«, sagte sie. »Kann ich die Waschmaschine benutzen?
    »Ja klar.«
    Die junge Frau schenkte Martin Beck keine Beachtung, aber Rhea sagte:
    »Ihr kennt euch bestimmt noch nicht. Das ist, ja, wie heißt du noch gleich?«
    Martin Beck stand auf und gab der Frau die Hand. »Martin«, sagte er.
    »Ingela«, sagte sie.
    »Ingela ist gerade eingezogen«, erläuterte Rhea. »In die Wohnung, die Svärd hatte.«
    Sie wandte sich an die Frau mit dem Wäschebündel. »Wie gefällt dir die Wohnung?«
    »Sehr gut. Aber die Toilette hat heute wieder Ärger gemacht.«
    »Mist. Morgen früh rufe ich den Klempner an.«
    »Sonst ist alles spitze. Hör mal…«
    »Ja?«
    »Ich hab kein Waschmittel.«
    »Steht hinter der Badewanne.«
    »Ich bin total pleite.«
    »Macht nichts. Nimm dir nur für fünfzig Ore. Dann musst du mir eben irgendwann einen Fünfzig-Ore-Gefallen tun. Die Haustür abschließen gehen oder so.«
    »Das ist nett.«
    Die junge Frau verschwand im Badezimmer. Rhea zündete sich eine neue Zigarette an.
    »Da haben wir was. Svärds Wohnung war gut. Ich habe sie vor zwei Jahren renovieren lassen. Sie hat nur achtzig Mäuse im Monat gekostet. Trotzdem ist er umgezogen.«
    »Warum?«
    »Keine Ahnung.«
    »Gab es Streit?«
    »Nein. Ich streite mich nicht mit den Leuten, die hier wohnen. Das ist nicht nötig. Natürlich hat jeder seine Eigenheiten. Aber das ist ja auch gut so.«
    Martin Beck sagte nichts. Er spürte, dass er sich allmählich entspannte. Außerdem merkte er, dass Fragen unnötig waren.
    »Svärds sonderbarste Eigenheit war, dass er vier Schlösser an der Tür hatte. In einem Haus, in dem praktisch niemand abschließt, außer man will wirklich mal seine Ruhe haben. Als er ausgezogen ist, hat er alle Ketten und Riegel abgeschraubt und das ganze Zeug mitgenommen. Er war genauso gut geschützt, wie kleine Mädchen es heute sind.«
    »Du meinst, im übertragenen Sinn?«
    »Ja. Sexuell. Bei uns ereifern sich die Stützen der Gesellschaft darüber, dass Jugendliche, vor allem Mädchen, schon bumsen, wenn sie dreizehn sind. Idioten. Dabei weiß doch jeder, dass man mit dreizehn oder so allmählich geil

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